Israel ist eine Gesellschaft, die fast ausschließlich aus Eingewanderten besteht. Diese haben viele Speisen aus ihrer Heimat mitgebracht und so ist in Israel Essen im wahrsten Sinne des Wortes multikulti. Der Orient hat selbstverständlich einen großen Einfluss. Hummus, Pita oder die lokalen Gemüsesorten stehen genauso auf den Speisekarten wie ein kräftiger russischer Borwtsch, schließlich sind viele Juden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingewandert. Deshalb lässt sich israelische Küche gar nicht so einfach definieren.
Religion ist ein wichtiges Thema in Israel – auch beim Essen
Das Judentum hat vergleichsweise strenge Speisegesetze. Meeresfrüchte beispielsweise sind verboten, Sahnesaucen zu Fleisch auch. Das Ganze ist natürlich wesentlich umfassender als ich es hier wiedergeben kann, einen guten Überblick, was nun koscher ist, bietet diese Webseite. In Köln kann man auch bei einer Führung durch die Synagoge einiges darüber erfahren.
Koschere Restaurants sind sogar am Schabbat, also von Freitagabend bis Samstagabend, geschlossen. Es wäre ja auch nicht sinnvoll, zwar die Speisegesetze zu beachten, dann aber die Gebote zur Feiertagsarbeit zu missachten. Daher sind im strengen Jerusalem am Schabbat zumindest alle jüdischen Restaurants geschlossen. Gerade in Tel Aviv scheren sich jedoch viele Restaurants nicht darum und servieren auch nicht-koscheres Essen und öffnen am Schabbat.
Die Dinnerparty bei Habanot
Meine persönliche Reisevorbereitung auf israelisches Essen war das Neni-Kochbuch. Dort habe ich neben den Rezepten auch meinen kulinarischen Höhepunkt der Reise entdeckt: Keren und Yael. Das Frauenpaar aus Tel Aviv veranstaltet seit Jahren unter dem Namen Habanot Dinnerabende in ihrer charmant und persönlich eingerichteten Wohnung mit vielen Vintage-Möbeln, teilweise unverputzten Wänden und einer großen Dachterrasse in der Nähe des Carnell Markts.
Dabei servieren sie ungefähr ein Dutzend verschiedener Gerichte: die klassischen mediterranen Vorspeisen wie verschiedene Dips und eingelegte Gemüse, Meeresfrüchte, Fleisch und als Dessert einen fantastischen Schokokuchen mit Popcorn. Mein Favorit waren die salzigen Knafeh, die ich auch im Neni-Kochbuch schon gesehen hatte. Die muss man sich wie Reibekuchen vorstellen, jedoch sind die Fasern wesentlich feiner und aus einer Art Blätterteig. Gefüllt waren sie mit einer Mischung aus Mascarpone und Ziegenkäse – das war so ziemlich das Beste, was ich auf dieser Reise gegessen habe.
Ebenfalls beeindruckend: Keren und Yael erzählten, dass sie mittlerweile schon mehr als 20.000 Gäste bewirtet hätten. Wir waren ja zum Eurovision Song Contest in Tel Aviv, entsprechend groß war der Andrang auch bei den beiden. Wir saßen dort an einer langen Tafel mit über 20 anderen Gästen. Es war ein toller Abend, keine Frage. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass das in einem etwas kleineren Rahmen noch ein bisschen besser ist. Zum Essen gab es reichlich Wein und Schnaps und für 75 Euro pro Nase war das gemessen an den Preisen in Israel ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Essen war übrigens nicht koscher, wie der Kenner vielleicht schon an den Meeresfrüchten gemerkt hat. Kurz nach unserer Reise zeigte 3Sat eine Reportage über Tel Aviv, in der die beiden gleich am Anfang zu sehen sind. Das ist hier in der 3Sat-Mediathek zu finden.
In Israel essen: Restaurants in Tel Aviv
Übrigens wird in Israel Essen fast immer geteilt, also mehrere Teller in die Mitte und jeder greift zu. Fast wie in Köln 😉
In der Altstadt: Onza
Jaffa, die Altstadt Tel Avivs, hält viele Restaurants und Bars bereit. Es gibt Straßen, die scheinen nur aus Fresstempeln zubestehen, abends gern mit Live-Musik. Wir waren durch eine ESC-Veranstaltung im Onza gelandet. Auch hier wurde uns eine bunte Auswahl von israelisch-orientalischen Gerichten serviert. Alles war sehr lecker, der Service war sehr aufmerksam. Preislich liegt das Onza im Mittelfeld, Vorspeisen sind bei um die 10 Euro angesiedelt, Hauptgerichte eher bei 20 Euro. Satt wird man auf jeden Fall, und man sollte unbedingt Platz für eines der Desserts lassen.
Zwischendurch kann man sich beim Essen mal an Europa orientieren. Im alten Bahnhof gibt es mehrere passende Stationen dafür. Zum einen den Italiener Italkia Ba’Tachana, den ich eher als solide beschreiben würde, wobei die Pizza mit Hummus-Spritzern schon lecker war. Der Service dagegen war unkoordiniert. Dafür ist die Weinbar im Freien vor dem Restaurant sehr gut sortiert. Die Preise liegen deutlich über dem, was wir hier beim Italiener gewohnt sind.
Ebenfalls auf dem Gelände des alten Bahnhofs findet man die Tapas-Bar Vicky Christina. Leckere Tapas, Sangria und Co. in einem Garten, der wirkt, als hätte Gaudi hier seine Finger im Spiel gehabt – was für das spanische Flair sicherlich beabsichtigt war.
Nicht vom Namen täuschen lassen: Café Popular
Café Popular ist für diese Adresse im Norden Tel Avivs untertrieben. Das Restaurant ist sogar extrem populär und wesentlich mehr als ein Café. Das im Erdgeschoss liegende Restaurant hat nur draußen Tische, die in der kälteren Jahreszeit in eine Art Wintergarten gepackt werden. Drinnen findet man sie im Keller unter der Lobby, denn das Ganze ist das Hotel-Restaurant des Jacob Samuel Boutique Hotels. Innen gibt es außerdem eine hervorragende Bar, wo ich Bekanntschaft mit zwei tollen israelischen Gins gemacht habe, mehr dazu später.
Das Essen hat meiner Ansicht nach Gourmet-Qualitäten, so gab es für uns Foie Gras-Baklava, israelisches Roastbeef, Cannelloni mit Lamm und ein vegetarisches Kohl-Gericht. Alles geschmacklich hervorragend, aber die Portionen waren überschaubar, auch weil sie ohne weitere Beilage serviert wurden. Eine Vorspeise sollte darum dazu genommen werden. Die Hauptgerichte bewegen sich zwischen 15 und 30 Euro. Eine Reservierung scheint mir sinnvoll, selbst mit haben wir noch rund eine halbe Stunde auf unseren Tisch gewartet. Viele andere Gäste ohne Reservierung wurden abgewiesen.
„Frühstück“ in Jerusalem
In Jerusalem haben wir gefrühstückt: Shakshuka ist das traditionelle Frühstücksgericht im Nahen Osten. Eine gestockte Tomaten-Paprika-Masse, in der Eier gegart werden. Sie stand glücklicherweise auf der Frühstückskarte des Kadosh Café Patisserie in Jerusalem und wurde anstandslos auch nachmittags um 16 Uhr serviert. Weiterhin gab es dort leckeres Gebäck und guten Kaffee. Das Kadosh liegt ein kleines Stück außerhalb der Altstadt Jerusalems in einer Nebenstraße praktischerweise auf dem Weg zum Bahnhof. Oder auf dem Weg vom Bahnhof zur Altstadt, wie man es nimmt. Vielleicht stärkt Ihr Euch im Kadosh vor einem interessanten Tag in der Altstadt oder Ihr tankt nach ein paar Stunden in der Altstadt hier wieder Kraft, bevor es zurück nach Tel Aviv geht.
Gins aus Israel
Natürlich bin ich meiner Gin-Leidenschaft auch in Israel nachgekommen und so haben es diese beiden Wacholder-Destillate in meine Sammlung geschafft: Levantine und Golani. Levantine stammt von M&H, das war die erste israelische Whisky-Destille. Deren Gin ist aus Gerstenmalz destilliert und riecht mild und blumig, schmeckt zuerst etwas nach Holz, später geht der Geschmack in Richtung Minze. Im Nachgang brennt er ein bisschen. Golani ist ebenfalls eine Whisky-Destille, die sich auf den Golan-Höhen befindet. Deren Holy Land Gin hat eine sehr starke Kräuternote im Geschmack. Er riecht nach Zimt und brennt kaum.
In Israel essen ist einfach lecker…
…selten habe ich in einer Woche so viele unterschiedliche Dinge gegessen, die so lecker waren. Allerdings habe ich auch selten in einer Woche so viel Geld in Restaurants gelassen wie hier. Beim nächsten Israel-Aufenthalt werden dann wohl die Imbissbuden getestet.