150.000 LED-Lämpchen erleuchten derzeit nach Anbruch der Dunkelheut den Rudolfplatz in Köln. Dort steht nämlich wie seit vielen Jahren ein Weihnachtsmarkt. Allerdings kann man schnell feststellen, dass es nicht irgendein Weihnachtsmarkt ist: „Wir haben 2018 zum fünften Mal ein Dorf nachgebaut“, erklärt Franz Hansel, der sich um die Abläufe des Weihnachtsmarkts und um die Pressearbeit kümmert. Das Nikolausdorf hat zwei Eingänge: An dem Eingang zum Platz hängt hoch über den Köpfen Rudi, der Elch, der eigentlich op kölsch singt und spricht. „Die Besucher lieben ihn“, versichert Franz Hansel. Leider war Rudi sehr schweigsam, als ich ihn mit der Kölner Journalisten-Vereinigung bei einer Führung besucht habe.
Nicht nur ein Markt, sondern ein ganzes Dorf
Im Dorf gibt es auch Sitzbänke und niedrige Straßenlaternen mit mehreren Armen – und natürlich wie in jedem Ort eine kleine Kirche. Dort ist eine Krippe aufgebaut. Auf einem Monitor kann man sich in den Kirchenbänken sitzend die Weihnachts- und die Nikolausgeschichte ansehen. Die Tannen, die im Dorf aufgestellt sind, haben Wurzeln und werden nach Weihnachten wieder in die Erde gepflanzt, so Hansel. Selbstverständlich gibt es auch ein Gasthaus: Es steht direkt an der Hahnentorburg und hat – „einmalig in Köln“, sagt Franz Hansel – einen zweiten Stock mit einem Kaminzimmer. Dort sitzt man vor Kälte und Regen geschützt und kann in Ruhe seinen Glühwein trinken. Und weil das Dorf auf dem Rudolfplatz dem Nikolaus gewidmet ist, gibt es für den bekannten Herren mit dem roten Mantel und dem dicken weißen Bart auch ein eigenes Haus: Dort basteln den ganzen Tag über Kinder.
Wie ein Weihnachtsmarkt nach Köln kommt
In Köln gibt es 2018 etwa 20 Weihnachtsmärkte, wenn man die ganz kleinen in den Veedeln mitzählt, die nur aus einigen wenigen Buden bestehen. Ausgeschrieben werden von der Stadt jedoch nur vier: Der Markt am Dom, am Heu- und am Neumarkt sowie am Rudolfplatz. Für letzteren wurde die Vergabe für die Jahre 2019 bis 2023 in diesem Jahr erneut ausgeschrieben. Der Bewerbungsprozess ist jedoch schon seit dem Sommer geschlossen.
Für die Märkte, die von der Stadt ausgeschrieben werden, gibt es strenge Auflagen, so Hansel. Beispielsweise sind nur 15 Prozent der Tresenflächen für Gastronomie wie Glühwein und Wurst vorgesehen. „Und jeder Stand muss mindestens ein biozertifiziertes Produkt anbieten“, sagt Franz Hansel. Der Veranstalter, das ist beim Nikolausdorf Rico von der Gathen, ist darum erstens auf der Suche nach passenden Anbieter*innen, zweitens muss er auch sicher sein, dass die Anbieter*innen genug verkaufen, um ihre Standmiete bezahlen zu können. Schließlich trägt der Veranstalter das finanzielle Risiko. Möglicherweise ist auch darum die Fluktuation bei den Anbietern eher gering: „Sie liegt auf dem Nikolausmarkt pro Jahr bei etwa zehn Prozent“, sagt Hansel.
Kölner Weihnachtsmärkte
Während die Touristen aus Belgien, den Niederlande, Frankreich oder England, die vor allem am Wochenende kommen, meisten die großen Märkte besuchen, zieht es die Kölner*innen immer häufiger zu den kleineren Märkten. Obwohl ich eigentlich kein Freund der Weihnachtsmärkte bin, war ich in diesem Jahr bereits auf fünf Märkten:
- Bumann & Sohn/Ehrenfeld: Sehr klein, ich mag ihn gern. Es werden zum Beispiel Teppiche aus Recyclingmaterialien aus Portugal verkauft, Pulled Gans oder Bilder mit Sinnsprüchen. Ich habe Feinschmeckerpfeffer gekauft. Und der Bio-Glühwein ist sehr lecker!
- Chlodwigplatz: Nur wenige Büdchen. Mich hat nicht angesprochen, was dort verkauft wird.
- Heavenue: Den Brunnen finde ich nicht besonders gelungen, und mit halbnackten Männern und Frauen als Dekoelementen kann ich nicht viel anfangen. Aber der Glühwein war ganz in Ordnung.
- Nikolausdorf: Ist mir meistens zu voll. Es gibt aber einen Stand, an dem man große und sehr leckere Kokosmakronen kaufen kann. Der Glühwein ist okay.
- Rheinauhafen: Es gibt qualitativ eher hochwertige Dinge. Ich habe dort einen marokkanischen Tee gekauft, meine Begleitung Senf aus Monschau. Ein asiatischer Künstler bietet auf dem Markt Kalligraphie an, und es gibt viel Schmuck.
Hier bekommt Ihr den Überblick über die Kölner Weihnachtsmärkte.
Was man als Besucher*in des Nikolausdorfes nicht im Blick hat
Wer ins Nikolausdorf kommt, freut sich über die Kulisse und den Glühwein. Ihn trinkt man im Nikolausdorf übrigens aus Nikolausstiefeln, auf denen die Paragrafen des Kölschen Grundgesetzes zu lesen sind. Was man dabei vielleicht nicht im Blick hat, ist die Arbeit, die mit einem solchen Markt verbunden ist. So kommen zehn Tage vor dem eigentlichen Beginn 45 Sattelschlepper, die das Dorf anliefern. Es steht innerhalb von zwei Tagen, die Dekoration braucht acht weitere Tage. Der Abbau muss in nur vier Tagen abgeschlossen sein. Im Sommer lagern die Häuschen dann auf der Schääl Sick, wo sie unterjährig ausgebessert werden. Nachdem es im ersten Jahr so viel geregnet hat, hat der Veranstalter in überdachte Tische investiert, die auch 2018 von Besuchern gut frequentiert werden.
Auch die Aussteller selbst haben gut zu tun: Marianne verkauft Grünkohl mit Mettwurst. Dafür ist sie ab neun Uhr morgens in ihrer Bude. Die Kartoffeln bekommt sie geschält und geschnitten geliefert, aber den Grünkohl macht sie selbst – mit Zwiebeln und allen wichtigen Gewürzen. Wichtig: Der Grünkohl darf nicht anbrennen. Darum rührt sie ihn den ganzen Tag. Am gegenüberliegenden Dorfende gibt es gebrannte Mandeln. Hier hat man fünf verschiedene Nüsse und 14 Mandeln im Angebot – zum Beispiel mit Kokosflocken, weißer Schokolade oder Zimt.
Jeder Satz Mandeln hat sieben bis acht Kilo und muss 15 Minuten im Kessel gebrannt werden. Brennt er zu lang, hat man einen ungenießbaren Klumpen aus Zucker und Mandeln. Außerdem siebt die Anbieterin jeden Satz zweimal, um ein Zuviel an Zucker zu vermeiden. Auch hier ist es wichtig, das Produkt warm zu halten, denn sonst klebt es zusammen. Darum stehen die Mandeln auf Heizflächen. Nachts werden sie mit einer speziellen Folie abgedeckt, um Feuchtigkeit abzuhalten.
Optimales Wetter im Nikolausdorf gibt es kaum
Für die Besucher*innen wird der Weihnachtsmarktbesuch erst dann so richtig perfekt, wenn es schneit. Das passiert in Köln höchst selten. Und falls es versehentlich doch einmal geschieht, ist der Veranstalter in Alarmstimmung: Er haftet nämlich, wenn jemand auf dem dann oft rutschigen Boden ausrutscht. Darum muss er beim Weihnachtsmarktlieblingswetter ständig räumen. Noch schlimmer ist allerdings Regen: „Er ist der Tod eines jeden Weihnachtsmarktes“, sagt Franz Hansel. Wenn’s ganz schlimm kommt, helfen selbst die überdachten Tische nicht mehr. Dann fehlen einfach die Besucher*innen – und damit die Einnahmen. Denn Weihnachten hin und Romantik her: Auch das Nikolausdorf ist ein Wirtschaftsbetrieb.
Zum Weiterlesen
O du Schmierige (welt.de)
Weihnachtsmarkt in Köln: Ermittlungen gegen Betreiber des Nikolausdorfs eingestellt (Kölner Stadtanzeiger)
Kölner Weihnachtsmärkte: So viel zahlt und verdient eine Glühweinbude (Kölner Stadtanzeiger)
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