Gewusst? Schon seit über 25 Jahren kann man mit dem Zug nach London fahren. Mittlerweile auch mit konkurrenzfähigen Reisezeiten und attraktiven Preisen. Der große Vorteil: Man kommt im Herzen der Stadt an und muss nicht noch von Flughafen wieder in die Stadt pendeln.
Noch einmal schnell vor dem Brexit mit Freunden im Januar nach London. Das war der Plan. Normalerweise beginnt meine Reiseplanung mit der Flugsuche. Doch schnell kam die Idee auf, mal die Zugverbindungen anzusehen. Und siehe da: Köln-London mit Umsteigen in Brüssel, rund 80 Euro für die einfache Fahrt, Reisezeit etwa 5 Stunden. Wenn man das mit dem Flug vergleicht, dauern das Einchecken, die Kontrollen, der Flug und vor allem die Weiterfahrt vom Flughafen in die Stadt genau so lange. Außerdem wollte ich schon immer mal durch den Eurotunnel, wie die 1994 eröffnete Unterquerung des Ärmelkanals heißt. Dort fahren die Autotransporter-Züge „Le Shuttle“ nur zwischen Calais und Folkestone und die Hochgeschwindigkeitszüge Eurostar, die Paris und Brüssel mit London verbinden.
Also entschieden wir uns für die Zugverbindung mit dem ICE und dem Eurostar. Grundsätzlich ist das auch eine gute Sache. Man hat es etwas bequemer als im Flugzeug, muss sich um Flüssigkeiten im Handgepäck keine Gedanken machen, und man sieht ein bisschen mehr von der Landschaft. Die Fahrkarten nach London kann man übrigens auf der Webseite der DB man ab jedem deutschen Bahnhof kaufen. Es gibt auch den Sparpreis und Super Sparpreis Europa.
Nie die Rechnung ohne die Bahn machen
Ich sagte noch vor der Abfahrt zu meiner Reisebegleitung: „Mal schauen, was sich die Bahn für eine Überraschung für uns ausgedacht hat.“ Meine Reisebegleitung beschwichtigte. Außerdem habe ich eigentlich gutes Bahn-Karma: Große Verspätungen, Zugausfälle und ähnliches Unbill, über die in sozialen Netzen und Feuilletons beinahe täglich berichtet wird, habe ich sehr selten erlebt. So stiegen wir frohen Mutes um kurz nach halb acht morgens im Kölner Hauptbahnhof in den ICE, der aus Frankfurt kam und uns nach Brüssel bringen sollte. Brüssel ist nämlich immer Umsteigestation, durchgehende Züge von Deutschland aus gibt es nicht. Dazu gleich mehr.
Wir hatten es uns gerade gemütlich gemacht und die Lektüre ausgepackt als es eine Durchsage gab: „Verehrte Fahrgäste, aufgrund einer technischen Störung kann der Zug nicht weiterfahren. Bitte steigen Sie alle aus, der nächste ICE nach Brüssel fährt in zwei Stunden.“ Da war sie nun, meine Überraschung. Die Störung stellte sich als Türstörung heraus, was dazu führte, dass sich auch die Türen des Zugs nicht mehr öffnen ließen. Es mussten alle den Zug durch ein paar Türen verlassen, bei denen das Personal die Notentriegelung aktiviert hatte.
Also einmal ins Reisezentrum und die Zugbindung aufheben lassen. Eine neue Reservierung für den ICE konnte man uns nicht geben und für den Eurostar mussten wir uns in Brüssel weiterhelfen lassen. Nach zwei Kaffee und zwei Stunden Warten der nächste Versuch. Und siehe da, der nächste ICE fuhr pünktlich und war gar nicht so überfüllt wie befürchtet. Ohne weitere Störungen ging es in etwas weniger als zwei Stunden nach Brüssel-Midi.
Eurostar: Kontrollen auch ohne Brexit
In Brüssel muss man immer Umsteigen, wenn man mit dem Eurostar nach London will. Und hier ist es doch ein bisschen wie am Flughafen. Als erstes zeigt man seine Fahrkarte und bekommt einen Boarding Pass. Dass wir wegen des ersten Zugausfalls einen späteren Zug nehmen mussten, war kein Problem, im Zug waren genug Plätze frei. Ansonsten geht Eurostar fahren nämlich nur mit Platzreservierung.
Dann kommt eine Sicherheitskontrolle. Man hievt sein ganzes Gepäck aufs Band und geht selber durch den Metalldetektor. Im Anschluss kommen zwei Passkontrollen. Denn auch ohne Brexit war Großbritannien nie Mitglied des Schengener Abkommens und hat schon immer kontrolliert, wer ins Land reist. Daher schauen zuerst belgische, dann britische Beamte den Ausweis an und danach steht man genauso wie am Flughafen in einem Duty-Free-Shop und kann sich mit Alkohol, Parfum und belgischen Spezialitäten eindecken. Wobei ich das Angebot preislich nicht überzeugend fand. Schließlich landet man im Warteraum, wo es noch ein kleines Café gibt.
Die ganzen Kontrollen in Brüssel sind übrigens der Grund dafür, dass man spätestens 30 Minuten vor Abfahrt des Eurostars da sein muss, besser eine Stunde, falls die Schlangen länger sind.
Ebenfalls 30 Minuten vor Abfahrt beginnt das Boarding, vorher kann man nicht mal auf den Bahnsteig. Der Zug steht leer bereit, und da jeder einen reservierten Platz hat, ist das Einsteigen sehr entspannt.
Der Eurostar ist ein alter Bekannter
Wenn man den Eurostar betritt, kommt einem regelmäßigen ICE-Fahrer doch einiges bekannt vor. Zwar sind die Sitze anders, ansonsten erinnert alles stark an den ICE. Kein Wunder, die Züge sind vom selben Hersteller und das Grundmodell ist das gleiche. Es gibt noch ein weiteres Eurostar-Modell, das auf dem französischen TGV basiert.
Endlich auf nach London
Pünktlich verließ der Eurostar Brüssel, hielt irgendwann noch im nordfranzösischen Lille und auf einmal war es draußen dunkel. Sehr lange, denn die Fahrt durch den Eurotunnel dauert gut 20 Minuten. Natürlich denkt man dabei daran, dass nun über einem Unmengen an Wasser sind und man tief unter dem Meeresgrund dahin rast, andererseits: das machen jeden Tag tausende Menschen, kein Grund zur Sorge.
Irgendwann ist auch wieder Licht vor dem Fenster und man ist in Südengland. Ein weiterer Stopp in Ebbsfleet an der Themse, dann geht es nochmal in einen vergleichsweise kurzen Tunnel und danach ist man mitten in London. Knapp zwei Stunden nach Abfahrt in Brüssel verlassen wir den Eurostar in London St. Pancras. Der Zug war sogar zehn Minuten früher als geplant da.
In London kann man den Bahnhof auch nicht einfach so verlassen, sondern muss vom Bahnsteig erst noch durch ein kleines unterirdisches Labyrinth, das an der Zollkontrolle vorbeiführt und schließlich in der Bahnhofshalle endet. Es führt nur ein Weg nach draußen, einfach den Massen folgen.
Als bekennender Smartphone-Junkie möchte ich noch anmerken, dass man die ganze Fahrt im Eurotunnel durchgehend Handynetz hat, teilweise sogar LTE.
In London weiterkommen
Der Londoner Bahnhof St. Pancras, an dem die Eurostar-Züge ankommen und abfahren, liegt sehr zentral. Direkt nebenan liegt der nächste große Bahnhof King’s Cross, an der gleichnamigen Underground-Station verkehren sechs U-Bahn-Linien und vor der Tür halten mehr als ein Dutzend Buslinien. In wenigen Minuten ist man an jedem Punkt der Innenstadt.
Das Londoner Nahverkehrssystem funktioniert komplett bargeldlos. Man braucht entweder eine Oyster-Card, die auf Guthabenbasis funktioniert und an jedem Automaten aufgeladen werden kann. Ganz modern verwendet man einfach eine drahtlos funktionierende Kreditkarte. Damit wird der Preis der Fahrkarte direkt abgebucht. Bei beiden Methoden gilt: Wer den Preis einer Tageskarte erreicht, zahlt auch nur diesen. Derzeit kostet eine Einzelfahrt in der Stadt mit der Underground 2,40 Pfund. Das entspricht im Januar 2020 ungefähr 2,80 Euro. Die Tageskarte kostet 7,20 Pfund, so ist die vierte Fahrt schon kostenlos.
Tipp: Die Underground ist schnell, aber gerade zur Rush Hour teilweise so überfüllt, dass in den Stationen die Eingänge gesperrt werden. Bei einer Fahrt mit den weltberühmten roten Doppeldeckerbussen sieht man naturgemäß wesentlich mehr und die Einzelfahrt ist außerdem günstiger. Sie kostet nur 1,50 Pfund.
Mein Fazit
Mit dem Zug nach London zu fahren ist eine gute und klimaschonende Möglichkeit, auch eine klassische Flugzeugstrecke zu bewältigen. Nur mit der DB muss man klar kommen, daher würde ich für den ersten Tag nicht zu viel Programm planen.
Was man in London alles so anstellen kann, erfahrt Ihr in unseren anderen London-Beiträgen.