China: Der Westsee in Hangzhou bei Starkregen

Es schüttet am Westsee
Ausnahmsweise ist es mal trocken
Ausnahmsweise ist es mal trocken in Hangzhou

Als wir in Shanghai aufwachen, sind an den Hotelfenstern einzelne Regentropfen. 28 Stockwerke tiefer sehen wir Regenschirme als bunte Flecken auf der Straße, es muss also mehr als ein Tröpfeln sein. Nun war Regen in den vergangenen Tagen nicht ungewöhnlich – er war aber jedes Mal schnell wieder vorbei. Als wir das Hotel verlassen, bemerken wir, dass der Regen eine andere Qualität hat, als die Tage zuvor: Keine laue Sommerdusche kommt aus den Wolken, vielmehr wird fässerweise kaltes Nass über uns ausgeschüttet. Von der Straße spritzt das Wasser hoch, die Hose klebt schnell bis an die Oberschenkel an den Beinen. Wir sollten zurück ins Hotel gehen, doch wir haben Zugtickets, die nur heute, und nur zu einer bestimmten Zeit gültig sind. Wir fahren nach Hangzhou.

Hangzhou: Regen, Regen, Regen

Die Stadt mit etwa acht Millionen Einwohnern gehört wie Suzhou angeblich zu den schönsten des Landes und liegt rund 170 Kilometer von Shanghai entfernt. Dazu fährt man eineinhalb Stunden mit der Bahn. Eine lange Zeit und eine weite Strecke – es besteht also die Hoffnung auf besseres Wetter. Doch Pech gehabt: In Hangzhou schüttet es. Da weder National Geographic noch Lonely Planet verraten, wie man vom Bahnhof in der Stadt an den Westsee, die Hauptattraktion des Ortes kommt, benötigen wir einige Zeit, dies herauszufinden: Es gibt eine ziemlich neue U-Bahn, und nur zwei Stationen vom Bahnhof entfernt ist man innerhalb weniger Minuten am Seeufer. Dort könnte man sich mit dem Boot über den See schippern lassen, oder man umrundet ihn am Flussufer. Die Ausblicke sollen spektakulär sein, doch als wir da sind, ist alles grau in grau: Ein grauer See unter einem grauen Himmel.

Die Pfützen am Boden sind längst zu seichten Teichen geworden. Viele Chinesen tragen ihre Schuhe in der Hand und hüllen sich in Wegwerf-Plastikjacken. Wir sind trotz Schirm schnell durchweicht, selbst die Füße in den Outdoorschuhen sind nass. 55 Minuten gehen wir trotzdem tapfer am Fluss entlang. Doch als wir bemerken, dass wir seit zehn Minuten den See keines Blickes mehr gewürdigt haben, weil wir damit beschäftigt sind, den Wasserlachen auf dem Weg auszuweichen und den Schirm gegen den Regen zu halten, beschließen wir, umzudrehen.

Shoppingmall statt Westsee

An der U-Bahn gibt es eine Shoppingmall, dort bekommen wir für die Schirme Plastiktüten, in denen schnell das ablaufende Wasser zentimeterhoch steht. Wir finden ein Restaurant, in dem uns Tofu serviert wird, Suppe mit Glasnudeln, Fleischbällchen und chinesischer Kohl, gefüllte Teigtaschen, Reisküchlein mit Schwein, Mangopudding und Grünteekuchen. Im Hintergrund läuft der Buena Vista Social Club, der so gar nicht hierher passen möchte, der meine Laune aber gemeinsam mit dem guten Essen deutlich hebt. So fahren wir mit dem Tag einigermaßen versöhnt nach Shanghai zurück. Es regnet noch immer. Mit den lieblichen Städten Chinas scheinen wir irgendwie kein Glück zu haben.

Von Hangzhou nach Shanghai: Gespräch mit einer Russin

Wagen 2, Sitz 18 steht auf unseren Zugtickets von Hangzhou nach Shanghai. Doch die Zugbegleiterin verwehrt uns den Zutritt zu Wagen 2, wir sollen in Wagen 11 gehen. Dort gibt es aber keinen Platz 18, also warten wir im Flur auf jemanden, der uns weiter hilft. Eine junge Frau, ebenfalls ein Fahrgast, kommt auf uns zu. Sie trägt Flipflops, eine blaue enge Hose, ein graues weites Oberteil. Die langen hellbraunen Haare hat sie zum Zopf gebunden, ihre Augen schauen sanft. Ich halte sie aufgrund ihres Akzents beim Englischsprechen für eine Französin. Sie hat einen Sitzplatz in Reihe 20, doch die gibt es auch nicht, also wartet sie mit uns. Sie erzählt:

Komischer Tag! Erst bin ich auf der Straße gegen den Bürgersteig gestoßen und musste ins Krankenhaus, weil der Zeh so weh tat. Jetzt habe ich diesen dicken Verband, treffe im Zug Deutsche und habe dieses Problem mit dem Zugticket. Ich bin aus Russland, da kann man aber kein Geld verdienen, darum arbeite ich als Model in China. Erst habe ich vier Jahre in Shanghai gelebt, eine wundervolle Stadt, aber riesig. Jetzt lebe ich in Hangzhou, muss aber zur Arbeit heute nach Shanghai. Ich mag China überhaupt nicht, ich mag die Leute nicht, ich kann das Essen nicht ausstehen, aber hier kann ich Geld verdienen. Ich hoffe, ich kann bald zurück nach Sibirien, mein Freund und ich wollen heiraten. Seid Ihr schon einmal in Russland gewesen? Ihr solltet da mal hin. Moskau ist zwar schrecklich, weil dort immer so viel Stau ist, aber Sankt Petersburg ist wundervoll. Ach, ich möchte nach Hause.

Ein Gedanke zu „China: Der Westsee in Hangzhou bei Starkregen

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