Natürlich weiß man das als Kölner: In den Veedeln im Süden wohnen die Reichen. Was das genau bedeutet, versteht man aber erst, wenn man in Köln-Marienburg eine kurze Stadtwanderung unternimmt. Dabei beginnt die Tour noch recht bescheiden: Steigt man an der Haltestelle Heinrich-Lübke-Ufer aus und geht den Militärring entlang, kommt man zunächst am Zwischenwerk VIIIb mit Festungsmuseum vorbei. Dort war ich vor Jahren einmal. Irgendwann, wenn die Corona-Pandemie vorbei ist, möchte ich mich dort auf jeden Fall nochmals näher umschauen.
Rechts geht dann die Leyboldstraße ab. Und ein Blick auf die Bebauung links der Straße zeigt, was man hier erwarten darf: Hohe Zäune mit Sichtschutz. Schaut man durch die Lücken, sieht man parkähnliche Gärten und große Häuser. Spätestens, wenn man links in die Lindenallee biegt, sieht man, dass man in einem von Kölns reichstem Stadtviertel ist: Es ist auffallend, wie viele sehr hohe Hecken und dichte Zäune es dort gibt. Ein kurzer Blick auf die Briefkästen ist auch ausgesprochen interessant. Denn dort stehen oft keine Namen, manchmal aber immerhin Initialen. Auffallend sind außerdem die Hinweise an Gartentoren und Häusern auf private Sicherheitsdienste sowie die vielen Jaguars und Minis, die durch die Straßen fahren. Menschen sieht man dagegen eher selten. Umso merkwürdiger ist es, dass ich mich während unserer Stadtwanderung durch Marienburg die ganze Zeit beobachtet fühle.
Fremde in Köln-Marienburg – oh Schreck!
Fast schon lustig ist in diesem Zusammenhang, dass wir zweimal angesprochen wurden. Als wir nicht sicher waren, in welche Richtung wir weitermüssen und darum aufs Handy schauten, fragte uns ein älterer Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite, ob er uns weiterhelfen könne. Ich hatte das Gefühl, er hielt uns für Einbrecherpärchen, das die Lage ausbaldowert.
Das zweite Mal werden wir ein gutes Stück später angesprochen: Dazu biegen wir von der Lindenallee kommend rechts in die Rondorfer Straße ab. Sie führt zum Südpark. Ihn durchquert man und kommt so wieder auf die Leyboldstraße. Wer dann links in die Lindenallee abbiegt, kommt, wenn er sich dort rechts hält, in die Parkstraße. Monopoly lässt grüßen – dort ist die Marienburg. Eine Frau mit Hund sprach uns vor dem zugehörigen Tor an: Die Villa gehörte der Familie Gerling, also den Gründern der gleichnamigen Versicherung. Die Frau wusste einiges über das Haus – beispielsweise, dass im ehemaligen Schwimmbad ein Konferenzraum ist. Und, so sagte sie uns, falls wir auf der Stadtwanderung des Stadtanzeigers durch Marienburg seien – der sei nicht gut recherchiert. Waren wir aber gar nicht.
Über die Kastanienallee, die Marienburger Straße und einige Schlaufen bis zum Bayenthalgürtel und zurück kommen wir am Ende zur Oberländer Werft am Rhein. Dort gehen wir stadteinwärts bis zur Haltestelle Bayenthalgürtel. Auf Wikipedia könnt Ihr nachlesen, welche Villen vom wem gebaut beziehungsweise bewohnt wurden. Früher war hier beispielsweise das argentinische Konsulat, ein Tabakfabrikant oder der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel lebte dort.
Auf Komoot kannst du meinem Spaziergang folgen.
Was mir in Köln-Marienburg aufgefallen ist
- Außer der Marienburg gibt es weitere recht spannende Architektur in Marienburg: Architektenhäuser genauso wie andere geschichtsträchtige alte Bausubstanz. Kann man durch die Gartentore sehen, erkennt man häufig sehr lange Zufahrten zu den Häusern. Manchmal gibt es zum Haupthaus im Vordergrund noch weitere neben- oder Hinterhäuser auf dem Grundstück. Es handelt sich also oft eher um Anwesen.
- Es gibt ausgesprochen wenig Infrastruktur in Marienburg: eine Apotheke, ein Italiener, ein Büdchen an einer Bushaltestelle. Früher fuhr dorthin eine Straßenbahn. Das zeigen zumindest die Gleise in der Straße an. Aber einen Anschluss ans Netz haben sie nicht mehr.
- Zwei Kirchen gibt es im Viertel – was ich erstaunlich viel dafür finde, dass Marienburg eher klein ist.
- Und dann gibt es erstaunlich viele Heilpraktiker, esoterische Praxen und Yoga-Anbieter.
Zahlen, Daten und Fakten zu Marienburg
In Marienburg lebten laut Informationen der Stadt Köln 2019 7301 Einwohner*innen. Seit 2000 ist die Zahl der Einwohner*innen gestiegen – wie übrigens fast im gesamten Bezirk Rodenkirchen, zu dem Marienburg gehört. Zum Vergleich: In Zollstock, einem Veedel, das ebenfalls zum Bezirk Rodenkirchen gehört, waren es 23.346.
In Marienburg ist der größte Anteil der Bevölkerung in der Altersgruppe 35 bis 59 Jahre. Das Durchschnittsalter liegt bei 42,7 Jahren. Pro Quadratkilometer leben dort 2.396 Menschen. Im ebenfalls zu Rodenkirchen gehörenden Bayenthal waren es 8.015. Der Erholungsflächenanteil liegt bei 23 Prozent. Zum Vergleich: In Immendorf, ebenfalls einem Rodenkirchner Stadtteil, liegt er bei 0,8 Prozent. In Marienburg leben 99 verschiedene Nationen. Zum Vergleich: In Mülheim sind es 142.
Mein Fazit: Die Nähe zum Rhein ist toll. Aber Köln-Marienburg empfinde ich als steril und tot. Dort wollte ich wirklich nicht wohnen.
- Stadtbezirk: Rodenkirchen
- Entfernung zum Dom: Ungefähr sechs Kilometer
- Vom Hauptbahnhof zu erreichen: Mit der Linie 16 und dann zu Fuß in etwa 36 Minuten
- Sehenswürdigkeiten: Villen, Ford VIIIb
- Besonderheiten: Sehr hohe Hecken und Zäune
- Grünflächen: Rheinufer, Südpark