Ein Nachmittag in Lübeck: Marzipan und die Buddenbrooks

Das Holsten-Tor in Lübeck

Viel zu kurz. So lässt sich ein Nachmittag in Lübeck in einem Satz zusammenfassen. Denn wer die  Hansestadt im Südosten Schleswig-Holsteins mit dem berühmten Holstentor besucht, braucht mindestens zwei Tage. Wie es aber im Leben manchmal so ist: Ich war nur auf der Durchreise da und musste mir bei meinem ersten Besuch darum gezielt die Punkte heraussuchen, die mich interessierten. Dafür war ich vier Jahre später nochmals da.

Voraussichtliche Lesedauer: 10 Minuten

Praktischerweise ist die Altstadt Lübecks nicht so groß – kein Wunder, denn die Stadt im Norden Deutschlands hat nur rund 218.000 Einwohner. Darum kann man kann sie ganz gut zu Fuß erkunden, und das direkt vom Bahnhof aus. Wer der Konrad-Adenauer-Straße schräg gegenüber des Ausgangs folgt, kommt auf die Puppenbrücke mit den steinernen Figuren und läuft direkt auf das Holstentor zu.

Das ist so krumm, dass ich mich gewundert habe, dass es überhaupt noch steht. Der mittlere Teil mit dem Giebel zwischen den beiden Türmen mit den spitzen Dächern scheint diese zu sich heranzuziehen. So wirkt es, als ob es jeden Moment in sich zusammenbrechen könnte. Direkt hinter dem Holstentor fließt die Trave. Wenn Ihr ein bisschen mehr Zeit habt, geht nach links an ihr entlang. Dann kommt Ihr zum Museumshafen: Hier liegen schöne, alte Segelschiffe am Ufer. Falls Ihr bis zur Drehbrücke am Wasser entlang gegangen seid, könnt Ihr auf der anderen Straßenseite zurückgehen. Dort ist der Lübecker Marzipan Speicher. Die Produkte hier sind etwa in der gleichen Preisklasse wie bei Niederegger, vielleicht ist die Auswahl nicht ganz so groß. Definitiv ist es hier aber nicht ganz so voll wie bei Niederegger.

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Lübeck ist die Heimat der Buddenbrooks

Um die Ecke des Marzipan Speichers ist außerdem die Mengstraße, die für Literaturfreunde wichtig ist. Denn hier ist das Buddenbrookhaus, oder genauer: das Haus, in dem die Brüder Thomas und Heinrich Mann aufgewachsen sind. Buddenbrook-Haus heißt es, weil es in Thomas Mann Roman Die Buddenbrooks eine wichtige Rolle spielt. Ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, ob es sich lohnt, das Haus zu besichtigen. Die Lebensgeschichte der Manns im Erdgeschoss ist mir zu textlastig. Die Hörsationen dagegen finde ich ganz nett. Das Modell des Hauses im Keller steht leider so, dass man es eben nicht von allen Seiten betrachten kann. Dem Buch Die Buddenbrooks ist das zweite Stockwerk gewidmet, und das ist gut gemacht. Aus Schubladen kann man Zeitzeugnisse herausziehen: Die Nobelpreisurkunde, Rezensionen, Cover des Buches aus mehreren Jahren.

Die Buddenbrooks erleben

Sehr schön sind auch die beiden Salons zur Straße hin. Dort sind an den Kerzenständern, Lampen oder Möbeln jeweils Schildchen befestigt, auf denen Seitenzahlen stehen. Wenn man sich einen Buddenbrook-Band am Eingang dieser Räume mitnimmt, kann man die entsprechenden Szenen nachlesen und findet dort eine detailgenaue Beschreibung des hellgelb bezogenen Sofas oder des Nähtischchens im Kontext des Buches. Das ist schön, denn so wird Literatur lebendig.

Der Rathausplatz in Lübeck: ein historisches Highlight

Wieder auf der Straße geht man die wenigen Meter weiter bis zur Breite Straße. Der folgt man nach rechts und kommt so auf den berühmten Rathausplatz mit den prächtigen Giebeln der damaligen Zeit. Außerdem sind hier die Niederegger Cafés: Das erste ist direkt am Rathausplatz – und es war unmöglich, dort einen Platz zu bekommen. Die Besucher*innen standen in einer Schlange und warteten auf einen freien Tisch. Auf der Breite Straße selbst stehen ebenfalls bei gutem Wetter einige Tische. Und dort gegenüber wiederum ist der Marzipan-Laden.

Ich habe noch nie so viele Menschen in ein Geschäft hineingehen beziehungsweise herauskommen sehen, wie beim Café Niederegger. Und alle, wirklich alle, waren bepackt mit Taschen voll mit Marzipan. Ich kann das verstehen, denn es gibt dort wirklich großartige Leckereien: Schokolade mit Himbeer- oder Orangenmarzipan zum Beispiel hat mich durchaus angelacht. Ich habe mir aber zunächst meinen Weg an den süßen Stapeln vorbei gebahnt bis zur Treppe. Dort oben gibt es nämlich auch noch ein Café, und dort waren tatsächlich Tische frei. Sinnvoll ist es, sich schon auf dem Weg an der Kuchentheke entlang für eine Sorte zu entscheiden, das beschleunigt den gesamten Vorgang. Natürlich gibt es im Café Niederegger alles mit Marzipan – auch die Getränke: Ich hatte einen Marzipan-Milchkaffee mit einem Stück Othello-Torte. Das war zwar nicht groß, hatte aber mit Sicherheit ausreichend Kalorien.  

Tipp: Etwas versteckt ist übrigens eine Tür zum Marzipan-Salon: Wer die Treppe hinauf geht, findet dort beispielsweise historische Werkzeuge für die Marzipanverarbeitung ausgestellt. Das ist jetzt nicht das Wichtigste, was man in der Stadt sehen kann, aber immerhin ein kleines Geheimnis. Denn so richtig viele Tourist*innen hatten es zumindest bei meinem Besuch nicht bis hierher geschafft.

Lübecks Gassen und Gänge

Die Breite Straße führt weiter auf den Kohlmarkt, und von dort geht es wieder zum Holstentor zurück. Wichtig ist auch, dass Ihr die schmalen Gassen und die so genannten Gänge nicht überseht. Besonders an letzteren kann man schon einmal achtlos vorbeigehen, denn sie sind tatsächlich nur so breit wie eine Tür. Der Blick durch diese Gänge und in die schmalen Gassen ist aber besonders schön. Also haltet die Augen offen, wenn Ihr in der Altstadt unterwegs seid, und biegt auch mal von den großen Straßen ab.

Falls Ihr Hunger habt: In der Altstadt gibt es sehr viele Restaurants und Cafés. Einheimische hatten uns bei unserem zweiten Besuch 2023 die Weinbar Miera in der Hüxstraße empfohlen. Das Besondere daran: Man kann in der kleinen Bar aus einer Fülle von Weinen wählen. Seinen persönlichen Antipastiteller stellt man sich im Delikatessenladen nebenan zusammen, der ebenfalls Miera heißt und hinten einen großen Biergarten hat. Gegenüber der Weinbar ist ein Pastarestaurant, das ebenfalls zu dieser Gastrogruppe gehört. Dort bestellt man sich sein Hauptgericht. Es gibt dort durchaus ungewöhnliche Kombinationen wie Ravioli mit Falafelfüllung.

Rund um den Bahnhof ist es dagegen eher schwierig, etwas Gutes zu essen zu bekommen.

Mit einem Lübeck Greeter durch die Stadt

Greeter sind Privatleute, die Besucher*innen ihre Stadt zeigen. Dabei geht es nicht um Jahreszahlen, wohl aber um Geschichte und Geschichtchen. Die gemeinsamen Spaziergänge sind kostenlos, Gretel freuen sich aber über ein kleines Mitbringsel. Wir waren in Lübeck mit einer Frau unterwegs, die uns viel über Literatur in der Stadt erzählt hat. denn neben den Manns spielt auch Günter Grass eine Rolle oder Nosferatu. Meine Spaziergänge mit Greetern in Nizza und Cannes waren allerdings nicht so nett, wie in Lübeck.

Übernachten und Frühstück in Lübeck

Das H-Hotel liegt am Bahnhof – für mich und meinen Zwischenstopp bei meinem ersten Besuch war das optimal. Ich konnte zu Fuß in die Stadt gehen, was mir immer wichtig ist, hatte es aber nicht weit zum Zug. Das Hotel ist in einem wunderschönen alten Handelshaus untergebracht und hat sich in der Lobby viel Flair erhalten. Das Zimmer ist für eine Nacht und eine Person alleine groß genug, und die Fotos an der Wand finde ich eine schöne Würdigung dieser Bilderbuch-Stadt. Etwas weiter liegt das Radisson Blue direkt an der Trave. Dort habe ich bei meinem zweiten Besuch übernachtet. Es ist ein sehr großes und funktionelles Hotel. Für eine Nacht war es aber völlig in Ordnung.

Frühstück hatte ich im Hotel allerdings nicht, weil es nicht in meinen Zeitplan passte. Dafür aber an einem anderen Morgen und auf Zwischenstopp in der Hansestadt in dem kleinen Café Taste: Superfoot-Bowl mit Cappuccino.

Laufen in Lübeck

Im Gegensatz zu vielen anderen Städten kann man in Lübeck innerstädtisch hervorragend laufen, beispielsweise am Trave-Ufer rund um die Altstadt herum. Man sollte sich aber nicht davon blenden lassen, dass die Stadt im eher flachen Norden liegt: Es gibt einige Steigungen, besonders an den Brücken, die in die Beine gehen können.

Anreise nach Lübeck

Ich bin wie meistens mit dem Zug gefahren. Es gibt wenige durchgehende Züge von Köln nach Lübeck. Alternativ fährt man bis Hamburg und steigt dort beispielsweise in eine Regionalbahn ein. Sie braucht dann noch etwa 40 Minuten bis in die Hansestadt.

Über die Autorin

Bettina Blaß reist gerne mit dem Zug durch Deutschland. Der Norden fasziniert sie immer wieder. Lübecks Altstadt ist ein Quell der Freude – vor allem auch mit den vielen Assoziationen zu Schriftsteller*innen, denn Bettina hat Literatur studiert. Heute arbeitet sie als Journalistin und Trainerin. Sie hat auch schon Bücher geschrieben. Unter anderem „Glücksorte im Teutoburger Wald“ und „Zu Fuß durch Köln“.

Dieser Artikel von 2019 wurde im November 2023 aktualisiert.

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