Tagesausflug nach Grasse: Stadt des Parfüms und der Geschichte


Es muss gestunken haben in der Stadt, damals im Mittelalter, als auf dem Marktplatz Leder gegerbt wurde. Kaum vorstellbar, dass daraus die Welthauptstadt des Parfüms wurde. Aber: Im französischen Grasse kam um 1600 der Trend auf, Lederhandschuhe zu parfümieren. Eigentlich kein Wunder, denn rund um die Stadt wuchsen und wachsen noch heute wohlriechende Pflanzen, die man dazu benutzen konnte. Daraus entwickelte sich dann ein anderer Wirtschaftszweig – die Parfümherstellung. Bis heute ist die Stadt untrennbar damit verbunden und Highlight bei einem Tagesausflug nach Grasse: Es gibt ein Parfümmuseum, eine Skulptur, die die Parfümeursinnung darstellt, einen Orangengarten, der einen Dufthauch über die Stadt zu legen scheint, und etwas außerhalb auch den Garten des Internationalen Parfümmuseums. Heute, so erklärt Monique von Tourisme Pays de Grasse, lebt der Großteil der Bevölkerung von der Parfümindustrie und vom Tourismus.

In Grasse in der Altstadt

Allerdings hat Grasse noch mehr zu bieten. Wer alles sehen will, muss sich bei einem Tagesausflug nach Grasse schon anstrengen: Da ist beispielsweise die Kathedrale mit den trutzigen Säulen, ganz in der Nähe des Marktplatzes. Sie stammt beispielsweise schon aus dem 11. Jahrhundert. An den Steinen im Kircheninneren haben die Flammen der Französischen Revolution schwarze Flecken hinterlassen. Und an einer Seite der Kirche hängen Originalbilder von Peter Paul Rubens, dem flämischen Maler, dessen Haus man in Antwerpen besichtigen kann. Rund um die Kirche erstreckt sich die Altstadt mit ihren Gassen, gesäumt von roten und gelben Häusern im italienischen Stil. Hier sieht man, dass die Grenzen zwischen Frankreich und Italien nicht immer dort verliefen, wo sie heute sind. 

Gewusst? Grasse ist mit dem Bus etwa eineinhalb Stunden von Nizza entfernt. Die Fahrt kostet 1,50 Euro (Stand April 2019).

Parfümherstellung beim Tagesausflug nach Grasse erleben

Nachdem man sich einen Blick über die Stadt verschafft hat, muss man sich allerdings mit Parfüm auseinandersetzen. Das gehört einfach dazu – und es macht sehr viel Spaß. Mit dem ÖPNV kommt man in die Gärten des Internationalen Parfümmuseum. Dort sollte man entweder die Audioguides nutzen oder sich einer Führung anschließen. Denn sonst wandelt man nur durch einen schönen Garten, versteht aber die Zusammenhänge nicht.

Im Garten des Internationalen Parfümmuseums

In den Gärten des internationalen Parfümmuseums, les jardin du musée international perfumerie, wimmeln Ameisen, die ihre Nester bauen, Bienen, Wespen und viele andere Insekten. Für sie lässt Chefgärtner Christophe Mege sogar einen Teil der Wiese stehen: Dort findet alles, was kreucht und fleucht, Nahrung und Heimat. Im Wasserbecken des Gartens zeigt sich gar der neugierige Kopf einer Schlange an der Oberfläche – und das passiert gar nicht so selten, wie Christophe versichert. Er arbeitet seit 2009 in diesem kleinen Paradies, keine zehn Kilometer von der Weltstadt des Parfüms, Grasse, entfernt, nah genug an Cannes und Nizza, um von der Küste einen Tagesausflug dorthin zu machen.

Artenvielfalt zum Anfassen beim Tagesausflug nach Grasse

Die Gärten wurde 2007 gegründet. Ihr Ziel ist es, die Parfümpflanzen aus der ganzen Welt den Besucher*innen zugänglich zu machen, so dass sie mit einem Duft auch ein Gewächs verbinden können. Auch darum dürfen sie die Pflanzen anfassen, Blätter und Blüten reiben, und den Geruch genießen. Die beste Zeit für einen Tagesausflug nach Grasse ist im Mai, denn dann blühen auch im Garten die Rosen, für die Grasse so bekannt ist. Wenn man die üppige Natur dort im Sommer bewundert, mag man vergessen, dass es im Winter in den Bergen auch recht kühl werden kann: „Wir haben hier bis minus zehn Grad“, sagt Christophe. Da das für einige exotische Pflanzen zu kalt ist, gibt es auch ein Gewächshaus. 

Der Garten arbeitet streng ökologisch: Schadstoffe sind tabu, und man düngt mit dem eigenen Kompost, der aus gemähtem Gras, vertrockneten Pflanzen und sogar kleinen Ästen gemacht wird. „Manche sagen, man sollte das gemähte Gras nicht zu Kompost machen, weil man dann viele Samen überall verstreut. Wir machen das trotzdem“, sagt Christophe. „Die Natur sucht sich ihren Weg.“ Bienen, Schlangen, Frösche und Vögel freut das – und die Besucher auch.

Artenvielfalt hilft dem Gärtner

Außerdem ist die Artenvielfalt bei den Tieren und Pflanzen das Geheimnis, um den Garten gesund zu halten, ist sich Christophe sicher. „Je mehr Insekten, Frösche, Vögel und Schlangen wir haben, umso schöner wird unser Garten sein“, sagt er. „Hat man alle diese Tiere im Garten, entsteht ein natürliches Gleichgewicht, das dabei hilft, Schädlinge wie beispielsweise Blattläuse fern zu halten.“ Darum versucht er auch, möglichst viele unterschiedliche Pflanzen in den Garten zu bekommen, wildwachsende und zugekaufte, sicherlich 800 Pflanzenarten gebe es hier, sagt Christophe. Allein sechs bis zehn unterschiedliche Minzsorten kann der Besucher hier befühlen und riechen – von über 40, die es weltweit gibt. „Wo viele verschiedene Pflanzen sind, fühlen sich auch viele Tierarten zuhause“, sagt Christophe. „Ganz abgesehen davon, dass Biodiversität auch dem Gärtner hilft: Er hat weniger zu tun, wenn die Natur einen Teil der Arbeit übernimmt.“

Zwar wächst nicht immer alles so, wie es ein Gartenarchitekt und ein Parfümeur einst zusammen geplant haben: Fenchel, Borretsch, Callendula und kalifornischer Mohn beispielsweise vermehren sich dort, wo es ihnen am besten gefällt. Und Christophe und seine drei Kollegen lassen sie gewähren. Denn letztlich zählt das Ergebnis.

Mit diesem neuerworbenen Wissen nimmt man dann an einem Parfümworkshop teil. Das ist zum Beispiel bei Fragonard  und bei Galimard möglich. Es gibt Kurzworkshops, die nur 20 Minuten dauern, aber auch Workshops über mehrere Stunden, die entsprechend teurer sind. Am Ende des Workshops sollte jeder Teilnehmer einen Flakon mit dem selbstgemischten Duftwasser mit nach Hause nehmen können.

Mein ganz individuelles Parfüm

  • Geruchstest zu Beginn
  • 20 Milliliter können viel sein
  • Duftorgel beim Parfümworkshop
  • Manchmal braucht man nur wenige Tropfen
  • Duftprobe zwischendurch
  • Jetzt muss gemischt werden
  • Einmal umschütten, damit das Parfüm sich besser mischt

Wir machen unseren Workshop bei Galimard. Nathalie erklärt uns dort die Grundlagen der Parfümkunst: „Parfüm besteht aus einer Basis-, Kopf- und Herznote. Die Kopfnote riecht man in den ersten 20 Minuten, die Herznote mehrere Stunden, die Basisnote bis zum nächsten Tag.“ Ein kleiner Test zu Beginn gibt eine erste Einordnung, in welche Richtung sich der Duft entwickeln kann. Ich gebe zu: Bei diesem Test rieche ich fast gar nichts. Aber irgendwie lande ich bei floral-fruchtig. Aus neun Gerüchen soll ich nun drei bis vier aussuchen. Ergebnis: Vanille, Sandelholz des Orients, Sandelholzwald sowie Praline. „Typisch Frau, die meint, fruchtig-zitronig zu bevorzugen, und dann eine sehr süße Note wählt“, sagt Nathalie. Meine Basisnote werde trotzdem sehr holzig, sagt Nathalie. Denn von den 100 Millilitern, die ich am Ende mit nach Hause nehmen werde, macht die Basisnote 50 Milliliter aus.

Voilà, da ist meine Lebensfreude

Diese Mischung ist jedoch so neutral, dass ich für die Herznote im Prinzip alles hinzufügen kann. Das macht es nicht leichter, denn jetzt muss ich aus 32 Gerüchen vier bis fünf heraussuchen. Ingwer und Bambus beispielsweise sagen mir zu. Lustigerweise schmuggeln sich in die Herznote gleich hier vier Herrendüfte ein. Für die Kopfnote muss ich aus weiteren 30 Düften aus der Parfümorgel vor mir nochmals vier bis fünf auswählen. Zu meinem Erstaunen komme ich auf drei unterschiedliche Bergamotte-Arten, was mich alleine deswegen wundert, weil ich nicht wusste, dass es soviele gibt. Das vorläufige Ergebnis ist sehr leicht und zitrusfruchtlastig, also genau, das, was ich eigentlich sowieso mag. Wie es am Ende riechen wird, weiß ich allerdings erst zwei Wochen später, denn das Gemisch muss im Flakon noch reifen. Ich nenne meine Kreation übrigens Lebensfreude, joie de vivre, und kann sie jederzeit über das Internet nachbestellen, auch als Duschgel. 

Was ich beim Tagesausflug nach Grasse in den Gärten gelernt habe

  • Viele Pflanzen, die in der Küche wichtig sind, kommen auch in Parfümen vor: Sellerie, Pfeffer oder Koriander beispielsweise.
  • Fruchtige Noten im Parfüm stammen nicht von Obst, sondern werden synthetisch hergestellt. Im Garten gibt es trotzdem auch Obstbäume, um den Geruch vor Ort präsent zu haben.
  • Mandeln haben eine grüne samtige Hülle, wenn sie am Baum hängen. Bisher kannte ich sie nur in der Plastiktüte aus dem Supermarkt.
  • Grasse ist besonders bekannt für die Mai-Rose, die Centifolia Rose. Sie blüht nur einen Monat und ist sehr teuer. Wie auch beim Jasmin war der Anbau in Grasse stark zurückgegangen, weil er zu aufwändig und teuer war. Doch seit neuestem gibt es wieder einige jüngere Blumenzüchter, die sich speziell auf die Mai-Rose, aber auch den Jasmin konzentrieren.
  • Auch die Wurzeln der Iris werden für Parfüm benutzt. Ein Kilo kostet ab 30.000 Euro.

Tourisme Pays de Grasse hat uns zum Parfümworkshop eingeladen.

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