Jerusalem ist die größte Stadt Israels und Hauptstadt des Landes. Letzteres macht den Nahost-Konflikt nicht einfacher: Diese Jahrtausende alte Stadt ist eine heilige Stadt für alle drei monotheistischen, abrahamitischen Weltreligionen, das Judentum, das Christentum und den Islam. Und Jerusalem ist ein starker Kontrast zur Strandmetropole Tel Aviv.
Jerusalem ist orthodox
In Tel Aviv tobt das Leben auch am Schabbat, Jerusalem dagegen steht still. Im jüdisch geprägten westlichen Jerusalem ist von Freitagabend bis Samstagabend alles zu. In den muslimischen Vierteln sind Geschäfte und Restaurants ganz normal geöffnet. Und während in Tel Aviv jeder anziehen kann, was er mag, sollte man in Jerusalem durchaus züchtiger angezogen sein.
Die Sehenswürdigkeiten von Jerusalem
Wo anfangen? Die ganze Stadt, vor allem die Altstadt, ist eine Sehenswürdigkeit. Denn anders als das meiste in Tel Aviv ist das hier halt alles richtig alt. Die Altstadt ist ein UNESCO-Weltkulturerbe. Religion wird hier riesengroß geschrieben:
- Für das Judentum ist Jerusalem wichtig, hier standen die ersten Tempel.
- Für das Christentum ist Jerusalem wichtig, weil Jesus hier gewirkt hat, verurteilt und draußen vor den Toren der Stadt gekreuzigt wurde.
- Und für den Islam ist Jerusalem nach Mekka und Medina die drittheiligste Stätte, weil Mohammed hier seine Himmelsreise begann.
Selbstverständlich gibt es Bauwerke aller drei Religionen und die Altstadt ist mehr oder weniger nach den Religionen aufgeteilt. Man kann sich in der ganzen Altstadt als Tourist frei bewegen. Das war nicht immer so, Jerusalem war mal eine geteilte Stadt ähnlich wie Berlin. Der Streit darum, wem die Stadt gehört, ist bis heute ungelöst.
Der schnelle Überblick
Zwei Möglichkeiten gibt es, sich in Jerusalem einen schnellen Überblick zu verschaffen.
- Da wäre zum einen der Aufstieg auf den Turm der Erlöserkirche, der zwar etwas Kondition erfordert, aber eben den einzigen Rund-um-Blick über die Altstadt bietet und die Erlöserkirche praktischerweise auch ziemlich in der Mitte steht. Die dortigen Katakomben sind ebenfalls einen Besuch wert, vor allem an heißen Tagen ist es da unten sehr angenehm.
- Die zweite Möglichkeit ist ein Spaziergang auf der Stadtmauer der Altstadt. Man geht dann entweder auf der Nord- oder der Südroute entlang. Startpunkt ist für beide das Jaffa Gate. Es gibt keine Rundtour, man kann sich vom Startpunkt immer nur in eine Richtung bewegen und bleibt relativ lange oben. Regelmäßig führen Treppen hinab in die Stadt, da sind dann aber Drehkreuze, sodass die Tour auf der Mauer vorbei ist, wenn man hindurch geht. Auch diese Tour erfordert ein Grundmaß an Kondition und festes Schuhwerk, da es viele Steintreppen mit zum Teil sehr großen Stufen gibt. Dafür ist die Aussicht hervorragend.
Wir haben uns für die Nordroute entschieden, die im muslimischen Viertel endet.
Das muslimische Viertel
Im muslimischen Viertel von Jerusalem liegt unter anderem die berühmte Via Dolorosa, die „Straße der Leiden“. Sie soll den historisch nicht belegten letzten Weg von Jesus von der Verurteilung zur Kreuzigung darstellen. Die Straße, eigentlich eine ganz normale Gasse, hat außer den Namen nichts Besonderes und kann bei einem Jerusalem-Besuch getrost ausgelassen werden. Natürlich muss man sie gesehen haben, wenn man als Pilger unterwegs ist.
Ansonsten gehört zum muslimischen Viertel auch die Al Aqsa-Moschee und der Felsendom mit der berühmten goldenen Kuppel, die auf keiner Jerusalem-Ansicht fehlen darf. Bei unserem Besuch waren sie jedoch wegen des Ramadans nicht für Touristen zugänglich. Beide thronen auf einem Plateau oberhalb der Klagemauer, dem Tempelberg.
Das muslimische Viertel besteht ansonsten in erster Linie aus vielen kleinen Gassen mit vielen kleinen Läden.
Achtung: In den Läden im muslimischen Viertel werden neben religiösen Souvenirs auch Kühlschrankmagnete, Feuerzeuge und Dutzende andere Artikel mit den Farben und mit der Flagge Palästinas (rot-schwarz-weiß-grün) verkauft. Diese sind ein politisches Statement für einen eigenen Staat der Palästinenser und können in Israel als schwere Provokation verstanden werden.
Die jüdischen Sehenswürdigkeiten
Klagemauer – wohl kaum ein Wort wird öfter in Verbindung mit Jerusalem gebracht. Ganz ehrlich: Als Nicht-Jude fand ich sie recht unspektakulär. Wenn man direkt davor steht, steht man halt vor einer hohen Mauer, an der viele Juden beten und kleine Zettel in die Ritzen stecken. Wichtig hier: Es gibt eine Sicherheitskontrolle, vor der es auch Warteschlangen geben kann, gerade an religiösen Festen und Feiertagen. Männer und Frauen haben separate Bereiche an der Mauer und Männer müssen eine Kippa tragen, die in einer Einwegversion zur Verfügung gestellt wird.
Wesentlich spektakulärer ist die Aussicht auf die Klagemauer mit ein paar Metern Abstand. Dann sieht man nämlich die Klagemauer und den darüber thronenden Felsendom mit der goldenen Kuppel.
Im jüdischen Viertel gibt es naturgemäß Synagogen, und hier habe ich die schönsten großen Plätze gesehen, auf denen man ein paar Minuten Pause vom Sightseeing machen konnte. Das ist auch etwas, was ich in Jerusalem vermisst habe – ein großer zentraler Platz inmitten der Altstadt.
Die christlichen Sehenswürdigkeiten
Von der Erlöserkirche sind es nur ein paar Meter zur wichtigsten christlichen Sehenswürdigkeit in Jerusalem, der Grabeskirche. Angeblich steht sie direkt über dem Grab Jesu und ist somit ein wichtiges Ziel für Pilger.
Da mehrere christliche Glaubensgemeinschaften Anspruch auf das Grab erheben, ist die Grabeskirche ein Zusammenschluss von sechs Konfessionen. Jede hat in der Kirche eigene Kapellen und Bereiche. Im Mittelpunkt steht die Grabeskapelle, die winzig klein ist, in die aber fast jeder Besucher der Kirchen rein möchte. Das führt zu langen Schlangen, da sich immer nur ein paar Menschen gleichzeitig darin aufhalten können.
Ansonsten ist die Grabeskirche in verschiedenen Stilen kunstreich verziert, sodass es sich lohnt, einen Blick in die vielen kleinen Kapellen und Nischen zu werfen. Außerdem ist es an heißen Tagen innendrin auch vergleichsweise kühl.
Rund um die Altstadt
An einem Tag reicht die Zeit tatsächlich nur für die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt und danach noch für einen Kaffee zum Verschnaufen. Doch natürlich besteht Jerusalem nicht nur aus der Altstadt. Die größte Stadt Israels erstreckt sich weit ins Umland. Und auch außerhalb der Altstadt gibt es Sehenswürdigkeiten. Da ist zum einen das Gartengrab nördlich der Altstadt. Während gemeinhin die Grabeskirche für sich beansprucht, auf der Grabstätte Jesu zu stehen, sehen manche hier den wahren Ort. Es gibt im Osten den Olivengarten von Gethsemane, in dem Jesus vor der Nacht seiner Kreuzigung gebetet haben soll und zig weitere biblischen Stätten. Selbstverständlich finden sich dort überall Kapellen, Kirchen und Klöster verschiedener Orden und Kirchen des Christentums.
Weiterhin ist das Parlament Israels, die Knesset, in Jerusalem. Etwas außerhalb am Ende der Straßenbahnlinie befindet sich die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Es gibt also genug zu sehen, wenn man mehr als einen Tag in Jerusalem ist. Außerdem sieht die Stadtmauer nachts beleuchtet schon auf Fotos sehr schön aus. Eines Tages werde ich mir das noch ansehen.
Wie kommt man nach Jerusalem?
Unsere Basis in Israel war Tel Aviv am Meer, Jerusalem liegt dagegen auf gut 750 Meter Höhe in den Bergen. Es gibt mehrere Möglichkeiten zwischen den Städten zu pendeln. So fahren Busse, Sammeltaxen, man kann einen Mietwagen leihen oder die neue Zugstrecke nutzen, was wir getan haben. Denn komfortabler und schneller kommt man nicht nach Jerusalem. Vom Flughafen Ben Gurion aus braucht der Zug nur 25 Minuten.
Je nachdem, wo man in Tel Aviv einsteigt, benötigt man etwa 45 bis 60 Minuten. Als wir im Mai da waren, musste am Flughafen noch umgestiegen werden, es soll jedoch demnächst durchgängige Züge geben.
Die Züge selbst sind gute alte Bekannte, zumindest wenn man in Deutschland viel mit Regionalzügen unterwegs sind. Dafür gibt es viel mehr Steckdosen, eine bessere Klimaanlage und ein WLAN.
Die letzte Viertelstunde fährt der Zug fast durchgängig durch Tunnel bevor er in den neuen unterirdischen Bahnhof Jitzchak Nawon einfährt. Danach braucht man noch ein paar Minuten, um mit mehreren Rolltreppen ans Tageslicht zu kommen, denn der Bahnhof ist 80 Meter tief unter der Erde. Er kann nämlich auch als Bunker für 5.000 Menschen genutzt werden.
An der Oberfläche angekommen, geht es gleich mit der Straßenbahn weiter und nach etwa zehn Minuten ist man an der Haltestelle City Hall, die direkt an der Stadtmauer der Altstadt liegt. Von da aus sind es dann nur noch ein paar Meter zum Jaffa Gate, dem Stadttor, von dem aus früher die Straße nach Jaffa ging, das heutige Tel Aviv.
Das Tagestickt nach Jerusalem
Ein großes Plus des Nahverkehrs in Israel ist die Guthabenkarte Rav Kav, mit der im ganzen Land bargeldlos der ÖPNV genutzt werden kann. In Bussen kann sogar nur mit dieser Karte bezahlt werden. Der Nahverkehr gehört zu den wenigen Dingen, die in Israel recht günstig sind. Das Tagesticket von Tel Aviv nach Jerusalem kostet etwas mehr als 8 Euro, darin enthalten sind auch alle Busse und Bahnen in den beiden Städten.