Ein Dorf hat für mich einen zentralen Platz, eine Kirche, ein Rathaus, eine Polizeistation. Yamba, das Bergdorf in Tansania, in dem Village Africa aktiv ist, sieht ganz anders aus. Es beginnt mit der Anfahrt: Drei Stunden von Tanga mit dem Geländewagen landeinwärts, auf Straßen, die immer schmaler werden, bis sie schließlich nicht viel mehr sind als ein ausgetrockneter Flusslauf mit Schlaglöchern. Doch John, der Fahrer, steuert den Geländewagen gekonnt über diese Buckelpiste, mehrmals in der Woche und das schon seit Jahren.
Schließlich kommt der Wagen an einem Stellplatz mit Tor an, danach beginnt der Aufstieg zu Fuß: Etwa 30 Minuten auf einem schmalen Trampelpfad hoch, hoch, hoch, im schlimmsten Fall in sengender Sonne und ohne Schatten. Die letzten 15 bis 20 Minuten wird der Weg etwas einfacher, und ab und zu stehen am Wegesrand kleine Ein-Zimmer-Hütten: Ein Holzgerüst, dessen Löcher mit rotem Lehm gefüllt sind. Fenster sind Aussparungen ohne Lehmfüllung. Ein Dach aus getrockneten Bananenblättern deckt die Hütte ab. Kinder und Hühner spielen im Staub davor. Die Hütten sind ein Teil von Yamba, genau so wie die Häuser von Village Africa, die weiß gestrichen sind und Blechdächer haben.
Hütten und kleine Häuser
Je näher man dem großen Esszimmer für die Freiwilligen ganz oben auf dem Berg kommt, desto mehr neue Häuser stehen am Rand des Weges, eines hat sogar echte Glasfenster. Diese Häuser gehören den Angestellten von Village Africa, Hausmädchen, Fahrern und Wachmännern. Sie verdienen bei der Organisation faires Geld, und können somit ihre Kinder zur Schule schicken und neue Häuser bauen. Und da sie wegen ihrer Arbeit keine Zeit mehr haben, den eigenen Haushalt zu führen oder selbst Gemüse anzubauen, bezahlen sie andere dafür, diese Arbeit für sie zu machen. So wird langsam ein Wirtschaftskreislauf in die Unabhängigkeit geschaffen. Allerdings: Geschäfte, um gegebenenfalls angespartes Geld auszugeben, gibt es nicht. Dazu müssen die Bewohner Yambas schon mindestens nach Milingano auf den Markt gehen, also 1,5 Stunden den Berg hinunter und wieder zurück.
Begrüßungsformen in Yamba
Wer in Tansania in den Dörfern unterwegs ist, muss sich ins Gästebuch der Gemeinde eintragen, das ist wie eine ältere Form von Foursquare. Der Ortsvorsteher hat ein Büro an der frischen Luft, da die Gemeinde kein Geld für ein echtes Rathaus hat: Einige einfach gezimmerte Holzbänke unter einem Baum, ein Tisch, viele Papiere, die bei jedem Luftstoß flattern. Die Begrüßung hier folgt einem strengen Ritual: Wer eine Respektperson sieht, und das ist der Ortsvorsteher, grüßt ihn mit Shikamoo, seine Antwort wird sein: Marahaba. Anders, wenn man junge Leute sieht, sie grüßt man mit Onga, die Antwort ist Tiwedi. Für die kommenden vier Wochen muss ich mir diese Begriffe einprägen, denn auch von mir erwartet man, dass ich mich an die Regeln halte.