Regensburg: Stadtführung mit Geschichte zum Anfassen

Regensburg von der Donau aus
Regensburg von der Donau aus

Unbedeutend zu sein, das kann  von großem Vorteil sein. Zumindest war es für das bayrische Regensburg aus heutiger Sicht ein echter Glücksfall, im zweiten Weltkrieg so unwichtig zu sein, dass die Stadt kaum bombardiert wurde: Nur etwa 15 Prozent Regensburgs waren nach dem Krieg zerstört, erfahre ich bei einem geführten Stadtrundgang. Erhalten ist bis heute dafür eine mittelalterliche Altstadt mit trutzigen Bürgerhäusern und so genannten Patrizierburgen. Mit ihren Türmen waren sie einst ein Zeichen für Wohlstand. Rund 60 davon gab es im Mittelalter, 20 sind es heute noch. Kein Wunder, dass die Regensburger Altstadt UNESCO Weltkulturerbe ist.

Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten

Allerdings stehen die meisten Türme leer: Zu aufwändig wäre es, einen modernen Feuerschutz einzubauen – und Treppen will heute auch kaum jemand steigen. Die großen Häuser und übriggebliebenen Türme werfen an warmen Sonnentagen ihre Schatten auf die schmalen Gassen mit Kopfsteinpflaster. Durch sie zu schlendern, ist eine Sache. Eine andere ist es, in die alten Häuser hineinzugehen. Nehmen wir das Rathaus, ebenfalls gebaut wie eine Patrizierburg, mit seinem gelben Uhrturm: Dort findet man im Erdgeschoss eine Präzisionswaage aus dem Mittelalter. Sie schlägt sogar aus, wenn ein wenige hundert Gramm schweres Handy aufgelegt wird. Früher wog man hier natürlich andere Dinge: Pfeffer, Gold, Silber, Seide und Salz. Waren also, mit denen die Handelsstadt Regensburg reich geworden war.

Regensburg – Besuch bei Gloria

Neben der Waage ist eine hölzerne Zelle mit metallenen Handfesseln. In denen warteten diejenigen auf ihr letztes Stündlein, die zum Tode verurteilt waren. In dem hölzernen Gitter ist ein breiterer Raum ausgespart – gerade groß genug, um eine Hand hindurch zu schieben und ein letztes Mal seine Liebsten zu berühren. Zum Glück, so sagt unsere Stadtführerin, sind diese Strafen jedoch nur zweimal pro Jahr angeordnet worden. Häufiger standen Bürger in Regensburg am Schandpranger, der heute nur noch ein leichtes Frösteln bei den Besuchern hervorruft. Das gilt auch für die finsteren Löcher im Boden, die der Isolationshaft dienten. Auch die Folterkammer ist noch gut erhalten mit ihren angsteinflößende Gerätschaften, die Knochen und Glieder schmerzhaft streckten. Fragstatt hieß die Folterkammer übrigens, denn dort wollte man eigentlich Geständnisse hören, niemanden töten. Sonst hätte man ihn gleich zum Tod durch den Henker verurteilen können.

Steigt man über die ausgetretenen Stufen des Regensburger Rathauses nach oben, steht man im ehemaligen Tanzsaal des Gebäudes. Dort etablierte sich ab 1663 der immerwährende Reichstag. Dabei ging es unter anderem um Gesetze und die Frage, wer sie erlassen durfte. Und es ging um die Sicherung der Grenzen und wie diese bezahlt werden sollte. Da der Kaiser nicht immer anwesend sein konnte, bestimmte er einen Vertreter. Er hieß mit Nachnamen Thurn und Taxis. So kam das Adelsgeschlecht in die Stadt. Das Schloss der Thurn und Taxis, mitten in der Stadt, zieht noch heute Besuchermengen an. Als wir am Samstagmorgen um 10 Uhr, bei Öffnung der Museumskasse unsere Eintrittskarten kaufen, steht eine Schlange von etwa 20 Leuten hinter uns. Die meisten wollen allerdings eine Führung durchs Schloss machen. Uns reicht der Besuch der Schatzkammer mit ihrem silbernen Geschirr, vielen funkelnden Kästchen und noch mehr Kutschen aus vergangener Zeit.

Zukünftige Attraktionen

Speziell bei schönem Wetter lohnt sich übrigens auch die Fahrt mit dem Boot über die Donau. Von dort hat man bei einer 45-minütigen Rundfahrt einen schönen Blick auf den Dom und die Stadt links und rechts des Flusses. Natürlich fährt man auch unter der Steinernen Brücke hindurch, die Regensburg mit dem Stadtteil Stadtamhof verbindet. Sie ist die älteste erhaltene Brücke Deutschlands und Wahrzeichen Regensburgs.

Wer mehr Zeit hat, kann eine längere Fahrt bis zur Walhalla machen. Das ist eine Gedenkstätte für bedeutende deutsche Persönlichkeiten. Auf dem Weg dorthin kommt man übrigens an einer großen Baustelle vorbei: Direkt am Ufer entsteht das Museum der bayrischen Geschichte, das 2018 eröffnen soll. Dann, wenn der Freistaat sein 100jähriges Bestehen feiert. Einige Minuten später erahnt man eine weitere Baustelle hinter einigen Bäumen: Dort entsteht im Regensburger Osten neben einem neuen Wohnviertel auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofs und einer Zuckerfabrik ein Konferenzzentrum für gut 750 Besucher. Auch neue Hotels sollen dort speziell für Geschäftsreisende entstehen. Sie können die Arbeit mit dem Besuch der Regensburger Sehenswürdigkeiten verbinden und nach den geschäftlichen Terminen entspannt entlang der Donau in etwa 15 Minuten in die Altstadt schlendern. Nach der Eröffnung sollen außerdem häufiger Busse in die Altstadt fahren.

Meine Tipps für Regensburg

  • Morgens gegen zehn hat man die Sankt Emmeram Basilika neben dem Schloss der Thurn und Taxis noch für sich alleine.
  • Auch die Fußgängerzone und das Donauufer sind um diese Zeit noch recht ruhig – zumindest am Wochenende. Es lohnt sich, dann unterwegs zu sein. So geht man den vielen Besuchern und dem sonst üblichen Trubel in der Fußgängerzone besser aus dem Weg.
  • Wer Regensburg von oben sehen will, muss entweder das Brückenmuseum besuchen oder auf den Turm der Dreieinigkeitskirche steigen. Dort kann man draußen um den Turm herumgehen. Die Kirche sieht oft geschlossen aus, ist aber in der Regel von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Wer im Brückenmuseum ist, kann das Weltkulturerbezentrum nebenan besuchen. Der Eintritt ist frei. Man lernt dort an multimedialen Stationen einiges über die Geschichte der Stadt.
  • In Regensburg gibt es viele kleine Läden, die nicht zu großen Marken gehören: Dort kann man Seife kaufen, Hüte und allerlei Tand. Darum sollte man sicherheitshalber Zeit für eine Shoppingtour einplanen.

Ich war auf Einladung der Regensburg Tourismus GmbH in der Stadt, die meine Unterkunft sowie einige Essen bezahlt hat, die Stadtführung und die Bootstour.

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