Übersehene Gedenkstätten mitten in Köln

Erich-Klibansky-Brunnen

Wenn man auf den immer gleichen Wegen in der Stadt unterwegs ist, dann nimmt man Vieles nicht mehr wahr. Man sieht Gebäude, Denkmäler, Mahnmale und noch einiges mehr – hinterfragt sie allerdings nie. Ich wette, bei diesem Spaziergang durch die Innenstadt von Köln sind einige Orte dabei, die Euch bisher nicht bewusst sind. Wir beginnen mit unserem Spaziermarkt am Heumarkt, also in der Altstadt. In seiner Nähe liegen gleich zwei oft übersehene Gedenkstätten. Um sie zu entdecken, wenden wir uns Richtung Rhein.

Noch bevor wir am Flussufer stehen, bemerken wir hoffentlich die verlegten Pflastersteine, in die Namen graviert sind. Das ist das so genannte Kalte Eck. Hier erinnert der Künstler Tom Fecht an Menschen, die nach einer AIDS-Erkrankung gestorben sind. Es sind viele.

Nur wenige Meter entfernt ist die nächste häufig übersehene Gedenkstätte am Rheinufer. Wir finden diesen Platz, wenn wir am Rhein rechts gehen. Rechts neben dem Treppenaufgang, der Richtung Dom führt, steht ein grau-rosa Stein, der meistens leider ziemlich schmutzig ist. Das ist der Rosa Winkel. Er ist ein Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus.

Übersehene Gedenkstätten am Rhein

Auch unser nächstes Mahnmal ist nicht weit. Wir müssen dazu nur die Treppen nach oben gehen auf den Heinrich-Böll-Platz. Sein zweiter Name: Ma’alot. Das hebräische Wort bedeutet „Stufen“. Der Name bezieht sich auf die Gesamtgestaltung des Platzes, auf die Bäume, die Eisenbahnschienen und die Skulptur aus Stein. Während Akazien und Ahornbäume im Judentum wichtig sind, erinnert die Schiene an die Deportation der Juden im zweiten Weltkrieg. Die Skulptur, auf die sie zuläuft, soll einem Schornstein ähneln und so an den grausamen Tod vieler Juden und Jüdinnen in den Konzentrationslagern erinnern.

Jetzt gehen wir am nicht zu übersehenden Dom rechts vorbei auf den Bahnhof zu. Rechts um seine Ecke steht verloren zwischen vielen Fahrrädern eine einzelne Bahnschwelle. Diese „Schwelle der Erinnerung“ will darauf aufmerksam machen, dass die von der Deutschen Bahn übernommene Reichsbahn am organisierten Töten von Millionen Menschen im zweiten Weltkrieg beteiligt war.

Orte, die mit dem Nationalsozialismus zusammenhängen

Von dort gehen wir wieder auf den Platz vor dem Hauptbahnhof, die Trankgasse entlang, die gleich zur Komödienstraße und dann leicht links zur Burgmauer wird. Gegenüber dem Zeughaus, also dem ehemaligen Stadtmuseum, ist ein Zugang zur U-Bahn an der Haltestelle Appellhofplatz. Hier musst du den Blick nach oben werfen. Dort siehst du einen Text. Er ist eine Hommage an desertierte Soldaten und Kriegsgegner*innen im zweiten Weltkrieg. Von hier sind es übrigens nur wenige Meter bis zum EL-DE-Haus. In seinen Kellern sind Kriegsgefangene im Nationalsozialismus gefoltert worden.

Das EL DE Haus
Das EL DE Haus

Wir gehen jetzt zurück zur Kreuzung, dann in die Zeughausstraße, rechts durch die Straße Katenbug und in der Gereonsstraße links an der Industrie- und Handelskammer vorbei. So kommen wir am Börsenplatz zum Edith Stein Denkmal. Sie war als Jüdin geboren, war eine Philosophin und Frauenrechtlerin und konvertierte schließlich zum katholischen Glauben. Als Nonne ging sie unter dem Druck des Nazi-Regimes in die Niederlande. Dort wurde sie gefangen genommen und letztendlich in Auschwitz ermordet. 

Wenn wir die nächste Straße links und dann rechts gehen, erreichen wir das Pullman. Dort am Eingang vorbei ist auf der rechten Seite der idyllische Erich-Klibansky-Platz. Der dort erbaute Brunnen steht hier seit 25 Jahren. Er erinnert an den Lehrer, der jüdische Kinder vor den Nationalsozialisten gerettet hat. Hier endet unsere kleine Innenstadtwanderung. Aber: das sind längst nicht alle übersehenes n Gedenkstätten in der Stadt. 

Noch mehr interessante Gedenkstätten

  • An der Eigelsteintorburg hängt in einer Nische ein Bootswrack. Es erinnert an eine See-Katastrophe im ersten Weltkrieg, in der viele Menschen gestorben sind.
  • In der Körnerstraße in Ehrenfeld findet man etwas versteckt hinter einem halben Busch am Haus links neben dem Bunker eine Tafel, die darauf hinweist, dass dort einst die Synagoge stand. Sie wurde in der Pogromnacht zerstört.
  • In der Friedrich-Schmidt-Straße in Lindenthal, gegenüber der Vincenzo-Statz-Straße, erinnert ein leicht zu übersehendes Mahnmal an die Entführung von Hanns Martin Schleyer, Arbeitgeberpräsidenten, durch die RAF, an seinen Tod und die vielen anderen linksterroristischen Anschläge aus dieser Zeit.
  • Auf der Venloer Straße, gegenüber der Kirche Sankt Jospeh, erinnert eine kleine Plakette an der Sparkasse daran, dass dort August Horch die Pläne für seine Autos entwarf. Wir kennen sie heute unter dem Namen Audi.

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