Acht Tage in Hongkong

Hongkong authentisch

Eine ganze Woche in Hongkong, würde uns die Zeit nicht lang werden? Wir waren selbst unsicher, besonders weil wir mehrfach hörten, die Stadt sei gar nicht so toll. Rückblickend denke ich, es kommt auf die Erwartungen an. Wer Hongkong als Einkaufsparadies versteht, wird möglicherweise enttäuscht sein. Zwar gibt es hier mehr Einkaufsmöglichkeiten, als ich je an einem Ort gesehen habe, manchmal auch günstige Preise, aber Schnäppchen findet man eher selten. Im Gegenteil sind viele Dinge in Deutschland genau so teuer oder sogar billiger. Da Einkaufen nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, hat mich das jedoch nicht gestört. Wir wollten vielmehr etwas über die Stadt und ihre Kultur erfahren. Das hat gut geklappt.

Voraussichtliche Lesedauer: 9 Minuten

Hongkong ist China – und doch anders

Obwohl Hongkong irgendwie zu China gehört, ist hier doch einiges anders. Nicht zwingend auf den ersten Blick. Aber es beginnt damit, dass man als Deutscher kein Visum für Hongkong braucht, für China schon. Der wohl größte Unterschied ist jedoch, dass in Hongkong fast alle Leute gut Englisch sprechen, in China ist es eine Minderheit, die Englisch spricht. In Shanghai kamen wir zwar noch ganz gut durch, aber in Beijing war es schon schwieriger. Und in Qingdao oder Guangzhou ist die Sprachbarriere sehr hoch.

Weitere Unterschiede:

  • In Hongkong kann man das Internet ganz normal nutzen, in China benötigt man eine VPN-App, damit Dienste wie Facebook oder Twitter funktionieren.
  • In China gibt es fast nie Toilettenpapier und fast nur Hocktoiletten. In Hongkong ist das anders.
  • In Hongkong fahren die Autos links, in China rechts. In China wird viel mehr gehupt als in Hongkong. Hier scheint der Straßenverkehr deutlich geordneter zu sein.
  • In China gibt es sehr viele Edel-Boutiquen und Nobel-Autos. In Hongkong gibt es davon noch viel mehr.

Tipp: Wer sich für Asien interessiert, sich aber wegen der Sprachbarriere bisher nicht getraut hat, dorthin zu reisen, ist in Hongkong gut aufgehoben. Alternative: Singapur. An beiden Orten kommt man als Westler gut zurecht. Wer sich dann nach einigen Tagen oder Wochen mehr Asien zutraut, der kann zunächst Tagesausflüge unternehmen – beispielsweise nach Guangzhou oder von Singapur aus nach Melaka in Malaysia. Und dann im nächsten Urlaub darüber nachdenken, das Land der Wahl direkt zu bereisen.

Wie Ihr Euch in der Stadt ganz einfach fortbewegt: die Stadt unter der Stadt

Eigentlich komme ich in neuen Städten ganz gut zurecht. In Hongkong weiß ich aber nie, in welche Richtung ich muss. Das Gewirr verschlungener Straßen und Sträßchen mit Schnellstraßen als Brücken über dem Ganzen, die Autos, Busse, Mini-Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen, Fähren, Schnellboote, Inseln und Menschenmassen sind total verwirrend. Darum ist es toll, dass zumindest das U-Bahn-Netz leicht verständlich ist. Allerdings hat auch dieses System seine Tücken. Beim Aussteigen beispielsweise hat man an vielen Stationen bis zu fünf Ausgänge. Diese wiederum können bis zu fünf Unterausgänge haben.

Wehe, man nimmt den falschen, dann macht man einen kilometerweiten Umweg. Das Gute an diesem Wegenetz unter der Straße ist aber, dass man oft in klimatisierten Gängen ans Ziel kommt. So sind beispielsweise viele der unzähligen Kaufhäuser und Malls unterirdisch miteinander verbunden. Außerdem gibt es in dem kilometerlangen Wegenetz unter der Stadt kleine Läden und ab und zu auch Cafés und Restaurants. Im Prinzip kann man also oft unter der Erde von einem Ort an den nächsten kommen, ohne ans Tageslicht zu müssen. Bei gefühlten Temperaturen von über 40 Grad ein kaum zu übertreffender Vorteil.

Verlässt man die unterirdische Stadt, trifft einem der chinesische Sommer mit voller Wucht: Die Brillengläser beschlagen, der Körper denkt einige Sekunden, er gehe durch eine endende Wärmeschleuse in kühlere Temperaturen, bis er registriert, dass die Hitze bleibt. Schlagartig beginnt dann der Schweiß zu fließen – und zwar aus jeder vorstellbaren Körperpore. Ich frage mich, wie die Chinesen das im Hemd oder schlimmer noch im Anzug und mit Krawatte aushalten.

Kilometerlanges Gehen in klimatisierten Gängen

Schwierig ist das U-Bahn-Netz übrigens auch dann, wenn man an einer Station umsteigen möchte. Denn darauf ist es nur begrenzt eingestellt. Ein Beispiel: Wir kamen am Fährterminal an. Die nächste U-Bahn-Station ist etwa zehn Gehminuten entfernt. Von dort fährt man eine Station gen Norden, um in die Bahn Richtung Süden umsteigen zu können, um erneut eine Station zu fahren. Die Fahrt dauert jeweils etwa so lange, wie in Deutschland eine S-Bahn zwischen zwei Haltestellen unterwegs ist.

In der U-Bahn
In der U-Bahn

An der zweiten Station legten wir laut Pedometer fast 400 Meter in sechs Minuten zurück, um in die Bahn einzusteigen, die uns in die Nähe des Hotels bringt. Drei Stationen weiter stiegen wir aus. Bis zum Ausgang A1, der am nächsten zu unserem Hotel liegt, gingen wir weitere 440 Meter, für die wir fast zehn Minuten benötigten. Auf dem Weg zum Ausgang fuhren wir viermal auf Rolltreppen sowohl nach unten als auch nach oben. Vom Ausgang aus liefen wir nochmals knapp zehn Minuten. Dabei ist die Lage unseres Hotels sehr gut, aber dies sind normale Distanzen in Hongkong. Heißt

  1. Egal, was man vorhat, man sollte immer genügend Zeit dafür einplanen.
  2. ist es mit diesem täglichen Sportprogramm kaum möglich, zuzunehmen. Ein weiterer Pluspunkt für Hongkong als Urlaubsziel.

Das passende Tickt für den ÖPNV in Hongkong

In einer fremden Stadt ein Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr kaufen, das ist schon in Deutschland schrecklich, denn in jeder Stadt gibt es ein anderes System. Im Ausland potenziert sich das Problem oft noch durch die fremde Sprache. Nicht in China: Da wählt man am Monitor einfach sein Ziel, und schon bekommt man das passende Ticket. Schwieriger wird es, wenn man in Shanghai ein Tagesticket kaufen will: Das gibt es nur an einer der oft gut versteckten Verkaufsstellen vorm Eingang zu den Bahnen. Auch Hongkong hat eine Eigenheit: Die Automaten nehmen keine 500 Hongkong-Dollar-Scheine, was 50 Euro entspricht. Darum kauft man seine wiederaufladbare Octopus-Karte ebenfalls am Schalter. 5 Euro sind Pfand, 10 Euro kann man verfahren. Preis also: 150 Hongkong-Dollar oder 15 Euro (Stand 2014).

Der Preis pro Fahrt liegt in Hongkong mal bei 25 Cent, mal bei 80 Cent oder auch bei 1,40 Euro, immer abhängig von der Entfernung und dem Transportmittel. Abgebucht wird das Geld jeweils beim Verlassen der Bahn oder beim Einsteigen in Bus und Fähre. Dazu hält man die Karte an ein Lesegerät. Wird die Fahrt pro Strecke berechnet, muss man ein- und auschecken. Pluspunkt der Octopus-Karte: mit genügend Guthaben kann man sie auch in Restaurants und in einigen Geschäften einsetzen. Ich stelle mir vor, wie ich in Köln eines Tages in einem Gasthaus frage, ob ich mit der KVB-Karte bezahlen darf.

Wo Ihr mehr Infos bekommt

  • Das Hong Kong Tourism Board, also die offizielle Touristeninformation, bietet Karten für so genannte Heritage Trails an, die einen Blick in die Vergangenheit des Ortes ermöglichen: Tempel, Ahnenhallen, Alltagsleben sind eine Alternative zum hektischen Zentrum.
  • Lonely Planet (Werbe-Link zu Amazon)
  • das Geo Special zu Chinas Megastädten

bieten viele Tipps für Hongkong. Dazu gehören auch Spaziergänge durch einzelne Viertel. Wir waren unter anderem in Wan Chei unterwegs und auf den Märkten rund um die Metrohaltestelle Yau Ma Tei. Die Spaziergänge sollte man früh genug beginnen, sonst sind Tempel und Geschäfte schon geschlossen. Bei den Märkten ist es unterschiedlich – der Nachtmarkt beispielsweise beginnt erst gegen 16 Uhr.

Was Ihr in Hongkong anschauen solltet

Sehenswert sind außerdem der Tempel mit den 10.000 Buddhas. Dorthin fährt man relativ lange. Wer von der Haltestelle kommend auf etwas zugeht, was wie ein Tempel aussieht, landet auf einem Friedhof, der jedoch auch interessant ist. Der Zugang zum Tempel ist aber etwas versteckt in der Sheung Wo Che Straße. Der Große Buddha auf Lantau ist auch einen Ausflug wert. Die Seilbahn fährt 25 Minuten auf den Berg. Es gibt Kabinen mit Glasboden, die mehr kosten. Ihr Vorteil: Die Wartezeit ist erheblich kürzer, da mehr Besucher die günstigeren Kabinen nehmen. Auch Lamma Island ist einen Ausflug wert: Sie ist eine von mehreren Inseln, auf die sich ein Ausflug lohnt. Vor Ort erkundet man die Insel am besten bei einer kurzen Wanderung.

Um 20 Uhr gibt es eine Lichtschau, die man vom Bauhinia Square ganz gut sehen kann. Die Vorführung kostet nichts. Einen guten Blick über die Stadt hat man aus dem Sky 100, also aus dem höchsten Wolkenkratzer Hongkongs. Dort gibt es auch ein Afternoon Tea Set. Letzteres sollte telefonisch vorbestellt werden. Sowohl der Tee als auch die Auffahrt sind teuer, aber ganz nett. Günstiger ist die Sicht vom Victoria Peak. Dorthin fährt man mit Bus oder Bahn. Wer den Sonnenuntergang dort sehen möchte, sollte früh genug aufbrechen, wir standen eine Stunde in der Warteschlange. Besonders romantisch ist es auf dem Berg nicht. Es gibt dort wie überall Menschenmassen, ein Einkaufszentrum und Restaurants. Aber der Blick ist toll.

Mein Fazit: Hongkong ist toll! Ich werde auf jeden Fall nochmals dorthin fahren, aber nie mehr im Hochsommer. Bei einem zweiten Besuch möchte ich wandern, auf den Inseln und in den umliegenden Bergen. Rund um Hongkong gibt es nämlich wunderbare Wanderwege, die aber bei über 30 Grad deutlich zu anstrengend sind.

Ein Gedanke zu „Acht Tage in Hongkong

  1. Pingback: Über den Sinn und Unsinn von Hotel-Schnäppchen - Op Jück

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