Noch kein Urlaubsziel hat bei meinen Freunden und Bekannten so viel Verwirrung hervorgerufen wie Jersey. Während die einen an New Jersey in den USA dachten, konnten die anderen gar nicht glauben, dass es zwischen Frankreich und England bewohnte Kanalinseln gibt, die dann auch noch eine Reise wert sein könnten. Sogar am Flughafen Düsseldorf war die Dame beim Check-in irritiert, dass wir nur mit Personalausweis reisten.
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Jersey: der perfekte Urlaub
Dabei ist Jersey mehr als nur eine Reise wert. Die größte der Kanalinseln liegt näher an Frankreich als an England, und dementsprechend ist sie auch von beiden Kulturen beeinflusst. Bei vielen Ortsnamen ist man sich beispielsweise nicht ganz sicher, wie sie ausgesprochen werden – das aber ist eigentlich auch egal, denn beide Sprachen sind Amtssprachen. Außerdem gibt es auf der Insel hervorragende Leckereien und gleichzeitig ist die Landschaft vor allem im Norden zum Verlieben schön: Steile Klippen, brusthohe Farnwälder, blaues Meer. Was will man eigentlich mehr? Kein Wunder, dass Jersey ein Hotspot für Wanderfreude ist. Unsere Wanderrouten habe ich in einem weiteren Artikel beschrieben.
Theoretisch könnte man auf der Insel auch Radfahren. Wir haben uns aber dagegen entschieden. Denn erstens sind die Straßen sehr eng, zweitens hat man links und rechts immer hohe Mauern oder Hecken und somit keine Ausweichmöglichkeiten, und drittens fahren eben trotzdem große Autos, LKWs und Busse an einem vorbei. Das fanden wir nicht so verlockend, darum sind wir gewandert.
Allgegenwärtig auf Jersey: der zweite Weltkrieg
Was man auf Jersey allerdings eher nicht findet, ist große Kultur. Es gibt in Gorey wohl das Schloss Mont Orgueil, das ich sehr schön fand. Sonst sind Museen oder Ausstellungen eher in der Inselhauptstadt St. Helier. Dort gibt es auch ein Schloss, Elizabeth Castle. Bei Flut wird man mit einem Amphifahrzeug übergesetzt, bei Ebbe kann man über einen Steg gehen. Besonders viel zu sehen gibt es dort nicht, aber es ist ein hübscher Ausflug. Eher ein Geheimtipp ist die ehemalige Mansell Collection. Nigel Mansell war vor etlichen Jahren Formel 1 Weltmeister. Und er hatte seine Sammlung der Öffentlichkeit in Form einer Ausstellung zugänglich gemacht. Heute ist in dem Gebäude ein Autohaus – passenderweise – aber wenn man nett fragt, darf man sich im oberen Raum umsehen. Dort stehen noch einige Autos, Pokale, Kleidungsstücke. Der Eintritt ist kostenlos.
Auch wenn man das Thema nicht spannend findet, sollte man doch die War Tunnels besichtigt haben. Sie waren früher ein von den Deutschen in den Felsen angelegtes Krankenhaus. Dort wird heute teils interaktiv und multimedial die Geschichte des zweiten Weltkriegs erzählt, und zwar natürlich mit Bezug auf die Insel. Das ist eine durchaus interessante Geschichte, denn die Briten wollten die Inseln nicht gegen die Deutschen verteidigen. Dementsprechend hatten die Bewohner auch nur 24 Stunden Zeit sich zu entscheiden, ob sie bleiben oder evakuiert werden wollten. Egal, wofür sie sich entschieden, das hatte Konsequenzen. Und darum geht es in der Ausstellung. Ich fand sie spannend. Es gibt übrigens auch ein Café im Stil der Zeit in der Anlage.
Im Urlaub auf Jersey: Leckereien einkaufen
St. Helier hat auch eine ganz hübsche Innenstadt mit Fußgängerzone. Die Markthalle ist von außen zwar sehenswert, innen gibt es jedoch im Wesentlichen Souvenirs. Schräg gegenüber ist die kleine Fischhalle. Sie war nahezu leer, als wir dort waren, nur zwei Verkaufsbuden waren geöffnet. Hätte man sich also auch sparen können. Wer sich für die Inselspezialitäten interessiert, kann übrigens auch das Weingut La Mare besuchen. Erstaunlicherweise wächst auf Jersey nämlich tatsächlich Wein. Im Shop des Weinguts gibt es auch den Inselgin, Black Butter, eine traditionelle Apfelmarmelade, und ähnliche Leckereien.
Bei einer kurzen Führung erfährt man einiges über die Geschichte des Weinguts und darf die Weine und einige Spirituosen verkosten. Nett. Wäre es nicht sowieso in unserem Paket enthalten gewesen, wäre ich aber möglicherweise etwas enttäuscht gewesen, denn ich habe schon schönere Weingutführungen und Verkostungen gemacht. Übrigens kann man vom La Mare in etwa 20 Minuten zum Devil’s Hole gehen. Die Strecke ist recht steil, aber man hat wieder einmal einen tollen Blick über die Küste.
Obwohl man auf den Wanderungen überall einkehren kann, gibt es in St. Helier die meisten Restaurants auf der Insel. Lest hier, wo es uns geschmeckt hat.
Besuch der Nachbarinsel Guernsey
Von Jersey kann man in etwa einer Stunde mit der Fähre nach Guernsey fahren. Wir haben uns dort einen Garten angesehen, einen Friedhof, von dem man einen guten Blick über die Stadt hatte, die Innenstadt und den viktorianischen Laden des National Trust. Dort gibt es eigentlich nur einen Raum, aber hübsche Sachen zum Kaufen, beispielsweise traditionell englische Bonbons mit Lakritz und Johannisbeere. Das Haus des Schriftstellers Victor Hugo kann man übrigens nicht mehr besichtigen, es ist jetzt ein Wohnhaus. In der Innenstadt von Guernsey gibt es viele nette Cafés. Letztlich haben wir die wenigen Stunden vor Ort ziemlich schnell herumbekommen.
Wie man sich auf Jersey fortbewegt
Es ist nicht notwendig, auf Jersey einen Mietwagen zu nehmen, denn es gibt ein ganz gutes Busnetz. Für eine Woche kostet das Ticket ungefähr 30 Pfund. Damit kommt man in jede Ecke der Insel, allerdings nicht mit einer solchen Frequenz wie wir das aus der Großstadt gewohnt sind. Sind besonders viele Gäste auf der Insel, und fährt eine Linie nur selten, dann sind die Busse schon voll. Wir mussten einmal an der Straße stehend auf den nächsten warten, weil wir nicht mehr mitgenommen wurden. Darum sollte man, wenn man in St. Helier losfährt, früh genug an der Haltestelle sein, und zwar am besten am Liberation Square. Das ist der zentrale Anlaufpunkt für alle Busse. Wer sich dort früh genug an die Tür zum jeweiligen Bus stellt, kommt auch mit.
Die Bushaltestellen auf dem Land sind nicht immer gut zu erkennen – zumindest nicht für den Fremden. Manche habe zwar ein Wartehäuschen oder zumindest symbolisiert ein Schild, dass hier ein Bus halten wird. Bei anderen muss man auf den Boden schauen: Dort stehen sehr große Zahlen, die eine Haltestelle markieren. Anhand des Infoheftes, das man beim Kauf der Zeitkarte bekommt, kann man dann herausfinden, in welche Richtung der Bus fährt, der dort halten wird.
Gehört Jersey eigentlich zur EU?
Jersey gehört nicht zur EU und auch nicht zum Vereinten Königreich, denn es ist Kronbesitz. Englisch ist es also auf jeden Fall. Jersey hat wie auch die Nachbarinsel Guernsey eine eigene Währung, das Jersey-Pfund. Es wird jedoch überall auf der Insel auch das englische Pfund 1:1 akzeptiert, Euro nimmt niemand. Dafür ist der Fährbetrieb zwischen den Inseln in französischer Hand. Und Achtung: Die Fähren fahren manchmal etwas eigenwillig ab: Als wir auf Guernsey waren, startete das Boot 20 Minuten früher als angekündigt. Übrigens: Wer auf Jersey Gin oder Brandy oder ähnliches kauft, muss aufpassen: Es gelten nicht die europäischen Zollbestimmungen sondern Sonderregelungen.