Es ist schon dunkel, als wir bei unseren Gastgebern ankommen: Miko und Skola haben vergangene Woche geheiratet, wir sind am Sonntagabend dort zum Hochzeitsessen eingeladen. Ihr Haus besteht, wie die meisten Häuser in Yamba, aus drei einzelnen kleinen Lehmhütten. In einer ist die Küche mit dem offenen Feuer untergebracht, in einer die Toilette und die Dusche, und die dritte Hütte ist Wohnraum. Das Haus ist mit rot-braunem Lehm verputzt, an den Wänden sind mit schwarzer Farbe Blumen und Ranken aufgezeichnet. Bevor wir das Esszimmer betreten, reicht uns die frischgebackene Ehefrau Wasser und Seife. In Yamba wascht man sich vor jeder Mahlzeit die Hände.
Leben ohne Strom
Das Esszimmer ist etwa eineinhalb Mann lang und knapp zwei Meter breit. In der Mitte stehen drei niedrige, grobe Tische aus Holz, jeder Gast bekommt einen Holzhocker, einen Plastik- oder Blechteller und einen Löffel. Wir sind 10 Leute in diesem Raum: neun Ehrenamtliche, der Betreuer der Ehrenamtlichen, der Chef von Village Africa und der Ehemann. Seine Frau und das Baby bleiben in der Küche. Auf dem Tisch stehen Töpfe und Plastikschüsseln mit Reis und Bohnen. In einem Topf schwimmen Knochen, Haut und Fleisch eines Huhnes. Miko zaubert aus einer Ecke eine Kiste mit verstaubten Glasflaschen: Fanta und Cola für die Gäste. Die Getränke müssen einen langen und beschwerlichen Weg in die Usambaraberge zurückgelegt haben, denn einen Laden gibt es hier nicht, und es führt auch keine Straße hierhin. Cola und Fanta sind lauwarm, denn in einer Gegend ohne Strom gibt es keine Kühlschränke. Und natürlich auch kein Licht. An der Decke hängt eine kleine Glühbirne, die mit einer Batterie betrieben wird. Ihr Licht ist so schwach, dass man das andere Ende des Tisches nur in einem schummrigen Dunkel erahnen kann.
Klassische Arbeitsteilung
Miko nötigt uns, zu essen, und für jeden gibt es zwei Soda-Getränke. Dann klopft Skola an die Tür:”Washi!”. Washi wird sowohl für das Waschen von Kleidung als auch für das Spülen von Geschirr benutzt, während washi-washi bedeutet, dass es an der Zeit ist, die Hände zu waschen. Sie bringt die große, blaue Plastikschüssel, die vorher als Waschbecken gedient hat, als wir die Hände eingeseift haben. Dorthinein stapelt sie Teller, Besteck, Schüssel und Töpfe sowie Gläser, und bringt alles in die Küche. Miko räumt in der Zwischenzeit die Glasflaschen weg. Dann bringt Skola Baby Andy, benannt nach dem Betreuer der Ehrenamtlichen. Das Kind ist erst einige Wochen alt und wird einmal unter allen Gästen herumgereicht. Miko spielt derzeit mit seinem Handy und zeigt uns darauf schließlich ein Video einer Kuh, die sich mittels Kung-Fu gegen einen Weißen wehrt, sowie ein Filmchen über eine tanzende Trickfilm-Maus. Danach spielt er uns auf dem Handy ein Lied eines Musikers vor, der aus Yamba kommt, und in Daressalam zum Star wurde. Skola klopft erneut, und bringt Baby Andy eine Mütze, es ist kühl. Der erwachsene Andy übergibt Miko ein Kuvert mit einer Hochzeitskarte. Drinnen sind von jedem Ehrenamtlichen 15.000 tansanische Shilling, also 7,50 Euro, sowie ein kleiner Betrag von Village Africa. Miko und Skola hatten sich zur Hochzeit Geld gewünscht, um in ihr neues Haus, das noch fertig gebaut werden muss, einen Zementboden machen zu können, anstelle des sonst üblichen Bodens aus rotem, festgetretenem Lehm. Durch das Geldgeschenk ist das dem jungen Paar jetzt möglich. Es freut sich darüber so sehr, wie ein deutsches Paar über Geld für die Luxus-Hochzeitsreise oder einen Thermomix.
Du willst zusätzlich Fotos, Videos und mehr Reiseberichte aus Tansania? Dann lade das eBook fürs iPad.