Neben den vielen sichtbaren Sehenswürdigkeiten gibt es in Prag auch eine „Tiefebene“, die je nach persönlichem Geschmack auch sehenswert ist. Auf geführten Touren geht es in den Untergrund von Prag. Man muss allerdings gut aufpassen, welche Tour man bucht. Ich hatte vor kurzem zwei davon, eine war großartig, die andere ein Reinfall. Und das beim selben Anbieter mit derselben Führerin.
Die mittelalterliche Unterwelt von Prag
Als erstes habe ich an der einstündigen Tour „Altstadt, mittelalterliche Unterwelt & Kerker teilgenommen.“ Tja, wir sind in drei Kellergewölben gewesen, in die man zwar nur mit Führung reinkommt, die aber ziemlich unspektakulär waren. Da dort zum Teil auch Gruseltouren stattfinden, war es ein wenig mit Halloween-Kram dekoriert, was einem das Gefühl gab, man läuft durch eine billige Geisterbahn. Ein Großteil der Stunde ging dafür drauf, von einem Keller zum nächsten zu laufen, die über die Altstadt verteilt waren. Ich habe mal so eine Tour in Nürnberg gemacht, so etwas Ähnliches hatte ich mir hier vorgestellt. Ein Reinfall für uns, auch wenn die Infos zur Geschichte der Stadt interessant waren. So erfuhren wir beispielsweise, dass sich in einigen der alten Kellern Juden vor den Nazis verstecken und so der Verfolgung und Ermordung entgehen konnten.
Ein Blick in die Bewertungen dieser Führung zeigt aber, dass sie offensichtlich bei vielen dennoch großen Anklang findet.
Prag im Kalten Krieg
Einen Tag später, selbe Firma, selbe Führerin, hieß die Führung „Kommunismus und Atombunker in Prag“ und war um Klassen besser. Denn hier wurde ein Bunker aus der Zeit des Kalten Kriegs besichtigt, der etwas außerhalb der Innenstadt lag. Wir fuhren mit der Straßenbahn hin und zurück, die Tickets waren in den 26 Euro pro Nase enthalten. Am Bunker angekommen erzählte unsere Führerin zunächst etwas über die Geschichte, und dass sie vornehmlich aus Propaganda-Zwecken gebaut wurden. Die Menschen sollten Angst vor der atomaren Bedrohung des Klassenfeinds im Westen haben, entsprechend gab es zum Beispiel in Schulen Drill, wie bei einem Angriff mit Atomwaffen zu reagieren sei.
Ein Bunker in Prag zu Propagandazwecken
Im Bunker selbst sollte Platz für 5.000 Menschen sein, es gab mehrere Anlagen in der ganzen Stadt. Es galt: Wer zuerst kommt, kann rein. Wenn er voll ist, muss der Rest draußen bleiben. Innen gab es zwar sanitäre Anlagen, einen Mini-OP für medizinische Notfälle und ein Lüftungssystem, aber lange ausgehalten hätten es die Menschen darin wohl nicht. Und selbst wenn: Heute weiß man, dass trotz der Lage mehrere Etagen tief im Fels und armdicken Stahltüren die Strahlung einer Atombombe bis in den Bunker gekommen wäre, sodass er praktisch keinen Schutz bot. Bettina hat übrigens einen ganz ähnlichen Bunker in Berlin besichtigt.
Im Bunker selber haben die Anbieter der Tour noch diverse Sammelstücke aus den kommunistischen Armeen zusammengetragen. Man kann mit Gewehrattrappen Fotos machen, Gasmasken anprobieren oder vor einer großen UdSSR-Flagge posieren. Das war mir dann ein bisschen zu viel „Amüsement“ angesichts dessen, was in diesen Regimen so alles geschah.
Die Führung ging auch am Sitz dem früheren Sitz der tschechisch-slowakischen Geheimpolizei vorbei. In dem Gebäude, in dem viele wegen Nichtigkeiten oder vermeintlich krimineller Aktivitäten verhört wurden, ist heute immer noch eine Polizeibehörde. Ich habe es bereits erwähnt, diese Führung hat sich definitiv gelohnt, gerade weil der Bunker ein sehr starker Kontrast zur malerischen Innenstadt ist.
Generell sind die Keller und Bunker auch eine gute Gelegenheit zum Abkühlen, falls Euer Städtetrip nach Prag im Hochsommer stattfinden sollte.
Pingback: Prag: Diese 10 Dinge solltet Ihr unbedingt vermeiden | Op jück