Nordpfalz: Besuch im Weingut Karl Heinz Gaul

Der grüne Gaul. Foto: Anja Zimmer

Grünstadt-Sausenheim ist ein winziger Ort – um nicht zu sagen ein Nest – mit etwas mehr als 2000 Einwohnern in der Nordpfalz. Dort gibt es Wein, und der ist gar nicht mal schlecht. Kulinarisch ist die Nordpfalz interessant, weil es dort viele Sternerestaurants gibt. Und touristisch reizen die verwinkelten Örtchen und (Wein-) Wanderwege, wie der Pfälzer Weinsteig oder der Burgenwanderweg. Hier ist außerdem das Weingut Karl Heinz Gaul.

Karoline und Dorothee, die „Gaul Sisters“, leiten das Weingut seit zehn Jahren und in der vierten Generation. Und „gar nicht mal schlecht“ wäre hier eine echte Untertreibung. Die beiden sind hochambitioniert und mutig. Vor allem aber vermitteln sie, dass Weinmachen Spaß macht. Das ergibt eine interessante Mischung, die sich auch in dem einen oder anderen Wein wiederfindet. 

Bei meinem Besuch erwarten mich die Schwestern im Hof. Vorbei geht es am „Gäulchen“, einer grünen Pferdeplastik, die den Eingang zum Hof markiert. Ursprünglich ein Geburtstagsgeschenk für die Mutter, hat sich das Tier mittlerweile zum Markenzeichen der Schwestern gemausert. Es findet sich auf der Rückseite jeder Weinflasche. 

Weingut Karl Heinz Gaul: Farbenlehre auf dem Etikett

Überhaupt die Weinflaschen. Wo andere Gutshof und Weinberg abbilden, komplizierte Hanglagen erklären oder schlechte Witze machen, geht es bei den Gaul Sisters ganz puristisch zu. Einfarbige Etiketten, je nach Qualität des Weines, von grün für den Gutswein über grau und bronze zu gold für das „Zugpferd“, dem „ganzen Stolz“ der Schwestern. Und na klar, je edler die Farbe, um so teurer der Wein. Klingt ganz einfach, hat aber schlaflose Nächte gekostet, erzählt mir Karoline Gaul. Denn ein bisschen Sorge hatten sie schon, ob das der richtige Weg ist. Mir gefällt es. Und fotogen sind die Flaschen allemal.

Sekt Rosé brut 2017

Unsere Verkostung startet mit einem Sekt. Ich habe mir einen Rosé ausgesucht. Eigentlich bin ich kein Fan von rosa Blubberwasser, meist ist es mir zu erdbeerig und oft zu süß. Hier dachte ich, mache ich mal eine Ausnahme. Denn Karoline Gaul hatte mir erzählt, dass ihre Weine „von Säure gesegnet“ sind und eher mineralisch-puristisch ausgebaut werden. Tatsächlich, der Sekt ist weit weg vom Klischee des typischen „Mädchen-Rosés“. 100 Prozent Spätburgunder, zwei Drittel davon im Holzfass ausgebaut, 18 Monate auf der Hefe gelegen: Er hat schöne Aromen entwickelt. Ein bisschen Quitte, ein bisschen Brioche, dabei knochentrocken mit nur 2,9 Gramm Restzucker. Deshalb steht auf der Flasche auch „brut“. 

Vom trockenen Sekt und lieblichen Wein

Brut heißt bei einem Sekt, dass er bis zu 12 Gramm Restzucker haben kann. Und das liegt im Bereich eines trockenen Weines, da sind bis 9 Gramm erlaubt. Wer dagegen einen trockenen Sekt kauft, ist schon ziemlich süß unterwegs. Da sind 17 bis 32 Gramm Restzucker möglich. Auch hier noch mal der Vergleich zum Wein: Da wären wir dann in der Kategorie „lieblich“ (18 bis 45 Gramm Restzucker). Die Sektbranche hat dazwischen noch eine weitere Kategorie geschaffen, „extra trockener Sekt“ mit 12 bis 17 Gramm Restzucker. Das ist deutlich süßer als der Name suggeriert. Bei Wein wären wir hier eher im Bereich von „halbtrocken“. Verwirrend? Ja. Daher hier eine Übersicht.

Grün: Scheurebe trocken 2020

Zurück zum Wein und der viel einfacheren Farbenlehre der Gaul-Sisters. Ich starte bei der Farbe Grün. Zu meiner Freude finde ich eine Scheurebe im Regal. Sie wird leider nicht mehr so oft angebaut, ich bin aber ein echter Fan dieser Rebe. Sie gehört zu den sogenannten Bukettsorten, also den intensiv duftenden, besonders aromatischen Trauben. Die Gaul Sisters bauen sie trocken aus, mit knackiger Säure. So kommen selbst Riesling-Fans auf ihre Kosten. Der Weinberg ist noch jung, erst 2017 gepflanzt, der Wein entsprechend frisch. Ich finde ihn lecker und denke gleich an Essen. Der Tag ist ja schon fortgeschritten. Vor meinem inneren Auge erscheint eine asiatische Gemüsepfanne. 

Die verkosteten Weine. Foto: Anja Zimmer

Grau: Schwesterherz, Weißwein Cuvée trocken 2020

In der Kategorie Grau habe ich mich für Schwesterherz entschieden, weil mir der Name gefiel. Dabei handelt es sich um eine Cuvée, also eine Mischung aus verschiedenen Rebsorten. Ganz konkret sind das hier Riesling und Gewürztraminer, zwei sehr unterschiedliche Trauben. „So unterschiedlich wie wir Schwestern“, sagt mir dazu Karoline Gaul. „Wir haben einfach genommen, was wir selbst gerne trinken.“ Und tatsächlich, diese Hochzeit funktioniert trotz unterschiedlicher Charaktere. Blumig mit Zitrusnoten, das passt. 

Bronze: Sausenheimer Hütt, Riesling trocken 2020

Um auch mal etwas Typisches für die Region zu nehmen, kommt in der Kategorie Bronze ein Riesling aus der Lage Sausenheimer Hütt ins Glas. Das ist ein leichter Südhang mit Blick über den Ort. Angepflanzt wurde er 1995, wir sprechen also über nicht mehr ganz junge Reben. Entsprechend dicht ist auch der Geschmack, würzig, ein bisschen Pampelmuse. Und, wie bei den meisten Weinen der Gaul-Sisters mit ganz viel Mineralik. Als Riesling-Fan kann ich dem viel abgewinnen. 

Gold: „i.G.“ Sausenheimer Honigsack, Spätburgunder 2018

Zum Schluss noch ein Highlight. Eines der drei „Zugpferde“ des Weinguts Karl Heinz Gaul ist ein Spätburgunder vom Sausenheimer Honigsack. Der 2017er hatte den dritten Platz beim Deutschen Rotweinpreis der Fachzeitschrift VINUM gewonnen. Auch der 2018er Jahrgang kann sich sehen lassen. Kühl, elegant, ich schmecke ein bisschen Vanille und Wiesenkräuter. Und irgendwie bilde ich mir ein, auch den Kalkboden zu schmecken. Das hat Potenzial, solo, aber auch zum Essen. Jetzt denke ich nicht mehr an Gemüsepfanne. Rindersteak würde passen, mit Pfeffer, vielleicht etwas Kräuterbutter und Zuckererbsen. 

Restauranttipps in der Nähe des Weinguts Karl Heinz Gaul

Alte Pfarrey in Neuleiningen

Schwarz Restaurant in Kirchheim

Weinstube Weinreich in Freinsheim

Karoline Gaul

Weingut Karl Heinz Gaul: Verkostungsraum wie ein Borg Kubus aus Star Trek

So ungewöhnlich wie die Gaul-Sisters ist übrigens auch ihre Vinothek, ein orangeroter Kubus aus Cortenstahl. Sie wurde in diesem Jahr von Merian zu den 30 Besten in Deutschland gewählt. Die Idee dazu ist auf einer Weinprobe mit einem guten Kunden, dem Architekten Professor Bernhard Focht, entstanden. Der malte gleich einen Entwurf auf die Rückseite der Probierliste. Nicht überliefert ist, wieviel Wein vorher verkostet wurde. 

Mein Fazit: Wer Lust auf innovative und mutige Weine mit klarer Stilistik hat, ist auf dem Weingut Karl Heinz Gaul richtig. Nicht zu viel Frucht und Opulenz, stattdessen eher feingliedrige und mineralische Weine aus dem kühleren Norden der Pfalz. 

Kaufen kann man die Weine der Gaul-Sisters im Internet, direkt beim Weingut. In Köln kann man sie in der Weinbar Dreizehn von Axel Daniel probieren. Und in Berlin ist Wein von Eisen ein guter Ansprechpartner.

Hinweis im Sinne des Pressekodex: Ich habe eine Kiste Wein kostenlos vom Weingut zur Verkostung bekommen.

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