Metz: Wo man Europa zu fassen bekommt

Rathaus in Metz

Seit 74 Jahren wurde an den Grenzen zwischen Frankreich und Deutschland nicht mehr gerüttelt. Das ist eine lange Zeit – insbesondere, wenn man bedenkt, wie es vorher aussah: Lothringen – und damit auch Metz, waren mal deutsch, dann französisch, dann wieder deutsch und wieder französisch. Die Kriege haben die Beziehung zwischen den Ländern geprägt, Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen. Aber heute sind Deutschland und Frankreich stolz auf die guten Beziehungen. Metz hat zu Deutschland sogar eine ganz besonders gute Verbindung: Die Stadt bildet zusammen mit Luxemburg, Trier und Saarbrücken die Quattropole. Die vier Städte haben 2014 einen grenzüberschreitenden Verein gegründet, um die Zusammenarbeit zu intensivieren. Darum gibt es jetzt Projektgruppen für Kultur, Sozialpolitik, Energie, Handel oder eben Tourismus. Dumont hat sogar einen Quattropolereiseführer herausgebracht, der natürlich zweisprachig ist. Ein typisches Beispiel für den grenzüberschreitenden Fremdenverkehr sind auch die bilingualen Stadtführungen, und dabei wird es durchaus auch politisch: 

Stadtführung durch Metz

Meine Tour startete an der Porte des Allemands in Metz, dem Stadttor, das das deutsche Tor heißt. „Das hat nichts mit der Annektierung Lothringens nach dem deutsch-französischen Krieg zu tun“, erklärt die Stadtführerin von Inspire Metz, dem Tourismusbüro der Stadt, „und auch nicht mit dem zweiten Weltkrieg“. Vielmehr hatte sich der Deutsche Orden schon im Mittelalter in Metz niedergelassen und dort ein Krankenhaus gebaut. Das Stadttor in der Nähe wurde nach ihm benannt. Auch die Straße, die durch das Tor führt, wird ihren Teil dazu gegeben haben. Sie heißt Rue des Allemands und verband Metz schon im Mittelalter direkt mit Mainz. Somit war sie eine frühe Handelsstraße. Dass allerdings gerade die Porte des Allemands in so gutem Zustand ist, hängt in der Tat mit den deutschen Besetzungszeiten zusammen: Damals war sie ein Prestigeobjekt, das man gerne renovierte. Übrigens geht auch die protestantisch-lutherische Kirche in Metz auf die Deutschen zurück: Sie zogen im und nach dem deutsch-französischen Krieg in die Stadt, hatten keine entsprechenden Glaubenshäuser und bauten darum ein neues. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs wurden die Deutschen jedoch des Landes verwiesen – auch diejenigen, die hier geboren waren und vielleicht schon in zweiter Generation in Metz lebten.

Europa findet man an vielen Orten

Metz hat aber nicht nur eine europäische Geschichte. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, findet Europa an vielen Stellen:

  • Das Logo der Tourismusbehörde sieht aus wie ein ungleichmäßiges Viereck. Tatsächlich steht es für die Quattropole und zeigt die Lage der teilnehmenden Städte an den Ecken.
  • Das Centre Pompidou Metz wurde hier gebaut, weil man damit einen europäischen Kunstraum schaffen konnte für Gäste aus Frankreich, Luxemburg, Belgien und Deutschland.
  • Mauricette ist ein Urgestein in Metz – jeder kennt die Chefin der vier Stände in der überdachten Markthalle. An zweien verkauft sie lothringische Spezialitäten, an einem italienische und am vierten spanische.
  • Gärten ohne Grenzen ist ein Projekt von Moseltourismus: Es verbindet 20 Landschaftsanlagen in Luxemburg, an der französischen Mosel und in Deutschland.

Semaine franco-allemande in Metz

Und dann gibt es noch die deutsch-französische Woche. Viele Händler*innen in Metz nutzen sie, um auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. Der Inhaber der L’Epicerie fine am ehemaligen Marktplatz beispielsweise hat in seinem kleinen Laden Produkte in den Fokus gestellt, die aus der Region kommen: Mirabellenmarmelade und -schnaps, Bier aus Metz, Weine von der Mosel. Über die Tür hat er französisch-deutsche Fähnchen gehängt. Er erklärt mir, dass er damit deutsche Tourist*innen anlocken möchte, die zur Semaine franco-allemande, der deutsch-französischen Woche, kommen.

Deutschland, Frankreich – Europa

  • Mit dem Zug von Köln kommend steigt man einmal in Koblenz und einmal in Luxemburg um. Das Ticket für die Fahrt bis Metz kauft man online bei der Deutschen Bahn.
  • Die Grenze kann man nicht einmal mehr erahnen – außer man hat Google Maps oder Appels Karten geöffnet und sieht dort, wenn man über die Grenze fährt. 
  • Grenzkontrollen gibt es seit 1995 nicht mehr. Damals wurde das Schengener Abkommen umgesetzt.
  • 2017 ist das sogenannte EU-Roaming abgeschafft wurden. Seitdem surft man zu den Kosten seines Datentarifs auch in den EU-Ländern. Ab Juli 2019 wird es einen einheitlichen Netto-Festpreis für Telefonate und SMS innerhalb der EU geben.
  • Wir bezahlen heute so selbstverständlich in Euro. Vor 2002 musste man aber noch seine D-Mark in Franc wechseln, bevor man in Metz bezahlen konnte.
  • Auf Erklärtafeln für Tourist*innen sind die Texte fast überall dreisprachig: französisch, deutsch und englisch.
  • Bei der zweisprachigen Stadtführung versuche ich einzuschätzen, wer Franzose oder Französin ist, wer Deutsche*r. Ich liege in über 90 Prozent der Fälle daneben. Ein gutes Zeichen: Wir sind eben alle Europäer*innen.

„Metz est wunderbar“: Viele Angebote für Deutsche und Franzosen

Die Semaine franco-allemande, „Metz est wunderbar“ genannt, bietet noch eine ganze Menge mehr: Es gibt gemeinsame Workshops und Konzerte, Vorträge sowie einen Stammtisch.

Die Tourismusbehörde Metz hat die Kosten für meine Unterkunft und Verpflegung sowie den Eintritt in die beiden Museen übernommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.