Vor mir steht mein Latte Macchiato, auf dem Teller liegen zwei Brötchen, Pastrami und Salami. Ich sitze in einem bequemem Sessel an einem niedrigen Tisch in der Eingangshalle des Motel One in London. Die automatische Tür rechts von mir geht auf und zu im Rhythmus der Gäste, die hereinkommen und hinausgehen. Im Hintergrund läuft seichte Musik. Doch sie geht plötzlich aus und es wird spürbar dunkler um uns herum. Stromausfall in London, in der größten Stadt West-Europas.
Die automatische Eingangstür steht nun offen und es ist kalt. Ein Mitarbeiter des Hotels schließt sie soweit, dass nur noch ein normalgebauter Mensch hindurch kommt. Es bleibt kalt, aber wir sind fast fertig mit unserem Frühstück. Erfreulicherweise haben wir bereits Kaffee und Saft, viele andere Gäste stehen verwundert vor den Automaten, die keine Getränke mehr ausgeben. Das Personal teilt Wasser in Halbliterfläschchen aus. Der Toaster bleibt stehen, Toast liegt im Eingabefach, halb eingezogen. Gäste, die nie Vollkornbrötchen essen würden, greifen dort jetzt herzlich zu.
Bei Stromausfall fährt der Aufzug nicht
Wer jetzt einchecken will, hat schlechte Karten. Das Hotelmanagement spendiert diesen Gästen ein kostenloses Frühstück, um die Wartezeit zu überbrücken, bis das elektronische Einbuchungssystem wieder funktioniert. Irgendetwas piept ohne Unterlass. Von irgendwoher holt man zwei kleine, batteriebetriebene Taschenlampen.
Jemand von der Aufzugsfirma kommt, um Gäste aus dem Fahrstuhl zu befreien. Unser Zimmer ist im 14. Stock, darum bleiben wir zunächst noch in der kalten Lobby. Aber nach zehn Minuten ist es uns auch entfernt von der Eingangstür zu kalt. Wir beginnen darum mit dem Aufstieg. Zwischen dem 1. und 3. Stock ist im Treppenhaus die Hölle los, danach wird es ruhiger. Im Vorbeigehen sehen wir einen einsamen Staubsauger in einem offenen Zimmer an der Steckdose angeschlossen, aber ohne Funktion. Oben angekommen ist es merkwürdig warm im Zimmer, kein Wunder, die Klimaanlage funktioniert natürlich auch nicht.
Das Bürogebäude gegenüber ist ebenfalls dunkel, Mitarbeiter schauen zum Fenster heraus. Auch dort ist man vom Stromausfall in London betroffen. Um Zeit zu überbrücken und möglichst mit dem Gepäck im Aufzug nach unten fahren zu können, denke ich über eine Tasse Tee nach, aber der Wasserkocher funktioniert nicht. Der Gang auf die Toilette ist nur bei offener Tür möglich, denn das Licht geht dort nicht. Aus dem Wasserhahn kommt nur noch ein dünner Strahl kalten Wassers, die Toilette spült ein letztes Mal – die Wasserpumpe ist ausgefallen.
Dreieinhalb Stunden dauerte der Stromausfall in London, erzählen mir die Mitarbeiter, als ich am Nachmittag wieder komme, um meinen Koffer abzuholen.
Was sind wir abhängig vom Strom. Wer sich mit dem Thema näher beschäftigen will, sollte das Besorgnis erregende Buch von Marc Eisberg lesen, Blackout. Kauft Ihr es über den Link bei Amazon, schreibt mir der Versandhändler einen Centbetrag dafür gut.
Unterschiede zum deutschen Motel One
Eigentlich sieht das Motel One in London aus wie die entsprechenden Hotels in Deutschland: kleine Zimmer, gutes Bett und prima Dusche, viele türkisfarbene Elemente. Es gibt in London aber drei wesentliche Unterschiede zu Deutschland: Erstens steht ein Wasserkocher für Tee auf dem Zimmer, was ich sehr angenehm finde. Zweitens gibt es einen Fön – der sehr groß und schwer ist. Vielleicht um die Gäste davon abzuhalten, ihn zu klauen. Und drittens gibt es im Londoner Motel One die besseren Brötchen zum Frühstück. In den Teig gebacken sind nämlich Feigenstücke, Kastanien oder Walnüsse. Großartig! Und lecker!