An kaum einem alkoholischen Getränk scheiden sich die Geister so sehr wie an Whiskey oder Whisky. Auf der Suche nach Partnern für eine kleine, private Verkostung habe ich viele Absagen kassiert. Übrig blieben am Ende mein Nachbar Thomas und ich. Wir sind beide keine Whisky-Kenner. Umso erstaunlicher war das Ergebnis unserer Verkostung: Wir waren uns nämlich recht einig darin, welche Whiskys uns am besten schmeckten. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg:
Wie ich auf die Idee mit der Verkostung kam
Angefangen hat alles mit einer Einladung zu einem Schreibworkshop im Poetry Slam Stil für Blogger. Der wurde gesponsored von Tullamore D.E.W. Und da fragte ich mich, was eigentlich der Unterschied zwischen dem irischen Whiskey und dem schottischen Whisky ist. Letzteren hatte ich 2017 kennengelernt: Bei unserer Rundreise durch Schottland haben wir mehrere Destillerien besucht. Denn ich hatte gelesen, dass sich die Geschmacksknospen für Whisky erst entwickeln müssen – so wie es auch bei Kaffee der Fall ist. Tatsächlich hatte ich ziemlich am Ende der Reise einen Whisky gefunden, den ich mochte, den Bio-Whisky von Benromach.
Wahrscheinlich hätte ich meine Überlegungen wieder vergessen, wäre ich nicht in Fulda bei einer Verkostung der Schlitzer Destillerie gewesen, die ebenfalls Whisky herstellt, und zwar in Deutschland. Ich fand deren Whisky und den Whiskylikör so gut, dass ich mir zwei kleine Flaschen gekauft habe. Und als ich dann auf der Buchmesse auch noch auf den georgischen Whiskyhersteller Kachaber Gurieli getroffen bin, dachte ich, das kann alles kein Zufall sein. Ich muss mich in das Thema vertiefen. Also habe ich mich zuerst einmal mit Gurieli unterhalten:
Gespräch mit Kachaber Gurieli über seinen Whisky
Danach stand fest: Ich muss mich mit jemandem zu den verschiedenen Geschmäckern austauschen. Ich durchsuchte unsere Hausbar und fand dort Überreste der US-amerikanischen Marke Jack Daniel’s und einer Miniaturflasche Glenfiddich aus Schottland. Zusätzlich hatte ich eine Miniaturflasche Rumbi Kachaber Gurieli abgekauft, die Schlitzer Produkte, den schottischen Whisky und eine Flasche Tullamore D.E.W., die wir beim Schreibworkshop geschenkt bekommen hatten.
Gespräch mit einem echten Whisky-Experten
Ein Beitrag über Whisky ohne wirklich eine Ahnung vom Thema zu haben, verkommt allerdings schnell zu einem dieser schrecklich belanglosen „War lecker“-Artikel, von denen man leider im Internet so viele findet. Darum habe ich mir einen Branchenkenner an die Seite geholt: Helmut Knöpfle ist seit 1989 als Markenbotschafter in der Getränkeindustrie. Er arbeitet als Brand Ambassador für Campari Deutschland. Pro Jahr hält er gut 160 Vorträge für Liebhaber von feinen Destillaten und auch vor anderem Publikum. 2013 wurde er ausgezeichnet mit dem Best Whisky Motion Preis, 2018 zum Keeper of the Quaich ernannt, was eine besondere Auszeichnung in Schottland ist. Ihm habe ich einige Fragen gestellt:
Wie unterscheidet man eigentlich irischen, schottischen und US-amerikanischen Whisky?
Irischer Whiskey ist dreifach destilliert, schottische sind das eher nicht. Beim irischen Whisky werden bei der Herstellung zwei verschiedene Produktionsverfahren kombiniert. Dadurch ist er leichter, teilweise auch floraler und nicht so wuchtig und intensiv wie ein Single Malt Scotch Whisky. Der Tullamore D.E.W. zum Beispiel ist ein typischer irischer Whiskey, dreifach destilliert. Er ist außerdem nicht nur aus Gerste, sondern auch aus Roggen und Mais hergestellt. Er wurde in Fässern gereift, in denen zuvor Bourbon, Port, Sherry und Madeira gelagert haben. Den Tullamore D.E.W. gibt es seit 1829. „Dew“ bedeutet Tautropfen, die mit Punkt getrennten Großbuchstaben auf der Flasche stehen aber für den Namen des Gründers Daniel Edmond Williams. Im Vergleich zum US-amerikanischen Bourbon, der oft on the rocks oder als Cocktail getrunken wird, ist der irische Whiskey eher ein Begleiter für jede Situation.
Worauf sollte man bei einer Verkostung achten?
Wenn Sie drei verschiedene Whiskys in Gläsern vor sich stehen haben, sehen Sie, dass die Farben der Whiskys sehr unterschiedlich sein können. Die Farbe ist aber nicht immer ein Indiz für das Alter. Denn außerhalb von Amerika ist es erlaubt, Whisky mit Farbstoffzuckerkulör zu färben. Dadurch bekommt er dann eine angenehme Bernsteinfarbe.
Diese Aussage hat Thomas und mich wirklich überrascht. Denn tatsächlich hatte der US-amerikanische Jack Daniel’s als einziger Whisky ganz deutlich eine andere Farbe: Er ist dunkler als die anderen. Und wir hätten beide gedacht, dass er eingefärbt ist. Stimmt aber offensichtlich nicht.
Am Duft erkennt man die Einflüsse der Reifung im Holzfass. Je länger ein Whisky gereift ist, desto mehr verliert er seinen ursprünglichen Brennerei-Charakter. Also die Frische, meist erkennbar durch angenehm fruchtige Noten wie zum Beispiel Birne oder Apfel. Je länger ein Whisky gelagert wurde, desto eher erkennt man Trockenfrüchte, nussige Noten und natürlich auch den Einfluss des Holzes als Eichennoten. Am Geschmack erkennen Sie durchaus den Alkoholgehalt. Damit ein Destillat als Whisky bezeichnet werden darf, muss es unter anderem mindestens 40 Volumenprozent Alkohol haben. Es gibt Whiskys, die 55 Volumenprozent und mehr haben.
In unserer Verkostung hatten die meisten Whiskys 40 Volumenprozent, der Rumbi und der Benromach hatten 43 Volumenprozent und der Whisky aus Schlitz hat 49 Volumenprozent.
Hier bietet es sich an, einige Tropfen stilles Wasser hinzuzufügen. Der Ire nennt das: „Die Schlange frei lassen“. Durch das Hinzufügen von Wasser öffnet sich die Oberflächenstruktur. Und man hat ein breiteres, intensiveres und angenehmeres Duft- und Geschmackserlebnis.
Thomas und ich haben je einen kleinen Schluck ohne Wasser getrunken, was ich meist als zu scharf empfunden habe. Dann haben wir jeweils einen Tropfen Wasser hinzugefügt, und es ist tatsächlich so, dass sich der Geschmack des Whiskys dadurch oft sehr verändert.
Beim Verkosten merken Sie, dass sich die Whiskys unterschiedlich am Gaumen geben. Manche brennen, andere sind weich und geschmeidig auf der Zunge und im Abgang. Natürlich könnte man eine Wissenschaft daraus machen und bewerten und benoten und mit anderen Feinschmeckern unendlich diskutieren. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass man über Whiskey nicht diskutieren kann und soll. Man soll allenfalls philosophieren. Das ist das Schöne am Whiskey. Dass er die Philosophie fördert und die Menschen zusammenbringt.
Nach der Veröffentlichung dieses Textes haben mich zwei Leserinnen darauf angesprochen, was es eigentlich mit den Bezeichnungen „Scotch“ und „Bourbon“ auf sich hat. Ich habe diese Fragen an den Whisky-Experten Knöpfle weitergegeben. Seine Antwort:
Scotch ist ein Whisky, der nach der Destillation mindestens drei Jahre in einem Holzfass in Schottland gereift worden ist. In diesen Fässern war zuvor in der Regel eine andere Spirituose, beispielsweise Bourbon, Port, Sherry oder Madeira. Der Alkoholgehalt eines Scotchs muss mindestens 40 Volumenprozent betragen. Die Scotch Whisky Order legt fest, was ein Scotch ist und was nicht. Dementsprechend darf ein Whisky nur dann als Scotch bezeichnet werden, wenn er in einer Brennerei in Schottland aus Wasser und gemälzter Gerste, die in dieser Brennerei zu Maische verarbeitet wurde, und nur durch die Zugabe von Hefe vergärt wurde. Beim Brennvorgang darf höchstens auf einen Alkoholgehalt von 94,8 Volumenprozent und darunter destilliert werden. Die Fässer zur Reifung dürfen nicht mehr als 700 Liter fassen.
Bourbon Whiskey kommt ausschließlich aus Amerika. Den Begriff Bourbon erhielt der amerikanische Whiskey indirekt durch die Hilfe der Franzosen im Befreiungskrieg gegen die Engländer: Nach dem Sieg über die englischen Truppen wurde aus Dankbarkeit ein County, also ein Landkreis in Kentucky zu Ehren des französischen Königshauses Bourbon benannt. Das County war ursprünglich sehr groß und wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr beschnitten. Heute gibt es zwar noch das Bourbon County, allerdings gibt es dort keine Brennerei mehr. Bourbon ist also eher eine Gattungs- als eine Herkunftsbezeichnung. Ein Bourbon Whiskey hat laut der amerikanischen Regierung in der Fassung von 1964 bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. In seiner prozentualen Zusammensetzung muss der Maisanteil mindestens 51 Prozent betragen und darf 79 Prozent nicht überschreiten. Weitere Getreidesorten können sein: Gerste, Roggen oder Weizen. Die Lagerung darf nur in neuen, also ungebrauchten und innen ausgeflämmten Fässern aus amerikanischer Weißeiche erfolgen. Er darf nicht gefärbt werden.
Das Ergebnis unserer Whisky-Verkostung
Thomas und ich haben uns zusätzlich zur Farbe auch die Flaschen angeschaut. Thomas mochte den grünlichen Farbton der Miniatur-Glenfiddich-Flasche und die leicht ovale Form. Ich bevorzuge die eckige Form von Jack Daniel’s, einfach weil alle anderen rund sind.
Beim Geruch gab Thomas dem Schlitzer Whisky, der eigentlich offiziell Slitsian Single Malt Whisky peaty heißt, und Rumbi eine 1. Ich mochte den Benromach lieber. Thomas bestätigte seine Note beim Geschmack: Den Rumbi beschreibt er als „blumig und leicht süß“, den Slitsian als „rauchig und torfig“, bei den meisten anderen lautete seine Bewertung „scharf“. Ich fand den Rumbi auch floral, den Schlitzer Whisky rauchig und ledrig, er erinnerte mich an ein Lagerfeuer. Den Benromach finde ich ebenfalls rauchig-gut.
Als Geschmacksnote im Mischgetränk
Wir haben die Whiskys auch gemischt und Mini-Cocktails getrunken: Den Tullamore D.E.W. haben wir mit Ginger Ale und Eis getrunken – ein nettes Sommergertänk, leicht und spritzig. Den Jack Daniel’s gab es kombiniert mit Granatapfelsaft und Kirschlikör als Scarlett O’Hara. Wobei ich finde, dass es diesen Cocktail in Bestform im Klub Berlin in Köln-Ehrenfeld gibt.
Dann probierten wir noch den Whisky-Likör der Destillerie Schlitz – und er ist ein echtes Kuriosum: Ich kenne so viele Menschen, die keinen Whisky mögen. Den Likör finden aber alle durch die Bank weg großartig. Ein Phänomen.
Whisky-Kuchen
Schließlich habe ich noch herausgefunden, dass es einen Irischen Früchte-Kuchen gibt, in dem viel Whiskey steckt: Es werden nämlich Rosinen, Orangeat und Zitronat über Nacht in einem Achtel Liter Whisky eingeweicht. Weil es ein irischer Kuchen ist, habe ich auch den irischen Tullamore D.E.W. dazu genommen. Dann verrührt man Butter, Zucker, Mehl, Backpulver und Vanillezucker mit gemahlenen Mandeln, fügt das Trockenobst hinzu und backt das Ganze. Weil ich nicht genügend Mandeln hatte, habe ich Kokosflocken und Walnüsse untergerührt, das ist auch sehr lecker geworden – wenn auch vielleicht nicht mehr ganz irisch.
Dieser Artikel ist ursprünglich vom 26. November 2018. Er wurde am 28. November 2018 um eine Leserfrage und eine Antwort erweitert.