Es gibt Städte, an denen scheiden sich die Geister. Wolfsburg gehört dazu. Dort kannte ich bisher nur den Hauptbahnhof – und zwar vom Umsteigen. Vom Bahnsteig aus sieht man das Produktionsgelände von VW. Daneben in einer Grünanlage Autos, die extreme Steigungen hinauf und hinunter fahren: die Autostadt. Sie war letztlich Auslöser für meine Entscheidung, auf dem Rückweg von einer Geschäftsreise nach Berlin in Wolfsburg auszusteigen, um mir die Stadt an einem Wochenende näher anzusehen.
Als ich meinen Freunden in der Hauptstadt davon erzählte, sagten sie, Wolfsburg sei hässlich und uninteressant. Ganz anders Bekannte aus Köln. Jürgen, 53, war schon vier Mal dort:
„Ich gehe in Wolfsburg gerne ins Kunstmuseum. Am besten hat mir bisher die Ausstellung von Henry Cartier-Bresson gefallen. Ich schätze an Wolfsburg aber auch die kurzen Wege: Vom Bahnhof geht man zu Fuß ins Museum. Auf dem Weg hin oder zurück kann man in der Stadt noch einkaufen, oder im Designer Outlet am Bahnhof. Und gutes Essen gibt es in Wolfsburg auch.“
Im Museum in Wolfsburg
Als wir da sind, wird gerade die Ausstellung von Jeppe Hein eröffnet. Unter der Beschreibung auf der Internetseite des Kunstmuseums konnte ich mir nicht viel vorstellen. Umso mehr gefiel mir, was ich sah und hörte: An Seilen fuhren Kugeln in einer Schiene an der Decke entlang. Immer wieder stießen sie dabei gegen Klangschalen und kombinierten so visuelle Kunst mit Tönen. In einem Labyrinth konnte man mit einem Bügel auf dem Kopf gegen unsichtbare Wände laufen – sie erkannte man an einer Vibration des Bügels an der Schädeldecke. Und wer sich in der Ausstellung setzte, muss mit Überraschungen rechnen: Mal bewegte sich die Bank samt Sitzendem, mal ließ der Hocker so richtig Dampf ab. Auch die Ausstellung zu lateinamerikanischer Kunst fand ich sehr gelungen, denn hier ging es um ganz moderne Exponate. Sie hatten wenig mit der Folklore zu tun, die man in Lateinamerika selbst oft sieht. Ich habe die Ausstellung übrigens nach Vorlage des Presseausweises kostenlos besucht.
Natürlich in die Autostadt
Auch Marion, 47, war schon dreimal in Wolfsburg: Immer, um ihr neues Auto bei VW in der Autostadt abzuholen. „Dort gibt es jedes Mal neue Attraktionen“, sagt sie. „Da ist es nie langweilig“. Einmal hat sie auch das Spezialpaket für Abholer gebucht und im Ritz Carlton in der Autostadt übernachtet. Dort haben wir auf Einladung der Autostadt nur zu Mittag gegessen – einen Lachs-Burger und Spekulatiuseis, nachdem uns eine Tourleiterin das ZeitHaus und den Porsche-Pavillon gezeigt hat. Wir sind außerdem eGolf gefahren und haben die Autostadt aus dem Turm von oben betrachtet.
Phaneo und Shopping lohnen auch
Die Autostadt liegt übrigens im so genannten Bermudadreieck zwischen Outlet und dem Wissenschaftsmuseum Phaeno. Das ist definitiv nicht nur für Kinder ein tolles Erlebnis: Wir haben lange nicht so viel gelacht wie im Haus mit dem schrägen Boden. Auch das Outlet Center ist einen Besuch wert: Hier kaufen im Jahr über zwei Millionen Besucher aus einem Einzugsgebiet von 200 Kilometern ein, erzählt mir Center Manager Michael Ernst. Das Outlet sei 2007 das erste innerstädtische in Deutschland gewesen, sagt er, und Teil eines Masterplans für Wolfsburg, um die Stadt für Touristen attraktiver zu machen. Da die Innenstadt zu Fuß in wenigen Minuten zu erreichen ist, sei das Outlet Center eine Bereicherung für die Stadt: „Es bringt Publikum“, sagt Ernst. Außerdem achte man sehr genau darauf, welche Marken man im Outlet anbiete, mit der Innenstadt gebe es keine Überschneidungen. Und falls doch, so bekomme man im Outlet trotzdem nicht alles und vor allem nicht die neuste Kollektion. Wir haben ganz schön viel dort eingekauft und dabei auch zwei Gutscheine über 25 Euro und über zehn Prozent eingesetzt, die wir in unseren Informationsunterlagen fanden.
Abendessen in Fallersleben
Bettina, meine Freundin aus Berlin, hat einen weiteren Tipp für mich: Wer mit der Regionalbahn vier Minuten nach Fallersleben fährt, kann auch niedersächsische Geschichte erfahren. Die kommt ja in Wolfsburg mit seinen gerade einmal 77 Jahren etwas kurz. In Fallersleben aber kann man nach etwa zehn Minuten zu Fuß Richtung Zentrum an Plätzen Fachwerkhäuser bestaunen und Kopfsteinpflaster. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben lebte hier, der Dichter, der auch den Text zur deutschen Nationalhymne schrieb, und ihm ist ein Museum in Fallersleben gewidmet. Direkt nebenan, in einer umgebauten Scheune, ist das Alte Brauhaus, ein Restaurant, in dem deftige Speisen serviert werden und ungewöhnliche, selbtsgebraute Biere. Wir entschieden uns für ein Limonen- und ein Apfelbier sowie die Fallersleber Brotzeit, die locker für zwei reicht. Überhaupt: Wir haben in Wolfsburg viel Deftiges gegessen.
Und wo übernachten in Wolfsburg?
Einen echten Hoteltipp für Wolfsburg kann ich nicht geben: In der Stadt gibt es nur wenige Hotels, darum sind die Zimmer teuer. Wir hatten über hotels.com ein Zimmer im Leonardo Hotel mit Frühbucherrabatt gebucht. Die Einrichtung war zwar neu, ebenso der Wandanstrich und der Teppich. Aber im Bad, an der Tür und den goldenen Dekoelementen im Flur sieht man deutlich, dass das Hotel schon älter ist. Hinzu kam in unserem Fall, dass im Bad die Wärmelampe nicht funktionierte, die Heizung im Zimmer nur lauwarm wurde, man aus den Nachbarräumen und vom Flur jedes Geräusch und vor allem auch viel fließendes Wasser hörte. Das Frühstück war zwar völlig ausreichend, aber nichts Besonderes. Aus meiner Sicht war der Frühbucherpreis noch zu hoch. Aber immerhin war das Zimmer günstiger als in anderen Hotels.
Hotels gibt es schon genug allerdings sind die in der Woche stark frequentiert durch die vielen Geschäftsreisenden.Deshalb gibt es Rabatte oft nur am Wochenende. Ein Geheimtipp ist das Hotel Einschlaf auch nicht billig aber jeden Cent Wert!
Ja, das Einschlaf! Ich hatte mir die Homepage angesehen und es ist entzückend. Es war mir aber ehrlich gesagt zu teuer.
Dann die kleinen Hotels in der City Journal z b… Gibt noch viel zu entdecken 🙂
Danke für den Tipp, das merk‘ ich mir. Wir wollen sowieso nochmal kommen.