Wochenendtrip nach Fulda: Barock ist überall

Der Dom im Fackelschein
Orangerie
Orangerie

Nein, der Kölner Dom gefällt ihr überhaupt nicht. Zu hoch, zu dunkel, zu gotisch, zu minimalistisch. Die Dame, die mir den Weg durch das Stadtschloss in Fulda weist, bevorzugt helle Räume, viel Gold, Pomp – Barock eben. So wie Fulda ist, sowohl im Schloss, als auch im Dom und an noch ganz vielen anderen Orten. Sie schwärmt mit solcher Inbrunst vom Dom in Fulda, dass ich dorthin eile. Aber erst, nachdem ich meine Runde durch den Grünen Saal, den Spiegel- und den Marmorsaal hinter mir habe. Jeder Raum ist anders, und jeder scheint noch ein bisschen mehr aufgelegt zu haben als der vorige: Die Decken sind bemalt, der Boden ist aus feingemustertem Parkett, an den Wänden hängen Bilder in groß und klein. Und im Spiegelsaal weiß man vor lauter Licht, Spiegeln und Funkeln gar nicht mehr, wohin man zuerst schauen soll.

Allerdings ist im Verhältnis zur Größe des Schlosses nur ein winziger Teil zu sehen. Denn in den anderen Räumen sitzt die Stadtverwaltung von Fulda. Im Prinzip eine gute Idee: So braucht man kein weiteres großes Gebäude, und so ein Schloss zu restaurieren und in Schuss zu halten, das wäre auch ziemlich teuer. Für Besucher hat diese Lösung auch einen Vorteil: Man braucht keinen halben Tag einzuplanen, um die historischen Räume zu besichtigen – und bekommt doch eine ganze Menge aus deren ursprünglichen Zeit mit.

Fulda: Kirchen im Überfluss

Beschwingt überquere ich nach etwa einer Stunde im Schloss die Straße und folge dem Tipp der Dame aus dem Museum. Direkt schräg gegenüber steht der Dom, aber es ist der Blick in einen Garten, der mich zuerst fesselt: In strenger Geometrie mit Bäumen, Hecken und einem Haus ist dort ein Wasserbecken zu sehen, der Garten, der zum Dommuseum gehört. An einigen erstaunlich modernen Kunstwerken und historischen Funden vorbei führt der Weg dorthinein. Es gibt viele Bilder, Kirchensilber und Gewänder.

Direkt neben dem Eingang führt eine schmale Tür in den Dom, rechts geht es Richtung Haupteingang, links kommt man in die Gruft und weiter in eine der vielen kleinen Kapellen. Ja, ich kann die Museumsfrau verstehen, als ich in der Holzbank sitze und um mich schaue: So ein weiß gestrichener Dom mit viel Licht, in dem alles eher rund als hoch ist, das hat schon auch etwas. Übrigens – falls Euch die Kirche an den Petersdom in Rom erinnert: Das ist kein Zufall, sondern vom Bauherren durchaus so geplant gewesen.

Oder in den Dahliengarten

Direkt rechts neben dem Dom ist übrigens die Michaelskirche, eine weitere der angeblich rund 100 Kirchen in und um Fulda. Das Besondere an ihr: Sie ist eine der ältesten Kirchen Deutschland, aus dem Jahr 819. Und aus dieser Zeit sollen sogar die Wandmalereien stammen. Fotografieren darf man dort nicht, schließlich handle es sich um ein Gotteshaus und nicht um eine touristische Sehenswürdigkeit, lautet die Argumentation. Trotzdem ist die Kirche für Touristen sehenswert: Der Altar steht dort anders als in anderen Kirchen in einem runden Raum, der von Säulen gesäumt ist. Außerhalb der Säulen gibt es einen Stuhlkreis für die Besucher.

Links vom Dom ist der Dahliengarten, der speziell zur Blüte ein echtes Highlight für Blumenfreunde ist. Hier findet man Dahlien in allen Farben und interessanterweise auch Formen. So gibt es beispielsweise die Hirschgeweihdahlie, deren Blüten etwas angefressen aussehen, und bei näherer Betrachtung tatsächlich einem Hirschgeweih ähneln.

In der Altstadt und im Barockviertel

Überall in der Stadt findet man übrigens Schilder, die ins Barockviertel weisen. Ich frage eine echte Fuldaerin und einen zugezogenen Fuldaer, ob das Barockviertel denn identisch mit der Altstadt sei. Oh ja, beteuern beide. Doch die Schilder sprechen eine andere Sprache. Ist man nämlich in der Altstadt, zeigt der Pfeil Richtung Barockviertel noch 700 Meter nach rechts. Das irritiert mich, also beschließe ich, jemanden zu fragen, der es wissen muss. In diesem Fall ist das die Internetseite von Fulda. Und siehe da: Das Barockviertel ist rund um den Bonifatiusplatz: Schloss, Dom und noch einige andere Gebäude. Aber eben nicht die Altstadt mit ihren hübschen Fachwerkhäusern.

Fulda mal anders entdecken

Wem die typischen Spaziergänge an einem Städtetripwochenende nach Hessen zu langweilig sind, der kann Fulda auch ganz anders entdecken:

Segways-Tour mit Geschichtsinformationen

Mit Marion ist eine Segways-Tour möglich. Dabei erfährt man einiges über unterirdische Gänge, getötete Babys, die genau durch diese Gänge zwischen Männer- und Frauenklöstern erst möglich wurden, und Hexenverbrennungen. Davon abgesehen war es für mich das erste Mal auf einem solchen Gerät, und die ersten Minuten waren ganz schön wackelig. Darum ist eine Trainingseinheit vor dem Tourstart schon nötig: Gas gibt man, indem man das Körpergewicht nach vorne verlagert, man bremst, wenn man das Gewicht auf die Fersen nimmt. Und lenken kann man, indem man die Lenkstange mit den Griffen nach links und rechts schiebt.

Mir persönlich geht es an einigen Stellen zu schnell. Und in der Stadt zu fahren, macht deutlich weniger Spaß, je mehr Verkehrsteilnehmer dort unterwegs sind: Autos, Fußgänger, Fahrradfahrer – das ist nicht immer einfach. Sind dann in der eigenen Gruppe noch Leute, die keinen Abstand halten, kann eine Segway-Tour stressig werden. Mein Tipp darum: Sucht Euch eine Tour, die möglichst früh beginnt, oder nicht direkt durchs Zentrum führt. Übrigens: Ein Segway kostet ungefähr ab 3000 Euro. Andere Marken sind günstiger, manche Modelle teurer. Nur für den Fall, dass Ihr Euch einmal gewundert habt, warum die Teilnahme an einer Tour nicht für einen Apfel und ein Ei zu bekommen ist.

Fackelführung durch Fulda

Bei einer Führung am frühen Abend wird’s wild-romantisch: Im Schein von Fackeln gehen wir durch den Schlossgarten. Dabei haben wir eine ganze Menge über die Zeit von Johann Dientzenhofer erfahren. Er ist der Bauherr des Fuldaer Doms. Und hat auch das Stadtschloss gebaut, die Fassade des Stifts Neumünster in Würzburg und das Kloster Banz bei Bamberg. Mir sind allerdings weniger die historischen Fakten im Kopf geblieben als einige Kuriositäten, die unserer Führerin in historischer Tracht aus der Zeit des Dombauherrn berichtet.

So trug man damals Flohfallen beispielsweise an einem Band um den Hals. Das sind schmale, lange Hüllen mit kleinen Löchern. Innen ist ein in Ochsenblut gebadetes Tuch eingelegt, das die Flöhe anziehen soll. Saugen sie sich am Ochsenblut voll, kommen sie nicht mehr aus der Hülle heraus, und können abends entsorgt werden. Und falls Ihr Euch schon einmal gewundert habt, warum manche Menschen beim Halten eines Glases den kleinen Finger abspreizen: Ihn hat man früher benutzt, um Senf auf Fleisch zu streichen. Und weil man den Senf nicht aufs Glas schmieren wollte, spreizte man ihn eben ab. So eine Fackelführung ist übrigens auch nicht ohne, denn gerade in Gruppen kann einem das offene Feuer oder die abfallende Glut schon einmal nahe kommen.

Laufend durch Fulda

Auch ganz ohne Führung und Segway könnt Ihr Fulda auf andere Art und Weise entdecken: Zieht die Laufschuhe an. Wenn Ihr durch das Paulustor lauft, und dann über die Alfred-Dregger-Allee oder den Park rechts davon, wird es sehr steil. Doch von oben, unterhalb des Klosters Frauenberg, habt Ihr einen wundervollen Blick auf die Stadt und das Umland. Folgt Ihr dem Weg weiter, kommt Ihr auf den Kreuzweg. Ihr könnt Euch an den Stationen orientieren – im Prinzip sieht man immer schon bis zur nächsten, bis man am Ende auf einem Hügel mit Kreuzen und steinernen Bänken mitten im Wald herauskommt.

Runter geht es sowohl schneller als auch einfacher. Da das aber eine sehr kurze Runde ist, bin ich noch in den Schlosspark gelaufen. Er führt an einem Wasserbassin entlang ein gutes Stück nach hinten. Ich bin dort einen inneren und einen äußeren Kreis gelaufen und alles in allem auf etwa 5,5 Kilometer bei winterlichen 0 Grad an einem Septembermorgen gekommen. Meine Strecke könnt Ihr Euch auf Komoot ansehen.

Bei gutem Wetter spielen hier übrigens durchaus ab und zu Musikgruppen auf den Treppen vor der Orangerie.

Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Das Maritim Hotel hat die Übernachtung und die Verpflegung für mich von Freitagabend bis Sonntagmorgen übernommen. Es hat außerdem die Kosten für die Segwaytour und die Fackelführung bezahlt. Ich habe die Anfahrt sowie die Eintritte in die Museen selbst bezahlt und Freitagmittag und Sonntagmittag auf eigene Kosten gegessen.

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