Zugegeben, es ist etwas verwirrend: Die Oberpfalz liegt nämlich nicht, wie ich in absolutem Unwissen vermutete, in Rheinland-Pfalz, sondern im Osten von Bayern. Nürnberg ist mit der S-Bahn nur eine halbe Stunde von Neumarkt in der Oberpfalz entfernt, Regensburg ist nicht weit. Ist man erst einmal da, stellt sich die Frage, in welchem Bundesland man eigentlich ist, sowieso nicht mehr: Zwar war Neumarkt nach dem Krieg zumindest in der Altstadt zu 90 Prozent zerstört, aber der Aufbau ist traditionell erfolgt. Dementsprechend sieht es dort aus, wie man sich Bayern als NRWler eben so vorstellt: Kleine, bunte Häuschen, viele Blumenkästen und -kübel, Springbrunnen, Bilderstöckchen und Kirchen. Es ist super-sauber. Und über all dem spannt sich bei unserem Aktivwochenende im Mai ein knallblauer Himmel. Wir kommen uns vor wie im Süden – wo wir ja genau genommen auch sind.
Neumarkt: eine Straße voller Leckereien
Neumarkt in der Oberpfalz hat mit rund 39.000 Einwohnern nicht einmal halb so viele wie der Stadtteil Köln-Ehrenfeld, in dem wir leben. Hier ist eben alles eine Nummer kleiner. Darum ist es auch überhaupt kein Problem, vom Bahnhof bis zum Hotel am anderen Ende der Altstadt zu Fuß zu gehen: Die Strecken sind hier kurz. Unser Weg führt uns direkt durch die Hauptachse der Stadt, die Obere Marktstraße, die nach dem Rathaus zur Unteren Marktstraße wird. An dieser Straße gibt es sehr viele Cafés, Bäckereien und viele kleine Geschäfte. Wir setzen uns nach der dreistündigen Zugfahrt ins Café der Sinne, das zur Konditorei Wittl gehört. Sie gibt es schon seit 30 Jahren, und die langjährige Erfahrung im Konditorenhandwerk schmeckt man in meiner Erdbeertorte. „Eine französische“, nennt die Bedienung sie, und gefüllt ist sie mit Joghurt und Pudding.
Was uns als Großstädter sofort auffällt: Man kennt sich in Neumarkt. Überall gehen Menschen aufeinander zu, begrüßen sich, reden kurz miteinander, bevor sie weitergehen. Unser Weg führt uns Richtung Hotel an der Touristeninfo vorbei. Eigentlich wollen wir nur kurz wissen, wie man wohl am besten auf die Burgruine hoch über dem Örtchen kommt, aber wir verlassen das Infozentrum mit einem Stapel voll Papier und guter Tipps. Unsere anschließende Ortsbegehung führt uns zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Ort: das Münster St. Johannes, das Schreiberhaus von ungefähr 1430, der Pulverturm und am Reitstadel vorbei.
Museen in Neumarkt in der Oberpfalz
Gleich zwei ungewöhnliche Museen gibt es in Neumarkt in der Oberpfalz auf wenigen Metern. Leider kann man das Bayrische Metzgerei- und Weißwurstmuseum nur nach Voranmeldung und erst ab zehn Personen besichtigen. Das scheidet also für uns zwei aus. Aber das Maybachmuseum einige Meter weiter ist auch für Individualreisende zugänglich. Dort stehen rund 20 Maybach-Autos, die in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut worden waren. Die Besitzer haben sie in 45 Jahren gesammelt, immer während ihrer Urlaube. Einige haben sie sogar selbst noch bis Neumarkt gefahren, andere auf dem Hänger mitgebracht. Es ist ein Wagen aus Sankt-Petersburg dabei und einer aus Budapest, einige waren auch eine Zeit lang in Köln.
Ein Wagen ist knallrot – und zwar, weil er nach dem Krieg als Wagen für die freiwillige Feuerwehr im Einsatz war, bevor er gut 50 Jahre vergessen in einer Scheune stand. Da Maybachmotoren auch in Zeppelinen verbaut worden waren, findet man im Museum auch einiges zu den Luftfahrtschiffen. Leider ist das Fotografieren im Museum nur gegen Geld erlaubt. Darum habe ich darauf verzichtet.
Natur und Kultur in Neumarkt in der Oberpfalz
Im Sommer gibt es auf dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau jede Menge Kultur – und vieles davon ist kostenlos. Wir gehen auf den Tipp der Dame in der Touristeninfo abends zum Konzert der Big Band Seelos und freuen uns über Musik von Udo Jürgens, Amy Winehouse und Glen Miller. Einige Mutige schwingen sogar das Tanzbein auf der großen runden Fläche in der Mitte der Open-Air Bühne. Andere sitzen lieber am Rand und trinken Bier, Wein oder wie wir einen Cocktail. Noah Barcatering will keine Drinks von der Stange anbieten. Im Angebot haben sie an diesem Abend darum Helmut mit Rum, Orangina und Sangriageschmack und Mrs. Mapple mit Gin, Ahorn und Aprikose.
Übrigens ist der LGS-Park, wie das Gelände heute heißt, auch bestens geeignet für eine Laufrunde: Wir sind dort am Sonntagmorgen unterwegs und ziehen den Ludwig-Donau-Main-Kanal in die Strecke mit ein. Das ist sehr ruhig, sehr grün und sehr idyllisch.
Neumarkt: Wandern zur Burg und zur Wallfahrtskapelle
Aus der Tourismuszentrale haben wir auch eine Broschüre mit sechs Wanderungen rund um Neumarkt mitgenommen. Wir entscheiden uns für eine Kombination aus Wanderung 3, der Mariahilf-Schlaufe, und Wanderung 4, der Neumarkter Biervielfalt. Sie führt uns von unserem Hotel an der Ecke Nürnberger Straße/Dammstraße erst gut 30 Minuten durch den Ort. Dann geht es steil den Berg hinauf bis zur Burgruine Wolfstein. Sie ist aus dem 12. Jahrhundert und heute ein beliebtes Ausflugsziel. Auch Hochzeitsfotos werden hier oben gerne gemacht, denn der Panoramablick übers Tal ist ein toller Hintergrund. Dann orientieren wir uns an der Zeugenbergrunde und gelangen so zur Wallfahrtskirche Mariahilf. Von hier führen uns viele Treppenstufen wieder hinunter in den Ort. Am Ende haben wir etwa 3 Stunden gebraucht und waren gute zehn Kilometer unterwegs.
Übernachten in Neumarkt in der Oberpfalz
Reisehummel, ein Vermittler von Kurzreisen, hatte uns ins Park Inn by Radisson in Neumarkt eingeladen. Das war ein echter Glücksgriff, denn das Hotel ist noch ziemlich neu und dementsprechend chic. Davon abgesehen habe ich von den anderen Gästen nur beim Frühstück etwas mitbekommen – ansonsten war es einfach ruhig. Weil wir es dort so nett fanden, haben wir einmal im zugehörigen Restaurant gegessen. Mir hat besonders gut gefallen, wie die traditionelle Weißwurst hier als Burger mit Emmentaler und Senf angeboten wurde. Den Spargel-Wildkräutersalat als Vorspeise hätten wir übrigens in der gelieferten Größe niemals für den selben Preis in Köln bekommen.
Ganz nett war auch die Sauna mit der Dachterrasse. Allerdings konnten wir beides nur kurz genießen: Eine Zecke hatte sich in mir festgebissen. Und da Neumarkt Risikogebiet für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist, musste ich dementsprechend zum Arzt. Der Vorteil kleiner Orte sind die kurzen Wege – und so haben wir auch den ärztlichen Notdienst kennen gelernt. „Es ist ein Zeckentag“, sagte die Frau an der Rezeption nur kopfschüttelnd, und gut 30 Minuten später war ich das Viech erfreulicherweise wieder los.
Anfahrt nach Neumarkt in der Oberpfalz
Nach Neumarkt in der Oberpfalz kommt man erstaunlich gut mit dem Zug. Von Köln aus zum Beispiel mit dem ICE bis Nürnberg. Dort steigt man in die S-Bahn und fährt noch 30 Minuten. Auf dem Rückweg sind wir so gefahren, dass wir in Nürnberg noch gut eineinhalb Stunden Zeit hatten – ausreichend für eine kurze Tour durch die Altstadt und den Kauf von Lebkuchen, geräucherten Würsten und Bärlauchbrot.
Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Reisehummel hat die Kosten für das Hotel samt Frühstück übernommen. Die An- und Abreise haben wir mit unseren gesammelten Bahnkilometern bezahlt. Das sonstige Essen sowie den Eintritt ins Museum haben wir natürlich selbst bezahlt.
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