Wikingerhelme hatten keine Hörner. Das ist das erste, was ich im Museum Vikingaliv im Stockholmer Stadtteil Djurgarden höre, und es ist ernüchternd. Selbst Wiki, der kleine Hauptdarsteller aus der alten Kinderzeichentrickfilmserie hatte kleine Hörner am Helm. Doch der junge Mann, der uns eine Einführung zum Museum gibt, hat vermutlich recht: Mit Hörnern wird ein solcher Helm unnötig schwer, er ist unpraktisch, da die Krieger*innen damit überall hängen bleiben können – und ja, die Hörner an den Helmen sind für Feinde eigentlich der beste Hinweis, wohin sie zielen müssen, um die Wikinger mitten im Kopf zu treffen.
Wikingermuseum Vikingaliv auf der Insel Djurgarden
Der Mythos um die Hörner komme aus der Geschichte, erzählt der junge Mann weiter. So habe Richard Wagner beispielsweise im Ring der Nibelungen Krieger mit sehr großen Hörnern gezeigt, damit auch den Zuschauer*innen in der letzten Reihe klar wurde, wer gut und wer böse ist. Auch von kämpfenden Frauen weiß er zu berichten, die Krieger*innen anführten, eine sehr emanzipierte Gesellschaft scheint das damals in Skandinavien gewesen zu sein. So, wie es heute noch immer ist. Im Museum können sich Besucher*innen außerdem an den Bildschirmen darüber informieren, wie das Leben der Kämpfer*innen früher aussah, und welche Rolle Sklav*innen bei den Wikingern spielten. In den kurzen Videobeiträgen erfährt man zu diesen und anderen Themen viel auf Schwedisch mit englischen Untertiteln, und am Ende kann man sein Wissen bei einem Quiz beweisen.
Dann ist man ausreichend vorbereitet für die Fahrt durch Ragnfrids Saga: Dazu sitzt man gemütlich in einem kleinen Wagen und fährt vorbei an verschiedenen Szenenbildern, zu denen auf Deutsch die Geschichte von Harald erzählt wird, der auszog, um Silber zu seiner verarmten Familie zurückzubringen. Bei seiner Reise erlebt er einiges: Er gewinnt viel Geld, wird ausgeraubt, kämpft für einen fremden König und schließlich tritt er mit genug Silber den Heimweg an. Toll gemacht! Märchenhaft. Und trotzdem nicht nur für Kinder schön.
Djurgarden: Besuch der Vasa
Mit großen Seefahrern hat auch das Vasa Museum zu tun, zumindest theoretisch. Denn die Vasa, das weltweit einzige erhaltene Schiff aus dem 17. Jahrhundert, kenterte schon bei der Jungfernfahrt. Im Museum steht es heute in all seiner prachtvollen Würde. Ein Film sucht nach Erklärungen, warum es 1628 zu der Katastrophe kam. Außerdem geht es um die Konservierung des Boots, darum, was man an Bord so alles gefunden hat – und vor allem wen. Von 2000 Knochen ließen sich 1550 zuordnen. Anhand ihrer Dichte konnten Experten die Größe und das Alter der Toten herausfinden. Die Zähne gaben Auskunft über ihre Nahrungsvorlieben, und selbst über Krankheiten konnten Aussagen getroffen werden. Sehr spannend!
Mit ABBA auf der Bühne
Ganz großartig ist auch das interaktive ABBA-Museum, über das ich schon in anderem Zusammenhang geschrieben habe. Der Eintritt ist zwar teuer, dafür kann man dort aber mit den Stars auf die Bühne und Karaoke singen oder sich einen Avatar zulegen, um als digitale Verstärkung die Band zu unterstützen.
Ganz bezaubernd ist auch Skansen, das älteste Freilichtmuseum der Welt, in dem Höfe und Gebäude aus allen Landesteilen aufgebaut wurden. Hier würde ich allerdings nur an einem trockenen Tag hingehen. Skansen Ist übrigens Vorbild für das Freilichtmuseum in Detmold.
Djurgarden als Ziel für einen Kurzzeitaufenthalt
Diese vier Museen und einige mehr liegen fußläufig von Östermalm, und nicht weit entfernt vom Fährhafen: Wer beispielsweise bei einer Mini-Kreuzfahrt von Tallinn, Helsinki oder Riga kommend im Fährhafen anlegt, steigt in Gärdet in die Bahn, fährt eine Station Richtung Zentrum und steigt am Karlaplan in den Bus nach Skansen um. Nach wenigen Stationen erreicht man die Haltestelle Nordiska Museet. Von hier sind alle Museen zu Fuß zu erreichen. Geld muss man für diesen Besuch übrigens nicht tauschen: Ein ÖPNV-Ticket kann man über die SL-App kaufen, die Museen akzeptieren Karten. Das Wikingermuseum ist sogar ein komplett bargeldloses Museum.