Nein, bequem ist anders. Das stelle ich fest, nachdem ich nur wenige Sekunden auf der Strohmatratze im Mädchensaal der ersten Jugendherberge weltweit gelegen habe. Der ist nämlich im Keller der Burg Altena, dort wurde auf Betreiben des Lehrers Robert Schirrmann 1914 die erste Jugendherberge der Welt eröffnete. Schirrmann wollte es jungen Menschen jeglicher Herkunft ermöglichen, die Welt kennenzulernen, und das für möglichst wenig Geld. Heute gibt es weltweit gut 4.000 Jugendherbergen, in Deutschland sind es 487. Und die ersten Schlafsäle sowie den ersten Speisesaal kann man auf Burg Altena besichtigen.
Freilich hat sich seither viel geändert: Damals wurde noch viel dunkles Holz für die Möbel verwendet, und in den Schlafzimmern standen viele Betten mit drei Stockwerken. Bad und Toilette waren natürlich auf dem Flur. Das ist heute in vielen Häusern anders. Übrigens zumindest teilweise auch in der heutigen Jugendherberge im unteren Burghof.
Für Britta Seeger, die die Herbergsleitung unterstützt, ist es eine Ehre, genau hier, wo die Geschichte der Jugendherbergen begann, noch heute Gäste zu beherbergen: Schlüsselausgabe und nebenher Rittermahl für hungrige Schüler zubereiten – kein Problem für die bodenständige Frau, die uns willkommen heißt. Hauptsächlich habe man hier Kinder und Jugendliche als Besucher, erklärt sie uns, aber auch immer wieder Familien, Fahrrad- und Motorradfahrer oder Wanderer. Sie übernachten häufig außerhalb der Burg in einer Jugendstilvilla, die zur Jugendherberge gehört. Dort gibt es nämlich kleinere Zimmer mit eigenem Bad.
Unterwegs in Altena
Von der Jugendstilvilla aus erreicht man übrigens in etwa 15 Minuten den Ort am Fuß des Burghügels, dazu folgt man dem Burgweg nach unten. Vorbei kommt man da an einigen alten Häusern, eines ist von 1307, und der Bewohner, der gerade aus dem Fenster schaut, bestätigt mir das Jahr. Er sei die achte Generation, die hier wohnt.
Unten im Ort fallen drei Dinge auf:
- Es gibt viel Gastronomie für einen so kleinen Ort. Sehr viel sogar. Wir entscheiden uns für einen Besuch beim Griechen, Mediterrane Kuzina, und am nächsten Morgen für einen Kaffee im Café Nostalgie in der Fußgängerzone.
- Es ist sehr viel älteres Publikum an einem frühen Freitagabend unterwegs.
- Es gibt sehr viel Leerstand in der Stadt. Gefühlt würde ich sagen, dass jedes zweite Ladenlokal leer steht.
Der demographische Wandel hat die Stadt also voll getroffen. Altena ist sicherlich einer der Orte, der vom Zuzug aus ihrer Heimat geflohener Menschen profitieren könnte: Mehr Einwohner helfen schließlich auch, die Infrastruktur zu erhalten. Wegweiser Kommune sagt für die Stadt einen Bevölkerungsschwund von über 20 Prozent bis 2030 voraus. Aber ob sie und ausländische Touristen sich in einer Stadt wohlfühlen, in der es einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft gibt, ist die Frage.
Sehenswürdigkeiten in der Stadt
Dabei gibt man sich in der Stadt viel Mühe: Am Lenneufer hängen rosa und rote Geranien. Es gibt zwei Terrassen mit Bewirtschaftung und teilweise sogar Liegestühlen am Lenneufer. Von der Fußgängerzone aus fährt ein Erlebnisaufzug in den Burghof, und auf dem Weg zum Aufzug durch den Tunnel lernt man einiges über die sagenumwobene Zeit. So soll beispielsweise der Name Altena sich ableiten von „all zu nah“. Spaß hatten wir übrigens auch auf dem Weg dorthin – beispielsweise nachdem wir plötzlich einen Ritterhelm trugen, oder Fische vor unseren Schritten davonschwammen.
Auch das Burgmuseum ist ganz modern gestaltet und verbindet Historisches mit der Gegenwart. So wird zum Beispiel anhand von Ausstellungsgegenständen erklärt, woher Redewendungen wie „unter die Haube kommen“ und „den Löffel abgeben“ kommen. Außerdem kann man einen echten Ritterhelm aufziehen – man sieht nicht viel durch die Schlitze. Auch Luft bekam ich nicht so gut. Aber eigentlich saß er unerwartet bequem auf dem Kopf. Mit dem Kettenhemd tat ich mich schwerer: Das wog soviel, dass ich es kaum anheben konnte.
Auch sehenswert: das Drahtmuseum
Mit dem Ticket fürs Burgmuseum kann man übrigens auch ins Deutsche Drahtmuseum gehen, das ist nicht weit von der Burg entfernt. Dort erfährt man, wie Draht früher gemacht wurde – und ich wurde mir dessen bewusst, dass unser Alltag ohne Draht kaum möglich ist. Draht ist überall: In Kabeln, Fahrradschlössern, der Polsterung im Sessel oder Küchenutensilien. Altena gilt übrigens noch immer als Drahtstadt. Auf dem Weg dorthin kommt man an vielen Firmen aus dieser Branche vorbei. Tipp: Den Eintritt für die Burg und das Drahtmuseum kann man sich sparen, wenn man eine Ruhr Topcard hat. Damit bekommt man für ein Jahr im ganzen Ruhrgebiet Rabatte oder kostenlosen Eintritt in Läden, Freizeitangeboten und Museen.
Wir waren im Rahmen einer Bloggerreise in Burg Altena. Der Jugendherbergsverband für den Nordwesten hat für unsere Übernachtung und Frühstück sowie die Ruhr Topcard bezahlt.