Was zum Kuckuck ist eine Richerzeche, frage ich mich auf den ersten Seiten des Buches (Werbe-Link) „Das Blutgericht von Köln“ von Ingo Gach, das mir der Emons Verlag zur Rezension geschickt hat. Dankenswerterweise klärt sich diese Frage schnell mit dem Glossar am Ende des Buches. Die Richerzeche war zwar keine städtische Behörde, hatte aber auf dem Markt das Sagen und verlieh unter anderem Bürgerrechte. Die Kölner Patrizier hatten sie gegründet, um ihre Anliegen durchzusetzen. Und einer von ihnen, der Salzhändler Hackenbroich, ist am Ende des Prologs tot. Vermeintlich erschlagen vom Schwert seines Kooperationspartners Viskenich. Nach diesem Auftakt beginnt das Buch, und zwar im Oktober 1193, also genau vor 830 Jahren.
Voraussichtliche Lesedauer: 4 Minuten
Seyfried, der Held in „Das Blutgericht von Köln“
Zu dieser Zeit studiert Seyfrid, ein äußerst belesener junger Mann, an der Medizinschule in Salerno. Und jetzt wird’s spannend! Seyfrid heißt nämlich mit Nachnamen Viskenich – und ist der Sohn des Mannes, der anscheinend Hackenbroich erschlagen hat. Auf den folgenden Seiten reist Seyfrid nach Hause – um die Geschichte um seinen in der Zwischenzeit hingerichteten Vater aufzuklären.
Im mittelalterlichen Köln spielt sich die Geschichte von „Das Blutgericht von Köln“ grob gesagt zwischen Severinstraße, Dom und Heumarkt ab. Ein Hauptrolle hat dabei Rebecca, eine gebildete und emanzipierte junge Frau, aber auch einige Kaufleute wie Gerhard vom Hofe oder Dietrich von der Mühlengasse. Beide gab es tatsächlich im frühen Köln, ebenso wie den Erzbischof Adolf von Altena. Er war wenig beliebt in der Stadt – und irgendwie scheint sich am Verhältnis der Kölner*innen zum Erzbischof in den vergangenen Jahrhunderten wenig getan zu haben.
Geschichtlich korrekter Rahmen
Der Rahmen zu „Das Blutgericht von Köln“ ist geschichtlich übrigens gesichert. Die Königsmutter Eleonore war wirklich 1193 in Köln. Und sie hat tatsächlich mit Adolf von Altena die Messe im Dom gefeiert. Auch, dass sie auf dem Weg nach Speyer war, um dort das Lösegeld für ihren inhaftierten Sohn Richard Löwenherz abzugeben, stimmt. Die eigentliche Kriminalgeschichte um diesen Besuch herum ist jedoch frei erfunden – und durchaus vor allem im letzten Drittel der insgesamt 447 Seiten spannend. Wer also einen Kriminalroman aus dem Mittelalter lesen möchte, der Bezüge zu unser aller Lieblingsstadt hat, wird mit dem Buch seine Freude haben.
Wer allerdings erwartet, dass das mittelalterliche Köln in Bildern vor dem geistigen Auge ersteht, der wird enttäuscht sein. Denn dazu sind die Beschreibungen der Stadtszenen zu blaß. Ein Beispiel: „Eine imposante lang gestreckte Kirche mit zwei Seitenschiffen neben dem mächtigen Hauptschiff. Zwei Türme flankierten den Eingang und an jedem Ende des riesigen Dachs ragte ein weiterer mächtiger Turm empor“. Diese Beschreibung könnte so oder so ähnlich wahrscheinlich auf viele Kirchen passen. Schon bei Wikipedia stehen zum damaligen Hildebold-Dom mehr Informationen. Beispielsweise, dass die Vierungstürme aus Holz waren, oder dass das Mittelschiff durch je zehn Pfeiler getragen wurde. Solche Details lassen eher ein Kopfkino abspulen, das ich mir grundsätzlich wünsche, wenn ich ein Buch über die Kölner Vergangenheit lese. Im Buch Findelmädchen beispielsweise ist die Stadt so beschrieben, dass sehr lebendige Bilder entstehen.
Wer darauf keinen Wert legt und den Geschichtsbezug samt Spannung in den Vordergrund stellt, wird mit „Das Blutgericht von Köln“ einige genüßliche Abende verbringen. Übrigens ist in knapp drei Monaten auch schon wieder Weihnachten. Falls du also noch Geschenke für Freund*innen suchst, ist das Buch eine gute Option.