Zwischen den Häusern – Spaziergang auf jüdischen Spuren in Köln

Gedenktafel in der Richmodstraße

Die Glockengasse kennt in Köln jeder. Denn dort hängt immer ein Hauch von 4711 in der Luft. Kein Wunder: Das bekannte Eau de Cologne wird dort verkauft. Aber wusstest du auch, dass dort im 19. Jahrhundert eine Synagoge stand? Die Nationalsozialisten brannten sie im Novemberpogrom im 1938 nieder. Das alles erfährst du dank der Web-App „Zwischen den Häusern“ bei einem Spaziergang durch die Innenstadt. Mithilfe der App siehst du sogar, wie die Synagoge einst aussah. Und ein Video nimmt dich mit in ihr Inneres. 

Die Web-App Zwischen den Häusern haben das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln und das Miqua LVR-Jüdisches Museum im Archäologische Quartier Köln zusammen entwickelt. Ihre Nutzung ist kostenlos. Du musst dazu nur den entsprechenden Link aufrufen. Den Stadtrundgang gibt es auf Englisch und Deutsch.

Starte mit dem Rundgang „Zwischen den Häusern“ am Marsplatz

Den Spaziergang auf Spuren des jüdischen Lebens in Köln kannst du am Marsplatz mit Blick auf das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud beginnen. Dort stand einst ein Haus mit Geschäfts- und Wohnräumen, das 1941 zum Ghettohaus umfunktioniert wurde. Die Bewohner*innen lebten dort auf engstem Raum. Bilder, historische Dokumente und eine Audioaufnahme zeigen, wie das Leben der jüdischen Einwohner*innen Kölns zu dieser Zeit war. 

Der Stadtrundgang führt dann weiter am Wallraf-Richartz-Museum vorbei zur ehemaligen Geschäftsstelle der NSDAP Ortsgruppe Köln-Dom über den Kaiserhof, das Dischhaus in der Sichtachse mit der ehemaligen Synagoge, einer einst jüdische Bank und schließlich am Gerichtsgebäude am Appellhofplatz und am EL-DE-Haus vorbei zur letzten Station in der Elisenstraße.

Mein Fazit: Die Web-App „Zwischen den Häusern“ ist einfach zu bedienen und gibt spannende, aber auch traurige Einblicke in das jüdische Leben in Köln im vergangenen Jahrhundert.

Wo in Köln außer in „Zwischen den Häusern“ noch erinnert wird

Gegen das Vergessen verlegt sind außerdem die rund 2400 Stolpersteine in der Stadt, die an Menschen erinnern, die die Nationalsozialisten verfolgten und töteten. Darunter waren sehr viele Juden und Jüdinnen. Im NS Dokumentationszentrum der Stadt Köln kann man in einer Datenbank nach den Namen der Opfer suchen. Mit der App „Stolpersteine“ des WDR erfährt man auch einiges über die Menschen hinter den Namen. Bei einer Führung mit der Agentur Spurenlese bin ich diesen Menschen und ihren Schicksalen auch nährgekommen. Da war beispielsweise ein erfolgreicher Radfahrer, der an der Grenze zur Schweiz bei der Flucht aufgeflogen ist. Oder Bartholomäus Schink, dem eine Straße gewidmet ist und dem eine Nähe zu den Edelweißpiraten nachgesagt wird. Oder ein jüdisches Ehepaar, das sich selbst umgebracht hat, um der Deportation in ein Konzentrationslager zu entgehen. Sehr berührend, diese Tour.

Dort, wo heute das NS-Dokumentationszentrum ist, also im EL DE Haus am Appellhofplatz, waren in den Zellen im Keller wohl auch jüdische Gefangene inhaftiert . Aber wie ich bei der Führung zum Thema Jüdisches Leben mit der Agentur Spurenlese gelernt habe, hat man die Zellenwände gegen 1943 neu gestrichen. Entsprechend sieht man heute nur noch Inschriften aus den Jahren danach. Zu der Zeit waren aber laut Aussage der Stadtführerin keine Juden und Jüdinnen mehr in der Stadt. Und: Woran hätte man sie erkennen sollen? Deutsche Juden und Jüdinnen schreiben deutsch, nicht hebräisch, sagte die Stadtführerin. Darüber hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie nachgedacht. 

Jüdisches Leben in Köln heute

Aus der Vergangenheit in die Gegenwart: Heute steht eine große Synagoge in der Roonstraße am Rathenauplatz. Dort war schon vor der Reichspogromnacht eine Synagoge, die die Nationalsozialisten aber leider damals abbrannten. Die heutige Synagoge können Besucher nach Voranmeldung und bei einer Führung besichtigen. Das lohnt sich, denn es gibt einige interessante Details im Innenraum zu sehen. Auch in Porz, Chorweiler und natürlich in Ehrenfeld gibt es jüdische Einrichtungen wie Begegnungsstätten, eine Schule, eine Kindertagesstätte und ein Elternheim. Außerdem hat am Habsburgerring ein Supermarkt eröffnet, in dem Kund*innen koschere Lebensmittel kaufen können. In der Beethovenstraße gibt es ebenfalls koschere Lebensmittel.

2017 hat sich außerdem ein jüdischer Karnevalsverein gegründet, die Kölsche Kippa Köpp. Sie schließen mit ihrem Namen, deren drei Worte mit „K“ beginnen, an die Geschichte des Kleinen Kölner Klubs an. Das war der jüdische Karnevalsverein, der vor der Verfolgung durch die Nazis Kölns Karneval bereichert hatte.

Erinnerungsorte in Köln

  • Schräg gegenüber des Pullmann Hotels liegt der Erich-Klibansky-Platz mit einem Brunnen und einem Lern- und Gedenkort. Dieses Ensemble erinnert erstens an die jüdischen Kinder, die dort von 1919 bis 1942 unterrichtet wurden. Zweitens erinnert es daran, dass Klibansky viele Kinder vor den Nationalsozialisten gerettet hat, indem er für sie die Flucht nach Großbritannien organisierte. Drittens erinnert der Brunnen an die sehr vielen jüdischen Kinder aus Köln, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
  • Um die Ecke des Erich-Klibansky-Platzes erinnert eine Gedenktafel an die Synagoge und spätere Schule, die dort bis zur Reichspogromnacht stand.
  • Edith Stein Denkmal am Börsenplatz: Edith Stein war als Jüdin geboren worden, konvertierte zum katholischen Glauben und wurde Nonne in Köln. Vor den Nationalsozialisten floh sie in die Niederlande. Von dort deportierten die Nazis sie ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und töteten sie. Edith Stein hat übrigens auch einige Zeit in Bad Bergzabern in Rheinland-Pfalz gelebt. Dort gibt es darum einen ihr gewidmeten Stadtspaziergang.
  • Gedenktafel in der Richmodstraße: Sie erinnert daran, dass von dort aus der Staat Israel aufgebaut wurde.
  • In der Körnerstraße erinnert eine Plakette am Haus neben dem Bunker daran, dass dort bis zur Reichspogromnacht die Ehrenfelder Synagoge stand.

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