Nörten-Hardenberg. Ein Name, den ich bisher noch nie gehört habe. Ich stelle fest, es ist eine Stadt mit gut 8.000 Einwohnern in Niedersachsen, nur etwa 15 Auto-Minuten vom Hauptbahnhof Göttingen entfernt. Auf einem Berg über dem Ort thront die Burgruine Hardenberg, gefährlich nah an den Abgrund gebaut. Die Bauherren hatten ein gewisses Gottvertrauen, so scheint es, als sie zwischen 1070 und 1100 mit dem Bau begannen.
Wer sich die Ruine näher anschauen und auf den Turm steigen möchte, muss sich im Burghotel Hardenberg die Schlüssel holen oder eine Führung machen. Das lohnt sich, denn unser Burgführer Hans-Jürgen Kotthaus weiß viele Geschichten und Geschichtchen aus der Zeit zu erzählen, als die Burg noch bewohnt war: So gab es beispielsweise ein Vorder- und ein Hinterhaus, als die Familie der von Hardenbergs zu groß geworden war, und darum geteilt wurde. Der Burggraben sollte die beiden Familienstämme trennen, heißt es. Heute spielt es in der Familie keine Rolle mehr, ob die Vorfahren vorne oder hinten wohnten. Lediglich die postalische Adresse des Hotels und des gräflichen Wohnhauses erinnert noch an diese Teilung.
In der Brennerei auf dem Hardenberg
Kotthaus macht im Monat 15 bis 20 Führungen in der Burg und der zum gräflichen Landsitz gehörenden Brennerei. Mit seinen sechs Kollegen führt er im Jahr etwa 10.000 Besucher durch die Anlagen. Das größte Spektakel des Jahres ist das Hardenberg Burgturnier, bei dem internationale Reiter gegeneinander antreten und 4000 bis 5000 Zuschauer auf den Tribünen sitzen. Krönung des Turniers ist jedes Jahr ein Feuerwerk mit Lichtinstallation. Aber auch im Winter ist der Landsitz ein Besuchermagnet: Dann nämlich kreisen rund 40.000 Eisläufer pro Saison auf der Eisbahn im Park. Und Kotthaus bietet mit seinen Kollegen Fackelführungen am Abend an.
Spaziergänge durch den Wald beim Burghotel Hardenberg
Wer lieber ein bisschen Einsamkeit sucht, kann einen der Spaziergänge machen, die vor dem großen Burgtor angeschrieben sind. Der längste ist 4,7 Kilometer, das scheint mir eine gute Länge für einen Samstagmorgen zu sein. Allerdings war dreidimensionales Denken nie meine Stärke, und ich weiß nicht, welcher der drei Wege in meinem Rücken denen entspricht, die auf der Karte vor mir eingezeichnet sind. Der linke scheint nur auf den Parkplatz zu führen, der in der Mitte geht steil nach oben. Da ich keine Schilder sehe, entscheide ich mich für den rechten Weg. Nach kurzer Strecke bin ich in einem sehr dunklen Waldabschnitt, ich fühle mich ein wenig unwohl, aber die Dame an der Rezeption des Burghotels Hardenberg hatte mir glaubhaft versichert, dass man tagsüber auch alleine unbesorgt hier seine Runde drehen könne. Also gehe ich weiter.
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Ein Schild sehe ich noch immer nicht, dafür kommt ein Mann mit Hund auf mich zu, beide sehen harmlos aus, und so frage ich den Spaziergänger nach dem Rundweg. Davon habe er noch nie gehört, sagt er. Aber geradeaus weiter zu gehen sei witzlos. Denn dort käme ich nur in den Ort und überhaupt sei die Strecke sehr kurz. Er schickt mich den Berg nach oben – und dort finde ich endlich auch einen Wegweiser. Ich folge dem Schild „Hasenloch“, das ist die 4,7 Kilometerrunde.
Viel Natur auf dem Hardenberg
Hier laufen nicht viele Leute, denn das Gras auf dem Weg steht gut knöchelhoch. Der Morgentau kitzelt und erfrischt meine Zehen in den Sandalen. Irgendwann geht es steil den Berg hinab, hier führt auch der Weg zum Jüdischen Friedhof entlang. Dann biegt links ein Weg ein – muss ich geradeaus weiter? Ich schaue mich unentschlossen um, da sehe ich den Wegweiser auf dem Boden liegen. Hasenloch und Jüdischer Friedhof biegen beide links ab. Das wundert mich, denn laut Plan müsste der Friedhof zwischen den beiden Wegen liegen, aber ich folge dem Schild. Einige Minuten später sehe ich die Grabsteine zu meiner Rechten, ich hätte sie links von mir vermutet. Egal. Der Friedhof ist ein ruhiger Ort an diesem Morgen, die Sonne bricht durchs Laub und wärmt die alten Steine. Einige liegen auf dem Boden und sind mit Moos bewachsen. Weiter geht der Weg, vorbei am gräflichen Landsitz zum Burghotel zurück.
„Es ist schon eine Herausforderung, diese Anlage zu erhalten“
Ich bin auf Einladung der Hotelleitung zu einem Bloggerwochenendes auf der Burg. Mit Ina ten Doornkaat, die für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist, unterhalte ich mich über das Hotel:
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Golfer, Hochzeitspaare mit ihren Gästen, Individualreisende sowie Veranstaltungs- und Tagungsgäste. Sie wünschen sich gehobenen Service. Und der Wohlfühlcharakter spielt auch eine große Rolle.
Welche Nationen übernachten besonders gerne bei Ihnen?
Deutsche, Schweizer und Skandinavier. Das Burghotel ist bestens für den Zwischenstopp geeignet – für die, die vom Süden in den hohen Norden wollen und natürlich andersrum.
Welchen Aufwand muss man betreiben, um diese Anlage zu erhalten?
Das ist schon eine Herausforderung. Auch, weil die Menschen oft großen Respekt vor dem Titel „Graf“ und dem Adelsprädikat haben. Dabei ist das Unternehmen und somit auch das Hotel sehr bodenständig, familiär und auch innovativ, denn man will die Geschichte der Familie ja nicht nur bewahren, sondern auch in die Zukunft transportieren. Darum ist der gräfliche Landsitz übrigens auch Mitglied bei allodien.de. Das ist eine große Gemeinschaft von Eigentümern, die Gebäude von kulturhistorischem Wert in ihrem Familienbesitz haben. Ihr Ziel ist es, diesen Besitz mit innovativen Nutzungskonzepten zu erhalten und in die nächste Generation zu übertragen. Innerhalb der Gemeinschaft profitiert man vom gegenseitigen Wissensaustausch und den Erfahrungen, wie man einen solchen Besitz am besten erhält und übergibt.
Welche Konzepte verfolgen Sie?
Uns ist es wichtig, die Grundbedürfnisse der Gäste zu erfüllen: gutes Essen, schöne Atmosphäre, guten Schlaf. Denn auf diese Grundbedürfnisse kann man aufbauen und Veranstaltungen anbieten wie beispielsweise das Reitturnier. Darum ist Tourismus für den gräflichen Landsitz ein ganz entscheidender Faktor.
Was plant das Unternehmen für die Zukunft?
Im Herbst wird das neue Hotel in Einbeck direkt neben dem PS Speicher eröffnet. Und dann beginnen wir mit dem Bau eines Hotels in Göttingen. In Einbeck werden es 63 Zimmer und in Göttingen voraussichtlich über 100 Zimmer. Die Hotels werden sehr speziell sein. Und wir bauen sie ganz bewusst in den kleineren Städten. Sie entstehen übrigens unter der Marke Freigeist. Eines dieser Hotels gibt es schon, und es steht in Northeim. Der Fokus liegt dort auf Wald, Natur und Golf. Göttingen wird einen urbanen Schwerpunkt haben, und in Einbeck lockt der PS Speicher und die Fachwerkinnenstadt.
Mein persönlicher Höhepunkt im Burghotel Hardenberg war übrigens das kleine Spa, das noch recht neu ist. Als ich abends gegen halb acht dort bin, habe ich es für mich alleine: ein kleiner Ruheraum, eine winzige Infrarotsauna sowie eine finnische Sauna und ein Dampfbad. Im hinteren Raum stehen zwei Whirlpoolwannen, die für jeden Gast durch Knopfdruck automatisch gespült und dann gefüllt werden. 20 Minuten hat man Zeit, im sprudelnden Wasser zu entspannen, dann ist der nächste Gast dran. Wer in der äußeren Wanne liegt, hat durch das Glasdach Blick auf die Burg – zumindest, wenn der Sichtschutz zurückgefahren ist.