Niedersachsen: Im 1. Deutschen Kartoffelhotel im Wendland

Ausblick
Abends am Kartoffelhotel
Abends am Kartoffelhotel

Säcke mit Kartoffeln stehen im Flur. Nach dem Abendessen gibt’s einen Schnaps, serviert in einer ausgehöhlten Kartoffel. Und die Zimmer heißen Java oder Spunta, also so, wie Kartoffelsorten. Nomen est Omen in diesem Hotel in Lübeln im Wendland, denn hier steht als Teil des Rundlingsdorfes das 1. Deutsche Kartoffelhotel.

Olaf Stehr ist der Geschäftsführer, und er erzählt mir die Geschichte des Hotels: Seine Eltern hatten in den 1970ern ein kleines Hotel auf dem Land eröffnet. Dort gab es viele Pferde, doch in einem Jahr gab es nur wenig Heu als Futter. Seine Mutter hatte die Idee, Landwirte einzuladen, und ihnen zu ermöglichen, mit Naturalien zu bezahlen: Hafer, Heu, Kartoffeln. Da der Kartoffelpreis recht niedrig angesetzt war, hatte man plötzlich einen Berg Kartoffeln auf dem Hof. Weil Pferde keine Kartoffeln essen, musste man sich überlegen, was man mit diesem Berg anfängt. Stehrs Mutter experimentierte mit der Knolle, die zu dieser Zeit in Deutschland populär wurde. Und weil sie im sandigen Boden des Wendlands besonders gut gedeiht, kam die Familie vor etwa 30 Jahren auf die Idee, ein Kartoffelhotel zu eröffnen.

Wenn sich alles um die Knolle dreht

„Ich kann mich erinnern, wie ich hier damals im Flur stand“, sagt Olaf Stehr, mit dem wir im Restaurant des Hotels in einer Sofaecke sitzen. „Das war eine Ruine. So ein altes Bauernhaus zu restaurieren, das ist schon speziell“. Drei Jahre brauchte die Familie dafür, und dann wurde das 1. Deutsche Kartoffelhotel eröffnet. Das Besondere daran: „Die Kartoffel zieht sich als Thema durch das ganze Haus“. Beispielsweise gibt es in der Wellness-Abteilung Kartoffelpackungen, auf dem Grill landet die Kartoffelbratwurst – und wir essen Kartoffelkuchen bei unserem Gespräch:

Wenn man ständig Kartoffeln um sich hat, mag man sie dann eigentlich noch?

Ich liebe Kartoffeln, das ist ganz klar. Festkochende Sorten aus der Lüneburger Heide sind meine Favoriten. Mir ist aber wichtig, dass sie aus der Nachbarschaft kommen.

In welcher Form isst du Kartoffeln am liebsten?

Ganz klar: Bratkartoffeln mit drei Spiegeleiern und Kräuterquark.

Olaf Stehr über Kartoffeln:

Wo Bratkartoffeln besonders gut schmecken

Kartoffeln mit Fisch und Fleisch
Kartoffeln mit Fisch und Fleisch

Kartoffelauflauf mit Gemüse oder Käsesahnesoße, Kartoffelpüree mit Kürbis oder Lauch, Bratkartoffeln mit Speck oder Zwiebeln – gut 200 Rezepte rund um die Kartoffel kocht Andreas Schütze aus dem Kopf. Er ist seit viereinhalb Jahren Koch im 1. Deutschen Kartoffel-Hotel im niedersächsischen Wendland. Dort dreht sich, wie es der Name schon sagt, alles rund um die Knolle. Im Kartoffel-Restaurant gibt es dreimal die Woche Buffet: Kartoffel-Birnen-Auflauf mit Blauschimmelkäse oder lila Kartoffelschnitze mit Rosmarin sind bei meinem Besuch meine Favoriten.

An Dienstagen ist die Wendländische Pellparty mit vielen Kartoffelsorten und Dips. Und samstags wird gegrillt: Neben Steak und Frikadellen kommt auch die Kartoffelbratwurst auf den Grill. Was nie auf dem Buffet steht, sind Bratkartoffeln, und dafür gibt es einen guten Grund:“Sie werden matschig, wenn sie lange stehen“, sagt Schütze. Darum bereitet er sie ganz frisch zu und geht anschließend mit der heißen Pfanne durch den Speisesaal. „Selten sagt ein Gast Nein, wenn er Bratkartoffeln noch brutzelnd angeboten bekommt“, weiß der Kartoffelspezialist.

Neben Bratkartoffeln gibt’s auch Blauer Schwede und Violetta

Im Winter verarbeitet er pro Monat 10 bis 20 Säcke à 12,5 Kilogramm, im Sommer sind es deutlich mehr. Kommt einem da die Kartoffel nicht manchmal zu den Ohren raus? „Niemals“, sagt Schütze. Und Ellen Lieske, seit 15 Jahren Restaurantleiterin und Vorkosterin, wie sie lachend ihren Job beschreibt, stimmt ihm zu: „Kartoffeln gehen immer.“ Manchmal habe man allerdings auch Gäste, die keine Kartoffeln mögen. Sie bekommen dann Reis, Gemüse oder – Kartoffelnudeln. Ich bedauere diese Gäste, denn im Kartoffelhotel bekommen sie die Chance, auch eher unbekannte Sorten zu probieren: der blaue Schwede beispielsweise oder die Violetta, „die Urform der Kartoffel“, sagt Andreas Schütze. Ich esse sie mit Begeisterung, schließlich kenne ich sie aus Bolivien und bin immer etwas traurig, dass man sie in Deutschland so selten bekommt. Schütze weiß allerdings:“Die Gäste sind oft wegen der Farbe zurückhaltend.“

Bratkartoffeln und Kartoffeleis

Im Kartoffel-Restaurant setzt man auf regionale Produkte, und gerade für die Kartoffel lautet darum auch der Tipp von Ellen Lieske:“Die Knollen vom Wochenmarkt schmecken besser als die aus dem Supermarkt.“ Die Princess mag sie besonders gern, aber auch die Ditta oder die Linda. Sie seien festkochend und leicht zu verarbeiten. Und speziell die Linda habe in ihrer dicken Schale viele Vitamine. „Wir schälen dies Kartoffel in der Regel nicht“, sagt Lieske. Mit Schale schmeckten sie besser – und die Nährstoffe bleiben erhalten. Jenseits von Bratkartoffeln, Kartoffelsuppen, Kartoffelaufläufen und Pellkartoffeln gibt es übrigens auch recht exotische Gerichte mit der Knolle. Schütze muss nicht lange nachdenken, welches Rezept das ausgefallenste in seinem Portfolio ist: Kartoffeleis, oder vielmehr ein Parfait, gewürzt mit Zimt, Früchten oder Zitrone. „Das kann man allerdings nicht auf Vorrat machen“, sagt Schütze. Es wird darum immer frisch zubereitet, nur auf Wunsch, und nur für Gruppen ab 20 Personen.

Lust auf Landurlaub und Wellness

Die Zielgruppe des niedersächsischen Kartoffelhotels: Menschen, die Lust auf Landurlaub haben. „Mehr Land als hier geht kaum“, sagt Olaf Stehr. Nach Berlin sind es mit dem Auto zweieinhalb Stunden, mit dem Zug und dem Taxi geht es noch schneller. Kein Wunder, dass viele Hauptstädter übers Wochenende nach Lübeln kommen. Aber auch aus anderen Regionen Deutschlands reist man gerne in diese Gegend, die so bodenständig ist, wie die Kartoffel selbst.

„Oft sind es Paare, die sich bei uns Fahrräder leihen“, sagt Stehr. „Fahrradfahren geht hier besonders gut, denn es ist flach und es sind wenig Autos unterwegs“. Außerdem kommen besonders gerne Wellness-Urlauber hierher – „das sind in der Regel Frauen mit ihren Freundinnen, die sich verwöhnen lassen“, so Olaf Stehr. Eine dritte Zielgruppe sind Hochzeitspaare, die in Lübeln heiraten und das Fest im Kartoffelhotel feiern. Außerdem buchen Firmen mit ihren Mitarbeitern die 36 Zimmer im Hotel gerne für Seminare und Teambuilding-Maßnahmen.

Gibt es bei Euch eine Haupt- und eine Nebensaison?

Klar. Saure-Gurken-Zeit hier in der Region ist ab Ende Oktober bis Ostern. Denn schließlich ist hier kein Wintersportgebiet. Da wir aber Wellness anbieten, ist unsere Durststrecke deutlich kürzer. Wir haben beispielsweise über Weihnachten und Silvester immer Hochbetrieb.

Eure Zimmer sind alle unterschiedlich. Welches ist dein Lieblingszimmer?

Zimmer 2 und 32. Zimmer 2 hat zwei Zimmer wie ein kleines Hexenhäuschen, das ist super für Eltern mit Kindern. Und Zimmer 32 ist ein Gruppenzimmer im Dachgeschoss mit einem Giebelzimmer – das ist auch besonders schön.

Was im Kartoffelhotel noch wichtig ist

  • … am Abendspaziergang teilnehmen – wenn er während des Aufenthalts angeboten wird. Denn dabei erfährt man einiges über die Region und das Hotel.
  • … Sauerteigbrot bei der Nachbarin vorbestellen, denn das ist schnell ausverkauft.
  • … direkt nach der Ankunft die Sauna für eine Stunde reservieren, weil sie ist sonst schnell ausgebucht ist.

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