Sagt bloß niemals, dass Schiefer schwarz sei, das hört man nicht gerne im Geopark Schieferland. Grau oder Anthrazit werden skeptisch akzeptiert. Tatsächlich spricht man aber vom blauen Gold, wenn man sich mit Schiefer auseinandersetzt. Ihn seht ihr als Dachziegeln oder Hausfassaden, manchmal auch in Küchen als Arbeitsplatte – oder in einigen Restaurants wird Euch auch das Essen auf Schieferplatten serviert.
Im Geopark Schieferland könnt Ihr ihn auf keinen Fall übersehen, denn viele Wanderwege führen auf Schieferhalden, zum Beispiel in der Nähe des Dürrenwaidenhammers bei Geroldsgrün. Das heißt, Ihr geht bei Schritt und Tritt auf Schiefer. Allerdings: Was dort so herumliegt, ist ziemlich wertlos. Genauer gesagt ist es der Abfall des Schiefers, der im Tagebau und später unter Tage abgebaut wurde. Denn: „Es sind nur zehn Prozent des abgebauten Schiefers für Ziegeln und Fassaden verwertbar“, erklärt Nicole Wittig im Deutschen Schiefertafel Museum in Ludwigsstadt. Die restlichen 90 Prozent sind eben der Müll, auf dem in der Zwischenzeit Wald wächst.
Schiefer und Wald prägen den Geopark Schieferland
Ganz spannend ist dabei, dass der ursprüngliche Frankenwald-Wald schon abgeholzt worden war, bevor Alexander von Humboldt von Bad Steben aus die Region entdeckte, analysierte und unter anderem eine erste Berufsschule bauen ließ. Schließlich brauchte man damals Brennstoff für die Eisenhütten. Danach wurden Fichten angepflanzt, aber heute, nach vielen Jahren, wächst auf den ehemals abgeholzten Flächen ein Wald, der eben nicht angepflanzt wurde: Birken, einige Kiefern, Heidelbeeren und auch Moose. Allerdings hat die Natur hier auch ihre eigenen Überlebensstrategien entwickelt. „Die Schieferhalden werden nämlich 70 bis 80 Grad heiß, wenn die Sonne darauf scheint“, sagt Kreisheimatpfleger Siegfried Scheidig. Und was machen die Fichten? Sie verlieren nicht ihre unteren Äste, sondern im Gegenteil wachsen sie knapp über der Erde stark in die Breite, um die Wurzeln mit ihrem Schatten vor dem Austrocknen zu schützen. Zumindest die, die nicht vom Borkenkäfer befallen sind.
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Geopark Schieferland: besser mit dem Auto anreisen
Wer hier seinen Urlaub verbringen möchte, sollte ein Auto dabei haben, um flexibler seine Ziele anfahren zu können. Denn der Geopark erstreckt sich auf der Längs- und auf der Querachse über jeweils gut 100 Kilometer über den Naturpark Thüringer Wald, Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale und über den Naturpark Frankenwald Wanderstrecken gibt es hier schier endlos: Mehr 4000 Kilometer hat der Frankenwaldverein ausgezeichnet. Wir haben drei sehr kurze Wanderungen gemacht, die alle durch den Wald führten. Dabei ist offensichtlich, dass der Wald leidet: Viele Bäume sind trocken, an anderer Stelle sind regelrechte Schneisen durch den Orkan Kyrill entstanden – und dann kommt noch der Borkenkäfer dazu. Die Spaziergänge sind trotzdem sehr schön: Wann rieche ich Großstadtpflanze schon Holz und fruchtbaren Boden? Und das Grün der Bäume streichelt meine betongeschädigte Seele.
Wandern im Geopark
- Spannend ist für mich auch, dass ein Wanderweg im Frankenwald nicht immer als solcher zu erkennen ist: Unser Weg auf die Schieferhalde am Dürrenwaidenhammer ist von der Straße kaum sichtbar und wird so schmal, dass ich ihn nicht mehr Weg nennen würde. Ich vermute, dass hier viele Stadtbewohner aufgeben, weil sie davon ausgehen, dass man hier gar nicht gehen sollte. Was für ein Unterschied zu den Wegen im Königsforst, die so breit wie Straßen sind.
- Unsere zweite kurze Wanderung bringt uns an die Thüringer Warte, ein geschichtlich interessanter Punkt, weil man hier von Bayern aus weit nach Thüringen schauen kann, und das auch schon konnte, als es die DDR noch gab. Die Thüringer Warte war darum für die Ostbürger der „Leuchtturm des Westens“, für die Wessis das „Schaufenster in die DDR“. Schließlich kann man von dort oben bis Weimar und Jena sehen. Unten am Parkplatz hat man übrigens einen weiten Blick ins grüne Tal und bis zur Burg Lauenstein.
- Die dritte kurze Wanderung führt uns wieder auf Schieferhalden, dieses Mal in Richtung Schallersbruch. Der Weg nach oben ist recht steil. Dafür hat man oben natürlich einen guten Blick. Und: Es gibt hier sogar einen Hörstation. Dazu wählt man mit dem Handy die angegeben Nummer und erhält weiterführende Informationen zur Region und dem Schiefer.
Schieferabbau: die Geschichte der Region
Wer sich für den Schieferabbau interessiert, sollte sich das Deutsche Schiefertafel Museum in Ludwigsstadt ansehen. Dort erfährt man eine ganze Menge darüber, wie hart der Schieferabbau war, und unter welchen Bedingungen die Menschen früher gearbeitet haben. Wir waren bei einer Pressereise im Bergwerk Lotharheil – ausnahmsweise, denn es ist kein Besucherbergwerk. Dort wird tatsächlich noch Schiefer abgebaut und verarbeitet. Meine Erkenntnis: Im Berg ist es kalt, sehr dunkel, und die Gänge sind so niedrig, dass selbst ich mich an vielen Stellen bücken muss. Es gibt bestimmt bequemere Möglichkeiten, sein Geld zu verdienen.
Was Ihr im Geopark Schieferland außerdem nicht verpassen solltet
Confiserie mit handgemachten Pralinen
In Ludwigsstadt gibt es die Confiserei Burg Lauenstein. Sie hat einen Werksverkauf an der Fischbachsmühle. Dort gibt es auch lecker Kuchen und der Cappuccino ist mit Schokoflocken bestreut. Die Pralinen werden dort noch von Hand gemacht, und das ist aufwändig, wie Timo und ich aus unserem Gin-Pralinen-Kurs wissen. Die Confiserie Burg Lauenstein macht aber sogar die Schnapsbohnen, in denen der Alkohol in einer Zuckerkruste ist, selbst. Das sind die, die im Mund leicht knacken, bevor der Alkohol über die Zunge läuft.
Ich habe noch nie darüber nachgedacht, wie man diese Pralinen herstellt. Jetzt weiß ich, dass es viel Arbeit ist: Man hat Holzformen, die mit Weizenstärke ausgefüllt werden. Dann wird ein Sud aus Zucker und mindestens 60-prozentigem Alkohol gekocht. Diese Mischung füllt man in die Holzformen. Nach mindestens fünf Stunden in der Wärmekammer bei 40 bis 45 Grad Celsius hat sich eine Zuckerkruste gebildet und das Wasser ist verdampft. Der Zucker und der Alkohol trennen sich – und so hat man Flüssigkeit in Zuckerkruste. Jetzt muss die restliche Weizenstärke abgestreift werden, dann kommt das ganze in flüssige Schokolade – et voilà.
Weil das aber ein ziemlich zeitintensiver Prozess ist, werden maximal 40 Kilogramm dieser Pralinen pro Tag gemacht. Von anderen Sorten schaffen die Mitarbeiter*innen locker 300 bis 400 Kilogramm am Tag. Ich habe in der Confiserie übrigens Schwarzwälderkirschschokolade gekauft, die ungemein fruchtig war. Mein Favorit war aber Limette-Matcha, eine Mischung aus Zitrusgeschmack und danach das grasig-herbe Matcha. Lecker.
Lecker Essen
Mitten im Wald ist außerdem das Restaurant Bischofsmühle. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet: Es hat ein bisschen was von einem Schlösschen im Märchenbuch. Und das Essen, zu dem ich eingeladen war, war top: Gänsebrust mit Sauerkraut und Rotkohl sowie natürlich Knödel. Die gehören hier einfach dazu. Außerdem serviert man fränkischen Wein, mit dem ich ja bereits in Würzburg Bekanntschaft geschlossen habe.
Wenn wir schon beim Essen sind: In Geroldsgrün gibt es das Gasthaus Zum Goldenen Hirschen. Wir hatten dort eine Brotzeit – mehr als reichlich und mit leckerer fränkischer Wurst.
Bauhaus lebt
Außerdem lohnt sich die Fahrt nach Probstzella zum Haus des Volkes – ein Bauhaushotel mit einer fast unglaublichen Geschichte: Dieter Nagel hat es 2003 ersteigert. Damals war es eine Ruine, sagt er. Im Winter waren Wasserrohre geplatzt, zu Zeiten der DDR war in dem 1926 gebauten Haus der Zoll, die Polizei, die SED – und man hatte eine Holzdecke eingezogen, mit der viel Bauhausflair verloren gegangen war.
Nagel hat unter anderem im Bauhausarchiv in Berlin recherchiert und Originalpläne des Hauses und der Möbel gefunden. Nach der Ersteigerung hat er angefangen, das Hotel wieder herzurichten, erst das Restaurant, dann den Roten Saal, nach und nach die Hotelzimmer. „Es geht eben immer nur so weiter, wie wir auch das Geld dafür haben“, sagt der Mann, der eigentlich Unternehmer ist. Das Haus des Volkes sei lediglich sein Hobby. Und ich stehe da, wundere mich über soviel Leidenschaft und freue mich, dass dieses Juwel wieder zum Leben erweckt wird.
Deutsch-deutsche Geschichte
Auf keinen Fall solltet Ihr den Ort Mödlareuth verpassen. Dort könnt Ihr nämlich sehen, wie die innerdeutsche Grenze ein Dorf und seine Bewohner trennte. Dazu lest Ihr mehr in einem anderen Beitrag.
Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Ich war von Geopark Schieferland -Naturpark Frankenwald in Kooperation mit dem Tourismus Service Center Frankenwald, zu dieser Pressereise eingeladen. Die Agentur hat die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung am zweiten und dritten Tag übernommen sowie die Kosten für die Durchführung des Programms. Die Reisekosten, die Verpflegung am ersten Tag und den Eintritt in die Therme habe ich selbst getragen.