Gut 200 Kilometer markierte Wanderwege gibt es rund um Bad Neualbenreuth. Der kleine Ort liegt in der bayrischen Oberpfalz und eignet sich bestens für alle, die raus ins Grüne und weg aus der Hetze der Großstadt wollen. Hier kann man im wahrsten Sinne des Wortes abschalten – Handyempfang ist nämlich längst nicht überall gegeben.
Dafür gibt es Wälder, Wiesen und ganz viel Geschichte, die man sich auch erwandern kann. Die Touristeninformation am Marktplatz hat für jeden die passende Runde parat: Es gibt Drei-Kilometer-Runden für Einsteiger oder 35-Kilometer-Runden, für alle, die das mögen. Und dazwischen natürlich viele Abstufungen. Wer nicht alleine gehen möchte: Es werden regelmäßig geführte Wanderungen angeboten. Besucher, die aus Köln oder ähnlich flachen Regionen kommen, sollten allerdings nicht vergessen: Bad Neualbenreuth liegt in Bayern. Es kann schon ziemlich steil werden.
Wandern in Bad Neualbenreuth für Einsteiger
Zugegeben, diese Runde ist eher ein erweiterter Spaziergang. Sie passt gut in den Nachmittag am Anreisetag und beginnt direkt in Bad Neualbenreuth, am besten beim Backhaus Kutzer, wo man eben noch einen Kaffee und ein Stück Kuchen bekommt, bevor’s losgeht. Von dort startet man Richtung Ernestgrün, also weg von der Kirche und dem Sibyllenbad. Dann biegt man links in die Raiffeisenstraße ein, die nach dem Dorfteich bald zur Tillenstraße wird. Rechts folgt man dann der Straße Am Bühl. Bühl, so habe ich bei meinem Wanderbloggertreffen gelernt, heißt „Hügel“. Dieser Straße folgt man bis zu einer Kapelle, an der sie sich teilt. Jetzt biegt man rechts ab und geht einfach immer den Schildern Richtung Fischzucht Becker nach. Diese hat wegen Corona derzeit leider nur am Wochenende geöffnet. Aber man bekommt in vielen Restaurants in der Stadt den frischen Fisch aus dem Waldsee zu essen.
An der Fischzucht läuft man einfach stur geradeaus weiter, auch wenn der Weg bei unserem Besuch im Juni so aussah, als ob dort seit langem niemand gegangen sei. Das Gras stand ziemlich hoch. Trotzdem kommt man so auf direktem Weg zurück nach Bad Neualbenreuth. Der Weg ist etwa vier Kilometer lang.
Wandern für Genießer: Die Ringelfelsen-Runde
Vom Naturfreundehaus in Wernersreuth kann man in gut 10 Kilometern zum Wanderparkplatz am Egerer Wald gehen. Die Strecke lässt sich etwa in der Hälfte abkürzen, weil es am Ringelfelsen Rinnlstein eine Verbindung gibt. Von Mai bis Oktober kann man dort prima picknicken, es stehen sogar Tisch und Bänke bereit.
Im Prinzip hat die Gesamtstrecke also die Form einer liegenden Acht. Es gibt einige Steigungen auf der Strecke, aber keine ist so anstrengend, dass man nach Luft japsen müsste oder am Ende völlig durchgeschwitzt wäre. Es ist eben ein Wanderweg für alle die, die das vielfältige Grün genießen wollen. Auffallend laut habe ich das Vogelgezwitscher in Erinnerung. So schön, dass man eigentlich nur zuhören und sich nicht unterhalten möchte. Ich würde darum empfehlen, diese Runde nicht unbedingt in einer großen Gruppe zu gehen. Im Wald gibt es übrigens Infotafeln, die den Besucher beispielsweise über ehemalige Köhlerplätze informieren.
Wandern rund um Bad Neualbenreuth für Fortgeschrittene
Die Wanderung über die Grenze in die Tschechische Republik und auf den Tillenberg und weiter zu einem der Mittelpunkte Europas hätte ich mich alleine und ohne fachkundige Führung nicht getraut. Das liegt erstens daran, dass ich manche Wege gar nicht als solche wahrgenommen hätte, weil sie so schmal sind. Zweitens ist man eben schnell im Nachbarland und muss mindestens wissen, dass „Dylen“ der Tillenberg ist, um den Schildern nach oben folgen zu können.
Ich würde aber nicht nur wegen der Orientierung bei diesen gut 15 Kilometern oder sogar noch etwas mehr zu einer geführten Tour raten, sondern weil man sonst einfach viele Dinge am Wegesrand nicht sieht und auch nicht versteht. Da ist beispielsweise eine Holzhütte an einer Wiese. Wie soll man erahnen, dass dort früher ein Dorf stand, das der Grenze weichen musste? Tatsächlich ist diese Wiese in der Wüstung, so der Fachbegriff, der ehemalige Dorfteich von Ulrichsgrün. Sechs Dörfer mit teils mehreren hundert Jahren Geschichte wurden „geschleift“, also im Prinzip plattgemacht, weil sie zu nah an der Grenze zur Bundesrepublik standen, damals in Zeiten des Kalten Krieges.
Abstecher in den Kalten Krieg
Überhaupt: Grenze. Wer beim Wandern in Bad Neualbenreuth dem weiß-rot-weißen Symbol folgt, kann an ihr entlang gehen. Wir haben sie überquert und sind teilweise auf den ehemaligen Armeestraßen gewandert, aber auch durch ganz schmale Wege, die zumindest zweimal steil nach oben führten. Sehr steil, um genau zu sein. So kommt man auch an einer ehemaligen Kaserne vorbei, ein typischer Lost Place, in dem teilweise bereits die Decken heruntergekommen sind. Weiter Richtung Tillenberg findet man mitten im Wald, überwuchert vom satten Grün, Reste eines Gästehauses, das einmal ziemlich groß gewesen sein muss.
Tipp: An der Strecke wächst immer wieder Bärenklau. Du erkennst ihn an den großen Blättern. Er ist sehr giftig, und du solltest ihn nicht anfassen. Darum ist es auch ganz sinnvoll, lange Hosen zu tragen, damit man nicht mit den nackten Beinen daran streift.
Auf dem Gipfel
Irgendwann erreicht man dann das hohe Tor und den Zaun rund um die Sendestation auf dem Gipfel des Berges. Hier war früher eine Radarstation, denn natürlich hat man sich auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs dafür interessiert, was die Landesnachbarn so treiben. Heute ist das Gelände in Privatbesitz, und aus dem Turm werden Radiosender ausgestrahlt. Auf dem Gelände ist außerdem ein kleines Gebäude, das perfekt geeignet wäre für ein Café für die Wandertouristen. Leider ist es geschlossen. Wir hatten bei unserem Bloggertreffen das große Glück, ausnahmsweise auf den Turm zu dürfen: Von der umlaufenden Plattform hat man einen tollen Blick über die Region – zumindest, wenn man Höhe mit Metallgitterboden abkann. Ich habe sehr lange gebraucht, um mich einige Meter um den Turm zu wagen.
In dem Gebäude, das ein Café sein könnte, ist im Keller ein vergessenes Mini-Grenzmuseum, das leider derzeit auch nicht öffentlich zugänglich ist. Dort sieht man Bilder der Dörfer, die es nicht mehr gibt, man sieht die Kaserne und darum weiß ich auch, wie groß das Gästehaus einst war, an dessen Ruinen wir vorbeikamen. Außerdem liegen und stehen dort Mikrophone und Tonbandgeräte, Gasmasken und Telefone aus einer längst vergangenen Zeit. Relikte des Kalten Krieges eben, heute kaum noch vorstellbar und genau darum so spannend. Ich hoffe sehr, dass Bad Neualbenreuth bald zumindest ab und zu geführte Touren anbieten kann, die nicht nur auf den Berg, sondern auch in die Radarstation führen.
Tipp: Wasser mitnehmen! Es gibt keine Möglichkeiten, irgendwo einzukehren.
Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Ich war auf Einladung von Bad Neualbenreuth in dem Ort. Die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung wurden vom Veranstalter und seinen Kooperationspartnern getragen. Die Kosten für die Anreise haben wir selbst getragen.
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