Digital Detox in Bad Neualbenreuth

Bad Neualbenreuth: Viel Grün

Irgendwie ist es doch ganz beruhigend, dass man das Handy einfach in der Tasche oder in der Pension lassen kann, ohne etwas zu verpassen. Denn in Bad Neualbenreuth in der Oberpfalz in Bayern haben nur wenige Menschen mobilen Empfang. Dementsprechend geruhsam kann so ein Tag sein, an dem nicht ständig Mails, Nachrichten oder SMSen über einen der vielen Messenger hereinlaufen. Dafür kann sich die Großstadtseele am Grün der Wälder und Wiesen sattsehen, kann sich auf das Plätschern des Wasserfalls und das Rauschen der Bäume konzentrieren. Und entspannen. 

Ganz nah an der Tschechischen Republik

Genau darum kommen Touristen nach Neualbenreuth: Sie wollen ihre Ruhe. Und wenn sie davon genug haben, dann gehen sie auf Entdeckungstour in der Region. Die ist nämlich ziemlich spannend: Die Euregio Egrensis im Herzen Europas erstreckt sich nicht nur über die Bundesländer Bayern, Sachsen und Thüringen, sondern auch über die Grenze zur Tschechischen Republik. Und so gibt es im Umland des Dorfes mit nicht einmal 1500 Einwohnern einiges zu entdecken. Da wäre tatsächlich zuerst einmal die Grenze zur Tschechischen Republik, die auch auf Straßenschildern angeschrieben ist. Mit dem Auto darf man sie nicht überqueren – aber zu Fuß. Und wer sich an die Zeiten des Kalten Kriegs und des eisernen Vorhangs erinnert, für den ist das schon etwas Besonderes. Tief eintauchen in diese Zeit kann man bei einer Wanderung auf den Tillenberg, der auf tschechisch Dylen heißt. Auf dem Weg nach oben, zur ehemaligen Radarstation der damaligen Tschechoslowakei, geht man nicht nur über die Grenze, sondern auch vorbei an einer ehemaligen Kaserne. Und mit ganz viel Glück dürfen geführte Besucher vielleicht künftig sogar einen Blick in das Mini-Grenzmuseum werfen. Dazu lest Ihr bald mehr.

Wandern rund um Bad Neualbenreuth

Überhaupt: Wandern! Strecken gibt es rund um Bad Neualbenreuth viele. Eine kurze Runde führt beispielsweise zum Grenzlandturm. Er sieht aus wie ein Grenzturm, hatte aber nie diese Funktion. Vielmehr ist er ein Aussichtsturm, von dem aus man in alle Richtungen, also auch über die Grenze einen weiten Blick hat. Allerdings sollte man kein Problem mit Fliegen lassen, denn diese hatten sich zumindest bei meinem Besuch 2019 schwarmweise in dem Turm eingenistet.

Ich hatte 2019 leider nur Zeit für einen kurzen Spaziergang zum Wasserfall am Muglbach. Aber ich war fasziniert davon, wie ursprünglich der Wald dort war: Ein schmaler Weg, hohe, schlanke Baumstämme und das goldene Herbstlicht – perfekt. 2020 dagegen bin ich deutlich mehr gewandert – und darüber erfahrt Ihr bald mehr.

Kirchen in und um Neualbenreuth

Außerdem gibt es rund um das Dorf einige sehenswerte Kirchen. Sie erreicht man entweder, wenn man ein guter Wanderer ist – oder man leiht sich eben Fahrräder beziehungsweise E-Bikes, beispielsweise in der Touristeninformation am Marktplatz, die in einem für die Region typischen Fachwerkhaus untergebracht ist.  Und dann geht’s los – zum Beispiel nach Leonberg. Dort in der Kirche gibt es einen so genannten Arkanthusaltar. Er ist typisch für diese Region. Man erkennt diese spezielle Altarform daran, dass ein sehr filigraner Rahmen rund um das Altarbild geschnitzt wurde, das wie Zweige und Blätter aussieht. Die Leonberger Kirche feiert 2023 ihr 300-jähriges Jubiläum, und bis dahin wird sie noch renoviert, erzählt mir Johann Burger, der seit Mai 2014 Bürgermeister in dem Dorf ist. Eine weitere Besonderheit zumindest dieser Kirche: Vorne sitzen die Kinder, Frauen und Männer sitzen weiter hinten getrennt, auch den Bürgermeister trifft man hier regelmäßig. 

Zwischen Leonberg und Neualbenreuth gibt es noch die Allerheiligenkirche, eine Einsiedelei im Wald. Sie ist in der Regel geschlossen, aber durch ein Fensterchen hat man einen guten Blick in den Innenraum. In Wernersreuth gibt es außerdem die Dorfkirche mit ihrem trutzigen Turm. Sie war eine Wehrkirche, in der die Bevölkerung in schwierigen Zeiten Schutz bekam. Sehr interessant sind dort die Fenster mit abstrakten Motiven, die ich in der Oberpfalz eher nicht vermutet hätte. Gemacht wurden sie in der Glashütte Lamberts in Waldsassen. Von dort kam übrigens auch das Material für das Richter-Fenster im Kölner Dom. Und dann gibt es natürlich noch die Kirche am Marktplatz in Neualbenreuth mit der Lourdes-Grotte.

Das Sibyllenbad

Hauptattraktion des Ortes ist jedoch das Sibyllenbad. Und nicht nur das: Aufgrund des Heilbades darf sich das Dorf seit November auch Bad Neualbenreuth nennen. Das Besondere am Sibyllenbad sind die vielen medizinischen Anwendungen und die Radonbäder. Übrigens gibt es hier auch die Aktivwochen der Betriebskrankenkassen. Allerdings kommen auch Touristen zur Wellness ins Sibyllenbad. Denn sie finden dort eine ganze Menge Entspannungsmöglichkeiten. So ist bei jedem Besuch der Eintritt in den orientalischen Tempel enthalten. Dort folgt der Ablauf einer strengen Zeremonie: Aufwärmen und aufweichen, sich mit einem speziellen Handschuh abrubbeln, danach einseifen und ausruhen. Zwischen den drei Stufen nimmt man sich ebenfalls Zeit, um zu ruhen und sich mit lauwarmem Wasser zu begießen. Dabei wird die Temperatur des Körpers erhöht, und dadurch wird das Immunsystem angekurbelt, erklärt mir Barbara Bannert, die im Sibyllenbad für Marketing zuständig ist. 

Doch es gibt noch mehr zu entdecken: Ruheräume, die nur wenigen Leuten Raum gewähren – somit ist dafür gesorgt, dass es wirklich ruhig bleibt. In einem dieser Räume riecht es sogar nach frischgebackenem Brot – weil im Ofen in der Ecke ein Laib langsam erwärmt wird. Es gibt acht Saunen – unter anderem eine wohlriechende Heusauna, einen Kneipp-Kieselgang und ein Teehaus. Bannerts Tipp: „Kommen Sie besser nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, da ist es bei uns sehr voll. In der Adventszeit hat man von Montag bis Donnerstag die meiste Ruhe.“ 

Burnout Prävention im Wald und mit Lamas und Ziegen

Bad Neualbenreuth bietet Gästen aber noch mehr, um einfach mal abzuschalten. So können Besucher mit der Waldgesundheitstrainerin Beate Ott ins Grüne gehen. „Dabei verbringt man gut drei Stunden im Wald“, erklärt sie. Allerdings versucht man in dieser Zeit nicht etwa, möglichst viele Kilometer zurückzulegen, sondern vielmehr, die Stille zu genießen. „Waldbaden“, wie das Erleben des Waldes mit allen Sinnen zur Gesundheitsvorsorge im Japanischen heißt, soll sich besonders gut zur Prävention von Burnout eignen. Auch meditative Spaziergänge und Spaziergänge zum Gedankenaustausch werden regelmäßig angeboten.

Das Landschloss Ernestgrün setzt außerdem auf einen Biopark, in dem man Mikro-Abenteuer in und mit der Natur erleben kann. Dazu hat Sabine Lagies, Hoteldirektorin, unter anderem zwei Biologen eingestellt, die aus Düsseldorf und Troisdorf kommen: Ekaterina Pikalov hatte zufällig die Stellenanzeige gesehen, als sie gerade in Spanien war. Wegen der Corona-Krise gab es kein persönliches Vorstellungsgespräch, geklappt hat es trotzdem: Sie ist direkt von dort vor kurzem nach Bad Neualbenreuth gekommen. Ekaterina leitet den Biopark und ist zuständig für alles, wie sie selbst sagt. Ihr Kollege Manuel Thelen beschreibt sich selbst als Wald- und Wiesenbiologe. Und auch ihm ist der Wechsel vor wenigen Wochen von NRW nach Bayern überhaupt nicht schwer gefallen. „Ich habe hier schon mehr Insekten und andere Tiere gesehen, als in sechs Jahren in Nordrhein-Westfalen“, sagt er.

Im Biopark bietet das Team, das aus insgesamt fünf Leuten besteht, beispielsweise Lama-Trekking im Wald an. Das soll sehr beruhigend sein, versichern mir die Experten. Ebenso wie Yoga am Wasserfall oder im Kreis von freilaufenden Ziegen. Hotelgäste können sich außerdem natürlich die Tiere anschauen – oder sogar beim Stallausmisten helfen. Das sei bei Stadtleuten besonders beliebt, versichert mir Ekaterina. Das Angebot des Hotels richtet sich zwar in erster Linie an Hotelgäste. Sollten aber in den Kursen Plätze frei sein, können natürlich auch Touristen daran teilnehmen, die in anderen Unterkünften schlafen. Zu Restaurants und Unterkünften lest Ihr bald mehr.

Wie kommt man nach Bad Neualbenreuth?

Wie fast immer war ich ohne Auto unterwegs. Von Köln aus ist es sehr weit nach Bad Neualbenreuth. Da ich aber in Bayreuth war, habe ich einfach einen Tag ans Wochenende angehängt. Von Bayreuth fährt man in etwa einer Stunde mit dem Zug nach Marktredwitz. Von dort geht es mit dem Baxi weiter, das ist ein Rufbussystem, mit man auch bequem die Umgebung erkunden kann. Bahncard-Inhaber bekommen Rabatt auf die Fahrt. Die muss übrigens vorher telefonisch angemeldet werden, somit ist man natürlich nicht ganz so flexibel wie mit dem Auto. Aber: Man kommt auch so ganz gut rum.

Wer mit dem Auto unterwegs ist, kann natürlich auch Tagesausflüge ins Umland machen: Neben Bayreuth ist auch Bad Steben ganz interessant – dort gibt es ebenfalls ganz erholsame Therme. Mödlareuth ist spannend, weil das Dorf früher durch die innerdeutsche Grenze getrennt war. Die Grenzanlagen kann man sich heute noch ansehen. Etwas länger dauert die Fahrt nach Neumarkt in der Oberpfalz. Dort gibt es jedoch auch schöne Wanderwege und einen hübschen Stadtkern. Was es noch alles zu entdecken gibt in der Region könnt Ihr im Buch Neualbenreuth und die Euregio Egrensis nachlesen, das Susanne Wenzel geschrieben hat. Sie hält Euch außerdem in ihrem Blog auf dem Laufenden.

Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Ich war auf Einladung von Bad Neualbenreuth in dem Ort. Die Kosten für die Übernachtung und Verpflegung sowie der Eintritt ins Sibyllenbad wurden vom Veranstalter und seinen Kooperationspartnern getragen. Die Kosten für die Anreise haben wir selbst getragen.

Dieser Artikel ist vom November 2019. Er wurde im Juni 2020 aktualisiert.

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