Nein, Bio war nicht immer cool. Christiane Speck, Bereichsleiterin für innovative Konzepte bei Temma, dem Bio-Markt von Rewe, erinnert sich an die Zeit, als Öko gleichsetzt war mit lila Latzhosen, verfilzten Haaren und dicken Wollpullis. Auch darum wollte man 2009, als der erste Temma-Markt bundesweit in Köln-Bayenthal eröffnete, nicht so groß Bio ins Fenster hängen. Vielmehr war die Idee, einen Tante Emma Laden im Veedel zu gründen. Denn dort war früher alles biologisch – auch wenn man es nicht auf großen Plakaten dazu sagen musste.
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Bio kostet mehr
Aus Tante Emma wurde Temma. Und in Bayenthal soll der Kontakt zu den Kunden auch genau so persönlich sein wie bei Tante Emma. Als wir zu einem Bloggerabend mit Marktführung und Urban Yoga dort sind, wird Christiane mehrfach von Einkäufern gegrüßt. Man kennt sich eben. „Diese persönliche Verbindung ist vielen wichtig“, sagt Christiane. So wichtig, dass einige Kunden bis zu 15 Kilometer Anfahrt in Kauf nehmen. Ob allerdings eine 30-Kilometer-Autofahrt sinnvoll ist, um biozertifizierte Lebensmittel einzukaufen, ist eine andere Sache.
Doch in die Breite wie die Mutter Rewe will man nicht gehen. Denn, so sagt mir Christiane, Temma-Märkte funktionierten nur in Veedeln mit hoher Kaufkraft. Bio und Öko ist eben in der Regel teurer als konventionell angebautes Gemüse und Fleisch aus der Massentierhaltung. Übrigens gibt es in Köln auch einen Temma auf der Aachener Straße. Er hat den Bayenthaler Temma überholt, was den Umsatz anbelangt.
In der Gemüseabteilung von Temma gibt es Kartoffeln, Paprika, Chili und sogar Bio-Kurkuma. Es fehlt also an nichts im Vergleich zum Rewe nebenan. Oder doch: „Beispielsweise abgepacktes Fleisch gibt es bei uns nicht“, sagt Christiane. Stattdessen kommt das Fleisch aus Biometzgereien aus Köln und Leverkusen. In Gütersloh arbeitet man mit dem Kiebitzhof zusammen, einem Bioland-Hof, auf dem Menschen mit Behinderung beschäftigt sind. Neben Bioland führt Temma auch Lebensmittel der Biosiegel Demeter, EU-Bio oder Naturland. Mit Demeter habe ich mich auf dem Biohof Bursch und auf Hof Bollheim schon auseinandergesetzt.
Marktführung mit einem Ernährungswissenschaftler
Wie groß die Auswahl im Markt tatsächlich ist, erleben wir bei einer Marktführung mit dem österreichischen Ökothrophologen Christian Putscher. Dabei erfahren wir einiges über Lebensmittel:
- Wer festkochende Kartoffeln mit einem Ei isst, wird etwa 5 bis 6 Stunden einen gleich hohen Blutzuckespiegel haben – optimal für einen sehr langen Lauf. Im Wendland gibt es übrigens ein ganzes Hotel, das sich der Knolle verschrieben hat.
- Nudeln aus Linsen haben 20 bis 25 Prozent Protein. Und sie schmecken auch noch, wie ich erst neulich das erste Mal feststellte.
- Aus Hafermischungen für Porridge lassen sich mit Wasser Energiebällchen formen. Über die Konsistenz und den Geschmack lässt sich trefflich streiten. Ich mag ihn nicht.
- Ein Traube-Ananas-Kokos-Smoothie kann soviel Zucker enthalten wie eine Tafel Schokolade.
- A propos Schokolade: Temma hat Original Beans Produkte, die ich heiß und innig liebe.
- Ein kleines Brötchen kann so viele Kohlenhydrate enthalten wie eine Tafel Zartbitterschokolade.
- Kaffeebohnen in Schokolade können so fit machen wie ein Energy-Drink. Sie haben aber mehr Mineralien und Vitamine.
Essen bei Temma
Im Temma kann man auch essen. Rote Beete Tarte zum Beispiel, Kürbis-Kokossuppe oder Linsensalat. Die Rezepte entwickelt Christiane mit ihrem Team von sieben Leuten selbst. Koch Dirk setzt sie in Bayenthal um. Weil die Speisen so gut ankommen, hat Temma die Rezepte als Kochbüchlein herausgebracht. Natürlich kommen in den Rezepten nur Lebensmittel vor, die die Kunden im Markt kaufen können.