Was hat eigentlich Düsseldorf, was Köln nicht hat? Diese Frage habe ich mir in den vergangenen Wochen gleich mehrfach gestellt: Denn in der Landeshauptstadt haben sowohl ein Ruby Hotel, als auch ein Max Brown und ein Hotel Henri eröffnet. In Köln dagegen gibt es gefühlt jeden Monat ein neues Motel One. Nicht falsch verstehen: Ich mag Türkis, ich mag die Motel Ones und bin sogar be One-Mitglied. Aber um ehrlich zu sein: Wenn ich die Wahl habe zwischen einem immer gleich aussehenden Hotelzimmer und einem, das Überraschungen für mich bereit hält, dann entscheide ich mich für Letzteres. Dementsprechend wundert es mich schon, dass es in Düsseldorf so viel mehr stylishe Hotels als in Köln gibt.
Hotel Henri in Düsseldorf ist eine Erinnerung an die 1970er Jahre
Sabrina Seibold, Hotelmanagerin im Hotel Henri am Düsseldorfer Wehrhahn, hat darauf eine mögliche Antwort: „Der Hotelmarkt in Düsseldorf ist interessant: Es gibt viele Messen und große Veranstaltungen. Außerdem sitzen hier viele Firmen, und darum gibt es viele Geschäftsreisende“ – das hat Köln allerdings auch alles. Außerdem sei der Markt noch nicht gesättigt, sagt sie. Und, das ist möglicherweise das wichtigste Argument:“Düsseldorf ist schon immer geprägt durch kleinere, familiäre Hotels und weniger durch große Ketten“. Hier reiht sich das Hotel Henri mit 79 Zimmern, die Studios heißen, ein.
Das Besondere: Das Hotel ist in einem Gebäude aus den 1970er Jahren, das gut zwei Jahre kernsaniert wurde. „Nur die Säule in der Lobby ist geblieben“, sagt Sabrina Seibold. „Selbst die Fassade ist neu gemacht“. Tatsächlich hätte ich nicht gedacht, dass das Gebäude, in dem früher eine Versicherung und später ein Bettenlager waren, eine so lange Geschichte hat. Um ihr Tribut zu zollen, ist das Henri heute im Stil der 1970er Jahre hergerichtet: „Bunt, aber auch gemütlich. Es sollte nicht zu schrill werden“, erzählt Sabrina Seibold.
Das Konzept wird bis ins letzte Detail durchgezogen. Heißt: Auch die Angestellten kleiden sich im Stil der Zeit. Im Henri trägt die Dame an der Rezeption eine elektroblaue Hose zu einem knallroten Oberteil. Übrigens sind auch die beiden Häuser in Hamburg und Berlin im Stil ihrer Zeit hergerichtet worden: Das Henri in Hamburg dementsprechend im Stil der 1950er Jahre, das Berliner Hotel sogar im Jugendstil. Zugegeben: Das würde ich mir gerne einmal näher ansehen.
So wenig Hotel wie möglich
Auch wenn das Henri den üblichen Service eines Hotels bietet, es möchte eigentlich, dass sich die Gäste dort wie zuhause fühlen. Dementsprechend kann man natürlich dort übernachten, es gibt morgens ein Frühstücksbuffet und bald können Gäste sogar ein Mini-Fitnessstudio mit Crosstrainer, Rudergerät und Rad nutzen oder gegen 7 Euro Aufpreis pro Aufenthalt in Düsseldorf ins Spa mit finnischer Sauna und Dampfbad gehen.
Aber schon das Abendessen, das von Montag bis Donnerstag geboten wird, unterscheidet sich von einem typischen Hotel: „Wir haben kein Restaurant im Haus“, sagt Sabrina Seibold. Aber weil man den Gästen etwas zu essen bieten möchte, gibt es für fünf Euro ein typisches Abendbrot mit Dips, Brot, Rohkost und beispielsweise einem Käseteller oder Frikadellen. Ungewöhnlich ist auch, dass die Kaffeemaschine und der Kühlschrank mit den Getränken allen Gästen 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen: Man nimmt sich, was man braucht, trägt die Getränke auf einer Liste ein und zahlt beim Auschecken. Das System läuft also auf Vertrauensbasis.
Hotel Henri: S, M oder L?
Wer im Hotel Henri absteigt, hat die Wahl: Reicht das S-Studio, das zwischen 15 und 18 Quadratmetern groß ist? Oder soll es lieber L sein? Dort ist auf jeden Fall noch Platz für ein Sofa, es gibt sogar L-Studios, die die Größe eines Ein-Zimmer-Appartments haben. Ich würde sagen: Für die Übernachtung auf Geschäftsreise reicht S. Wenn ich mit meinem Mann das Wochenende dort verbringen würde, würde ich lieber L buchen. Die meisten Zimmer gehen übrigens zur Straße raus. Wer Düsseldorf kennt: Die Straße Am Wehrhahn liegt im Herzen der Stadt, hier ist immer Verkehr. Man sollte also geräuschresistent sein oder Ohropax einpacken.
Übrigens gibt es im Henri auch ein rollstuhlgerechtes Zimmer. Durch eine zusätzliche Tür ist ein Betreuerzimmer angeschlossen. Außerdem ist der Notfallplan hier auch in Brailleschrift in der unteren Hälfte der Tür angebracht. Obwohl hier alles auf Menschen mit Behinderung ausgerichtet ist, hat man nicht das Gefühl in einem Krankenhauszimmer zu sein, wie ich es schon einmal in Berlin erlebt habe. Es ist eben ein großzügiges Hotelzimmer im Stil der 70er Jahre mit den entsprechenden Vorrichtungen im Badezimmer.
Wenn Individualismus im Hotel zum Standard wird
Das Hotel Henri ist nicht das einzige Hotel in Düsseldorf mit Deko-Elementen aus den 1970er Jahren. Im Gegenteil: Den Plattenspieler, den ich in der Lobby sehe, hatte ich neulich sowohl im 25 Hours um die Ecke als auch im Max Brown auf dem Zimmer. Auch Telefone mit Wählscheibe liegen derzeit voll im Trend. Sie sind mir zuletzt in drei Hotels aufgefallen. Irgendwie ist es also gar nicht so einfach, seinen individuellen Stil zu entwickeln, wenn plötzlich viele Hotels den gleichen Trend entdecken.
Was du noch über das Hotel Henri wissen musst
Das Haus hat 2018 am 11.11. um 11 Uhr 11 eröffnet – ein echt rheinisches Datum.
Im Hotel arbeiten 15 Angestellte. Das ist ziemlich wenig. Der Grund: Es gibt kein Restaurant, und die Reinigungsservice ist ein externer Dienstleister.
Das Gebäude ist gepachtet und kein Eigentum der DSR Hotelholding. Zur Holding gehören beispielsweise auch die Arosa Resorts.
Das Hotel Henri besteht aus einem Altbau und einem angebauten Neubau. Der neue Teil hat acht Stockwerke, der alte fünf.
Was ich wirklich schätze: Es gibt in allen Zimmern Kaffeemaschinen und Wasserkocher sowie eine Flasche Wasser.
In den ersten zwei Monaten nach der Eröffnung kam die Musik in der Lobby vom Plattenspieler.
Ich habe gelernt, dass Gäste in Düsseldorf lieber frühstücken als Gäste in Hamburg.
Trotzdem ist sich Sabrina Seibold sicher, dass die anderen Hotels in der gleichen Preis- und Designliga keine Konkurrenz sind, sondern jedes Haus seine eigene Klientel erreicht. „Unsere Gäste sind beispielsweise nicht in ‚jung‘ oder ‚älter‘ einzuteilen“, sagt die Hotelmanagerin. „Wir hatten schon 18-Jährige – und Gäste in ihren 70ern“. Ziel des Henri Hotels in Düsseldorf ist es, ähnlich wie in Hamburg eine Stammkundschaft für die Wochentage aufzubauen. Darum biete man beispielsweise den umliegenden Firmen spezielle Konditionen. „Wir wollen unabhängig von Messen und das ganze Jahr gut gebucht sein“, sagt die Hotelfachfrau. Darum solle auch der Aufpreis an Messetagen nicht überproportional steigen, sondern bei 50 bis maximal 100 Euro liegen.