„Das hat einfach nur entsetzlich weh getan“, erzählt Markus Weinrich aus Köln. „Die hat an meiner Fußsohle gedrückt und gequetscht und ab und zu gepickst – und es war schrecklich unangenehm“. Weinrich wollte sich im Urlaub mit einer Fußreflexzonentherapie in einem Wellness-Hotel etwas Entspannung gönnen – der Versuch schlug leider fehl. „Richtig geärgert hätte ich mich, wenn es auch noch sehr teuer gewesen wäre. Aber es war ein Spezial-Test-Angebot. Allerdings reicht mir diese eine Erfahrung, ich werde es kein zweites Mal probieren“. Weinrichs Erfahrungen sollte man nicht verallgemeinern: „Wahrscheinlich hatte die Dame keine gute Ausbildung“, urteilt Siegfried Schierstedt aus Münster, Heilpraktiker, Psychologe und Lehrer für Fußreflexzonentherapie. „Denn auch wenn es so aussieht als ob jeder das könnte, bedarf es doch einer guten Ausbildung und Erfahrung“. Er rät darum dazu, die Reflexzonentherapie nur beim Experten machen zu lassen.
Wellness oder Behandlung
Zwar werden auch bei Wellness-Reisen oft Behandlungen angeboten, aber das seien häufig nur ganz normale Fußmassagen. Denn die Reflexzonentherapie darf nur von Ärzten und Heilpraktikern ausgeübt werden und gegebenenfalls noch von Angehörigen medizinisch-therapeutischer Heilberufe. Der Unterschied: Eine richtig durchgeführte Fußmassage kann für einen schmerzenden Fuß Hilfe sein. Sie steigert die Durchblutung und regt den Stoffwechsel an. Die Fußreflexzonentherapie dagegen ist eine Behandlungsmethode um Krankheiten zu lindern oder gar zu heilen.
So geht man bei der Fußreflexzonentherapie davon aus, dass bestimmte Stellen der Fußsohlen mit den inneren Organen in Verbindung stehen: Der große Zeh soll zum Beispiel Einfluss auf den Kopf nehmen. Wird am richtigen Punkt fachmännisch gedrückt, könnten so Krankheiten geheilt werden. „Häufig passiert es, dass ein Urologe sich bei uns meldet, weil einer seiner Patienten ständig Blasenentzündungen hat. Der Urologe kann keine Ursache finden. Aber mit der Reflexzonentherapie bekommt man das Problem meistens in den Griff“, erzählt Schierstedt aus der Praxis. Auch Gallenstauungen, die sich oft durch Schmerzen auf der rechten Bauchseite bemerkbar machen, könne man so lindern.
Traditionelle Heilungsmethode
Was für viele eine neue Erkenntnis ist, hat eine lange Tradition: Die Fußreflexzonentherapie wird im Orient, im Okzident und auch bei den Völkern in Nord- und Mittelamerika seit vielen hundert Jahren angewendet. Auch die Chinesen setzen die Therapie in ihrer traditionellen Medizin ein. Anfang des 20. Jahrhunderts war es der nordamerikanische Arzt William Fitzgerald, der sich erstmalig wissenschaftlich mit den Erkenntnissen auseinander setzte, die die anderen Kulturen schon gesammelt hatten. Er erforschte den Zusammenhang zwischen den einzelnen Fußsohlenzonen und dem Organismus. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstand darauf basierend die Reflexologie. Sie wurde 1955 von der deutschen Heilpraktikerin Hanne Marquard übernommen und verfeinert. Siegfried Schierstedt bietet sie bereits seit 1975 in seiner Praxis an und gerade in den letzten Jahren wird sie immer häufiger nachgefragt: „Etwa seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Patienten, die sich für diese Behandlungsmethode entscheiden, um zehn bis 15 Prozent angewachsen“, so der Heilpraktiker.
Er warnt davor, bei Schmerzen einfach selbst den Fuß zu massieren. „Das ist gefährlich“, sagt Schierstedt. Denn wer falsch vorgehe, könne ein bisher gesundes Organ reizen. „Dadurch können Schmerzen ausgelöst oder Krankheiten verschlimmert werden“. Hinzu kommt, dass der Laie selten diagnostizieren kann, was er in seiner Fußsohle liest. Ein Experte dagegen kann an der Fußsohle eine Nierenentzündung feststellen und den Patienten an den Facharzt verweisen. Fazit: Wer sich für Fußreflexzonentherapie interessiert, sollte besser zum Experten gehen. Auch wenn die Behandlung nicht ganz billig ist. „Eine Sitzung von etwa 20 Minuten sollte nicht viel mehr als 20 Euro kosten“, spricht Schierstedt aus der Praxis. Geld, das Markus Weinrich auch besser investiert hätte. Dann wäre seine Reflexzonentherapie vielleicht nicht eine solche Tortur geworden.
Geheimnisse der Fußsohlen
Mehr als 70.000 hochsensible Nervenenden befinden sich in den Fußsohlen. Sie sollen mit den inneren Organen verbunden sein. Druckpunkte für den Kopf sind zum Beispiel am großen Zeh. Die Zähne lassen sich über die vier anderen Zehen beeinflussen. Wer auf den Fußballen unter dem kleinen Zeh drückt, trifft die Schulter. Unter dem großen Zeh ist der Druckpunkt für den Nacken. Wer die Zehen sanft knetet und dann den Druck verstärkt, könnte bei Kopfschmerzen oder Migräne Abhilfe schaffen. Dazu beginnt der Therapeut mit dem großen Zeh und bezieht auch die Seiten und Zehenrücken mit ein.
Druck auf die linke Fußsohle, direkt unter dem Fußballen, soll Magenbeschwerden lindern. Wer zu weit links drückt, trifft die Nieren. Oberhalb befinden sich die Druckpunkte fürs Herz. Die Wirbelsäule erreicht man durch Drücken an der Fußinnenseite Richtung Ferse. Der Druck darf hier stärker sein. Wer weiter geht, erreicht das Becken. Oberhalb liegen die Druckpunkte für die Nieren und den Magen.
Auf der Internetseite der Lehrstätte Hanne Marquardt finden Sie weiterführende Informationen und einen Therapeuten in Ihrer Nähe.
Dieser Text erschien zuerst im LIMA im Oktober 2006.