Auf dem Hunnenrücken, Unter Fettenhennen oder Im Ferkulum: Bei einigen Kölner Straßen wundere ich mich immer wieder über ihre Namen. Wenn man das Kölner Straßennamen-Verzeichnis durchgeht, findet man davon ziemlich viele. Ich habe eine ausgedehnte Tour durch die Altstadt-Nord und -Süd gemacht, und mich ehrlich gesagt manchmal ein bisschen amüsiert. Der Vorteil dieser Stadtwanderung: Du kommst auch gleich an vielen der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt vorbei.
Wir beginnen in der Spiesergasse. Der Spieser hat nichts mit dem Spießer zu tun. Es geht hier also nicht um den kleinlichen Bürger, sondern entweder um einen Berg im Allgäu oder um einen Menschen, der Spieser hieß. Die Spiesergasse verläuft parallel zum Hohenzollernring. Wir folgen ihr Richtung Norden und kommen so über den Gereonswall zum Klingelpützpark. Dort ist auch die gleichnamige Straße. Der Name Klingelpütz soll sich zusammensetzen aus dem Nachnamen „Clingelmann“, den ehemaligen Besitzern eines dortigen Geländes, und Pütz. „Pütz“ ist das kölsche Wort für Brunnen. Auf dem Grundstück der Clingelmanns soll es nämlich Brunnen gegeben haben.
Straßennamen, die Rätsel aufgeben
Von dort gehen wir durch die Cordula- und die Eintrachtstraße bis zum Eigelstein. Dort geht die Straße „Unter Krahnenbäumen“ ab. Möglicherweise kommt der Name vom mittelalterlichen Wort „Cranenboym“, was „Wacholderbusch“ bedeutete. Wir gehen den Eigelstein entlang, unter den Gleisen hindurch, die Treppe hinab und parallel zur Ursulastraße. Wir überqueren die Straße an der Kreuzung mit der Tunisstraße. Dann geht rechts die Straße „Auf dem Hunnenrücken“ ab. Die Hunnen waren ja ein ostasiatisches Nomadenvolk, aber wen sie auf ihren Rücken durch Köln trugen, habe ich leider nicht herausgefunden.
Am Ende der Straße gehen wir links, dann wieder rechts zurück auf die Tunisstraße. Sie überqueren wir und kommen so auf die Straße „Unter Sachsenhausen“. Dieser Straßenname hat nichts mit dem KZ der Nazis zu tun. Vielmehr gab es im Mittelalter hier eine Straße, die „Unter Sechzehnhäusern“ hieß. Daraus wurde wohl irgendwann „Sachsenhausen“. Hier sind wir übrigens im Kölner Bankenviertel. Wir folgen der Straße bis zum Hauptbahnhof. Durch ihn hindurch erreichen wir den Breslauer Platz. Dort gehen wir rechts, und sofort durch die Unterführung zurück. Jetzt sind wir an der „Kostgasse“. Sie hieß früher Kotsgasse. Der Name klingt heute nicht mehr schön, hat aber nicht unbedingt etwas damit zu tun, dass sich dort die Leute immer übergeben haben. Der Name leitet sich von „Kut“ ab, dem mittelalterlichen Wort für Innereien. Kein Wunder: Hier sollen früher die Metzger die Überreste verarbeitet haben.
Mittelhochdeutsch prägt viele Straßennamen
Nach der Unterführung gehen wir links, unterhalb des Doms vorbei durch eine weitere Unterführung und dann in die Bechergasse. Kommt sie am Alter Markt an, biegen wir rechts ab. Die nächste rechts heißt „Unter Taschenmacher“. Früher soll sie „Rindshuderen“ geheißen haben, also „Rindshäutern“ – die Lederverarbeiter. Wir gehen weiter bis zur Straße „Am Hof“, dann links. So kommen wir am Roncalliplatz vorbei – der nicht nach dem Zirkus, sondern nach einem Papst heißt – bis zur Hohe Straße. Rechts ist bald der Wallraffplatz. Die schmale Gasse am WDR vorbei heißt „Unter Fettenhennen“. Hier soll einst eine Brothalle gewesen sein. An den Resten des Brotes mästeten sich die Hühner. Eine andere Legende sagt, es habe hier eine Wirtschaft gegeben, die „Zo der Hennen“ hieß.
Wir gehen zurück zur Hohe Straße und dann immer geradeaus bis zur Brückenstraße. Ihr folgen wir, bis links die Herzogstraße abgeht. So kommen wir an der Streitzeuggasse vorbei. Dieser Straßenname ist recht schwierig auszusprechen, finde ich. „Streitzeug“ war Belagerungswerkzeug – und vielleicht wurde es einst dort hergestellt. Am Ende der Herzogstraße biegen wir rechts in die Schildergasse ein. Am Neumarkt geht es links und über die Straße. So kommen wir zur Fleischmengergasse. Ein Menger arbeitete im Mittelalter in der Lebensmittelbranche. „Menger“ bedeutet auch „Händler“ oder „Mischer“. Und ein Fleischmenger war dann möglicherweise eine Art Metzger.
Manche Straßennamen erzählen Geschichte
Wir gehen am Neumarkt entlang, biegen links ab in die Straße „Im Laach“, gehen dann rechts bis zum „Marsilstein“ und wieder links in die Straße „Am Rinkenpfuhl“. So kommen wir zum Mauritiuskirchplatz, den wir nach der Kirche schräg überqueren. Durch die Huhnsgasse erreichen wir so die „Große Telegraphenstraße“. Dort in der Nähe war einst ein optischer Telegraph, wie es ihn in Köln-Flittard noch gibt. Nach ihm sind die Große und die Kleine Telegraphenstraße benannt. Die Straße entlang kommen wir zur Neue Weyertsraße. Hier gehen wir links. Die Straße überqueren wir an der Fußgängerampel. Dort stehen wir mitten auf dem Rothgerberbach. Ein Gerber macht aus Tierhaut Leder.
Wir folgen dem Rothgerberbach bis zur Pantaleosnstraße, gehen links in die Waisenhausgasse, links ins Martinsfeld und wieder rechts. So kommen wir zur Straße „Vor den Siebenburgen“. Das ist ein sehr hübscher Straßenname, aber ich habe leider nichts zu seiner Bedeutung gefunden. Wir gehen rechts und rechts durch die Waisenhausgasse zurück. Sie führt uns zum Perlengraben. Ursprünglich hieß sie Pellergraben, und ein Peller war ein Kürschner, also jemand, der Pelze verarbeitet. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Perlengraben am Rothgerberbach ist. Wir überqueren die Kreuzung zum Blaubach. Dort wurde früher blau gefärbt.
Kreuz und quer durch die Altstadt
Unser Weg geht auf der anderen Straßenseite weiter: Wir nehmen die Treppe nach oben, gehen rechts und dann links in die Bachemstraße. Am großen Griechenmarkt gehen wir rechts, dann links auf der Neuköllner Straße, wieder rechts in die Agrippastraße und dann links auf der Straße „Krummer Büchel“. Es soll früher eine Ritterfamilie mit Namen Büchel gegeben haben. Büchel kann auch wie Buchel die Frucht der Buche sein. Rechts durch die Sterngasse kommen wir zur Hohe Straße und folgen ihr nach links bis wir zur Straße „In der Höhle“ kommen. Zu diesem Namen habe ich leider auch nichts gefunden. Eine Höhle ist dort jedenfalls nicht.
Durch die Passage erreichen wir den Quatermarkt. Ihm folgen wir bis zur Gürzenichstraße. Dort ist die Straße „Kleine Sandkaul“. „Kaule“ bedeutet so viel wie „Grube“ oder „Loch“. Aber ob sich hiervon der Straßenname ableitet, konnte ich nicht herausfinden. Wir gehen die Gürzenichstraße links weiter, dann rechts in die Martinstraße und weiter bis zu den Obenmarspforten. Die Marspforte war wohl ein römisches Stadttor. Über den Marsplatz kommen wir zum Seidenmacherinnengäßchen. Sehr schön: Die Straße hieß früher „Seidenmachergäßchen“. Irene Franken wies jedoch 1986 nach, dass nur Frauen diesen Beruf ausgeübt hatten. Und so bekam das Gässchen die weibliche Form in den Namen.
Gelebtes Mittelalter in der Altstadt
Wir gehen einige Meter über den Alter Markt, rechts durch die Hühnergasse bis zum Heumarkt und immer weiter bis wir die Straße Buttermarkt erreichen. Einige Meter zurück ist rechts die Salzgasse – in diesem Viertel wurde eben früher gehandelt. Wir sind im Herz der Altstadt. Rechts geht es auf den Rothenberg – der kein Berg ist – und über den Eisenmarkt. Hier geht noch die Faßbindergasse ab – ein weiterer Berufszweig in früheren Jahren. Am Ende des Eisenmarkts geht es links in die Markmannsgasse, hinunter zum Rhein und rechts unter der Deutzer Brücke hindurch. Dann geht es wieder rechts zum Heumarkt, über die Kreuzung in die Straße „Am Malzbüchel“. So erreichen wir den Filzengraben und den Mühlenbach. Es ist möglich, dass dort früher Textilien hergestellt wurden. Wir folgen dem Mühlengraben bis zum Waidmarkt. Aus Waid wurde Farbe hergestellt, um Kleidung zu färben.
Weiter durch die Altstadt-Süd
An der Einsturzstelle des Stadtarchivs geht es jetzt mitten in die Altstadt-Süd. Durch die Severinstraße kommen wir zur Löwengasse und halten uns dort links. Unter der Abfahrt der Severinsbrücke hindurch erreichen wir jetzt die letzten lustigen Straßennamen auf dieser Tour. Da ist die Kleine Witschgasse. Ein ausgesprochen lustiger Name, finde ich. Das Wort „Witsch“ scheint viele Ursprünge zu haben – mir scheint keiner richtig zu passen. Durchs Sionstal unterqueren wir die Severinsbrücke und gehen danach rechts. So kommen wir wieder auf die Severinstraße. Ihr folgen wir nach links bis zur Straße Im Dau. Ein Dau ist ein zweimastiger Segler, wie man ihn beispielsweise vor der Küste Sansibars sieht. DAU steht auch für „Dümmster anzunehmender User“. Aber irgendwie passen beide Erklärungen nicht zu dieser Straße. Und ich habe nicht mehr darüber gefunden.
Wir folgen der Straße, gehen über den Spielplatz, durch die Josephstraße rechts erneut auf die Severinstraße und links, wenn wir die Straße Hirschgäßchen erreicht haben. Sie führt uns ans Ziel, zur Straße „Im Ferkulum“. Ein Fericulum war ein Gestell, mit dem Bauern ihren Zehnt zum Lehnsherrn brachten.
Kennt Ihr andere lustige Straßennamen in Köln? Und vielleicht auch deren bedeutung? Dann hinterlasst gerne einen Kommentar.