Seit einigen Jahren bin ich jedes Jahr zum Segeln in den Niederlanden. Nein, ich segele selbst nicht, ich lasse segeln, denn ich bin Passagier auf einem Plattbodenschiff. Das sind alte Handelsschiffe, die keinen Kiel haben und dadurch auch in den flachen Grachten und Kanälen der Niederlande unterwegs sein können. Wo früher die Fracht verstaut war, haben viele der zum Teil hundert Jahre alten Boote, heute Kabinen und Gemeinschaftsräume und können für Törns gemietet werden. Mit der Alida beispielsweise war ich schon mehrfach unterwegs.
Wie funktioniert eine Segeltour mit dem Plattbodenschiff?
Eine kleine Gruppe von Freunden und Bekannten macht das immer an einem Wochenende im September, und das ist für uns immer eine schöne Kurzreise. Für uns sieht der Ablauf so aus:
- Freitagabend Anreise mit dem Auto. Grillen an Land und ab etwa 19 Uhr kann das Schiff bezogen werden. Vorher läuft die Reinigung nach der vorherigen Gruppe.
- In der Nacht bleiben wir im Hafen und Samstag geht es nach einem gemütlichen Frühstück los. Meistens segeln wir den ganzen Tag über und fahren abends wieder einen Hafen an.
Wie gesagt, tatsächlich lassen wir segeln. Das Schiff hat eine eigene Besatzung, den Skipper und den Maat, manchmal ist noch ein Bordhund mit dabei. Der Skipper steuert und brüllt die Befehle, der Maat sucht sich unter uns dann seine Hilfe für das Setzen der Segel (viel Kurbelarbeit), das Einholen der Schwerter (viel Kurbelarbeit) oder das Einpacken der Segel (auch viel Arbeit). Die meiste Zeit sitzen oder liegen wir aber an Deck, plaudern, essen, faulenzen und lassen uns den Wind um die Nase wehen.
Auf den Plattbodenschiffen ist man in der Regel Selbstversorger. Wir als Gruppe kaufen alles ein und bringen es mit an Bord. Wir kochen selbst und spülen das Geschirr. - Im Zielhafen angekommen, kann man sich ein wenig die Beine vertreten, bevor wir abends ein gemeinsames Essen kochen.
- Am nächsten Morgen wird zurück zum Ausgangshafen gesegelt und sonntagsnachmittags ist alles schon wieder vorbei und man sitzt im Auto nach Hause.
Andere Gruppen wie Schulklassen sind häufig von Montag bis Freitag unterwegs. Mir wäre das zu lange, denn die Reise auf einem Plattbodenschiff ist nicht mit einer Kreuzfahrt vergleichbar. Überall ist es eng und niedrig, die Betten sind winzig, in den Kabinen kann man sich nicht drehen, ohne an die Wände zu stoßen und 24 Leute teilen sich zwei Duschen und zwei Toiletten. Die Wände sind dünn wie Papier, sodass man eigentlich jedes Geräusch hört – egal, ob aus der Nachbarkabine oder vom Schiff nebenan. Auf meiner ersten Segeltour konnte ich zwei Nächte gar nicht schlafen. Spaß macht es trotzdem jedes Mal, das liegt aber vor allem an der Gruppe.
Unsere Segelreviere: IJsselmeer und Nordsee
Nachdem wir ein paar Jahre auf dem Ijsselmeer unterwegs waren, haben wir auch ein paar Touren auf der Nordsee hinter uns. Auf dem Ijsselmeer ging es in der Regel von Lemmer nach Enkhuizen und zurück.
Auf der Nordsee sind wir bislang immer in Harlingen gestartet und waren dann auf Terschelling oder Vlieland. Auf beiden Inseln kann man sehr schöne Spaziergänge machen.
Schaukelt das nicht wahnsinnig?
Im Vergleich zu einer echten Kreuzfahrt ja, aber mich stört es nicht. Im Gegenteil: Man hat eine Verbindung zu den Naturgewalten und es macht einfach mehr Spaß mit richtig viel Wind zu segeln, als mit dem Hilfsmotor durchs Wasser zu schippern.
Trockenfallen als Höhepunkt geht nur mit dem Plattbodenschiff
Einmal hatten wir das Glück, dass die Gezeiten sehr günstig waren, um das Plattbodenschiff trockenfallen zu lassen. Man fährt auf eine Sandbank und wartet bis zur absoluten Ebbe. Das Schiff sinkt auf den Sand und weil es eben keinen Kiel hat, kippt es nicht. Dann kann man von Bord gehen und einige Zeit auf dem Watt laufen. Nachts bei Vollmond ist das ein tolles Erlebnis. Leider habe ich davon kein Foto.
Das ist so toll. Jahrelang bin ich mit einer festen Gruppe jedes Jahr eine Woche auf einem plattbodenschiff gesegelt. Ich glaube sogar einmal auf der Alida. Mir hat das auch immer unglaublich gut gefallen, auch wenn das Wetter mal richtig schlecht war. Schön, mal davon zu lesen.
LG Ina