„Bienvenido a Guadalajara“ steht in großen Lettern am Flughafengebäude und im US-amerikanischen Reiseführer: „Guadalajara ist die zweitgrößte Stadt in Mexiko. Atme tief ein and don’t panic!“. Beruhigend. Zum Glück klappt alles: Da sind die beschriebenen gelb-weißen Flughafentaxen, der Fahrer ist nett, bringt mich zu meinem Hotel im Zentrum, das ich per Internet gebucht hatte. Guadalajara ist der Start meiner Reise durch Mexiko. Die Stadt hat ein schönes historisches Zentrum mit Regierungspalast, Kirchen, Museen, einer Fußgängerzone. Die Sonne scheint, es hat tagsüber fast nie weniger als 20 Grad.
In Guadalajara stoße ich auf den Bremer Frank Möding. Er hat dort ein Reisebüro gegründet. Aus unserem Gespräch wird ein Artikel, der im Februar 2000 im Weser Kurier veröffentlicht wird.
Unterwegs mit dem Airpass
Mit einer Propellermaschine der AeroLitoral fliege ich mit meinem Airpass weiter nach Mazatlán an der pazifischen Festlandküste. Hier ist es wesentlich heißer als in Guadalajara. Ich suche den Schatten der Benjamini, der drei Meter hohen Straßenbegrünung, die wir nur als Wohnzimmerpflanzen kennen. Mazatlán bietet ein paar Strände, schöne Sonnenuntergänge und Erholung für einige Stunden. Dann fliege ich weiter nach San José del Cabo. Ich komme im Dunkeln an, es ist schwül, ich bin in Baja California. Das Hotel, das ich mir ausgesucht habe, nimmt keine Kreditkarten und keine Traveller-Schecks. Und so halten es alle kleinen Hotels hier. Ich schleppe meinen Rucksack durch Menschenmengen, die abends auf öffentlichen Plätzen noch einen Plausch halten, suche weiter nach einem anderen Hotel, in dem ich mit meinen Zahlungsmitteln willkommen bin. San José del Cabo ist einer der Orte, wo Touris abends in neonbeleuchteten Bars Tequila trinken und tanzen, einer der Orte, wo sich Nordamerikaner einbilden Mexiko kennen zu lernen.
Direkt früh am nächsten Morgen gehe ich deswegen zur Busstation und nehme den nächsten Bus nach La Paz. Vorbei an meterhohen Säulenkakteen fährt der Bus enge Kurven hoch in die Berge und wieder runter zur Küste des Golfo de California. La Paz ist ein gemütliches Städtchen am Wasser, der Wind pfeift, aber es ist warm. Für Touristen ist La Paz wichtig, weil hier die Fähre abfährt und ankommt, die Baja California mit dem Festland verbindet.
Weiter mit der Fähre
Normalerweise fährt sie nachts um elf los, als ich dort bin, fährt sie ausnahmsweise und nur an diesem Tag um 12 Uhr mittags, so sagt man mir. Die Fähre ist um 12 auch da, aber keiner weiß, wann sie losfahren soll. Sie wird entladen und wieder beladen, das dauert, irgendwann dürfen auch Menschen an Bord, gegen halb vier Uhr mittags legt sie ab. Acht Stunden soll sie bis zum Festland brauchen. Nachts um halb zwei komme ich an, ich habe Glück, ein Taxi fährt mich vom Hafen von Topolobampo bis nach Los Mochis.
Los Mochis ist echtes Mexiko mit Ständen auf der Straße, Hektik, Menschen, die sich durch die Markthallen drängen und wenig Schönem für Touristen. Aber Los Mochis hat einen Bahnhof. Und hier startet jeden Morgen um 6 Uhr der Pacífico-Chihuahua-Express. Der Erste-Klasse-Zug fährt durch die Kupferschlucht, Barrancas del Cobre, die größer als der Grand Canyon in den USA ist. Die Berge sind steil, die der Zug emporklimmt, bis er El Divisadero erreicht hat, eine Aussichtsplattform mit einem dramatischen Blick über die Schlucht.
Natürlich hat der Zug Verspätung, doch von hier ist es nicht mehr weit nach Creel, das mehr als 2000 Meter hoch liegt, hier binden sich die indegínas, die Ureinwohner, noch Lederstücke an die Füße und fertig sind die Sandalen. Hier friert nachts bei –10 Grad Celsius die Wasserleitung ein, hier ist alles noch sehr originär. Noch.
Ganz im Norden bei der Reise durch Mexiko
Ein Bus bringt mich von dort nach Chihuahua, weit im Norden Mexikos, eine Stadt mit einer schmucken Kirche, einer lebhaften Fußgängerzone und vielen arbeitslosen Männern, die auf den Plätzen stehen, reden, rauchen und auf Arbeit warten. Und auf bessere Zeiten. Von hier ist es nicht weit in die USA, nicht weit zum großen Vorbild, zumindest geografisch nicht weit. Chihuahua hat einen Flughafen, der es mit dem Rest des Landes verbindet, zum Beispiel mit der Hauptstadt, Mexiko-City.
Dort sind unzählige grün-weiße Käfer-Taxen das Hauptverkehrsmittel in den vielspurigen Straßen. In „Mexico“, wie die Mexikaner ihre Hauptstadt nur nennen, hat verloren, wer sich an die Regeln hält. Überall wird gehupt und in Trillerpfeifen geblasen, überall sind Menschenmengen, in den Straßen, auf den Plätzen, auf dem Markt, einfach überall. Die große Kathedrale mit der riesigen mexikanischen Flagge davor ist Ausgangs- und Orientierungspunkt für das historische Mexiko mit seinen alten Tempelanlagen und Kirchen.
Von Mexiko-Stadt aus ist auch Teotihuacán, die Sonnen- und die Mondpyramide, nur eine Busstunde entfernt. Doch Vorsicht! Wer dort nicht früh genug ankommt, findet sich in Schulklassen und Touristenmassen wieder. Vor 11 Uhr jedoch ist das Gelände fast menschenleer.
Etwas Kultur
Ich fahre bei meiner reise durch Mexiko nochmals Richtung Norden, nach Querétaro, einer boomenden Industriestadt. Trotzdem ist das Zentrum im Kolonialstil ruhig und gemächlich. Eine Touristenpolizei sorgt für Sauberkeit und Sicherheit. Querétaro ist eine geschichtsträchtige Stadt: Kaiser Maximilian, der von Napoleon Bonaparte als Herrscher über Mexiko eingesetzt worden war, wurde hier hingerichtet – und verbunden damit sind die Wurzeln der mexikanischen Revolution.
In Querétaro treffe ich Marc Stahlberger, einen Baden-Württemberger, der hier lebt und arbeitet. Aus unserem Gespräch wurde ein Artikel, den die Badischen Neuesten Nachrichten im Dezember 1999 abdruckten.
Der Nachtbus bringt mich bei meiner Reise durch Mexiko nach Palenque im Bundesstaat Chiapas. Als es hell wird, sehe ich die Unterschiede: die belebten nordmexikanischen Straßen sind einfachen Feldwegen gewichen, statt Kakteen und Benjamini wachsen hier Palmen. Alles ist sehr dunkelgrün und sieht saftig aus. Palenque ist ein kleiner Ort, berühmt durch seine Ruinen. Die stehen mitten im Urwald, bewachsen mit Büschen aus großen grünen Blättern, Schmetterlinge fliegen um die weißen Tempel und was davon übrig geblieben ist, hier rauscht ein Wasserfall, dort schreien die Brüllaffen, das muss das Paradies sein, denke ich.
Von Palenque fährt man in rund zwei Stunden nach Agua Azul, zu den türkisfarbenen Wasserfällen mitten im Urwald. Indio-Kinder bieten süße Orangen an, fünf Stück für vier Pesos, Backwaren und Tortillas. Sie leben von den Touristen, die hier vor allem um die Mittagszeit in der Sonne sitzen und den Anblick genießen: Das Wasser fließt in unzähligen Kaskaden vom Berg herunter und bildet hier und dort kleine Badebuchten. Aber ungefährlich ist das Vergnügen nicht – einige Holzkreuze weisen darauf hin, dass hier schon manche Touristen ihre ewige Ruhe gefunden haben.
Bei der Reise durch Mexiko in die Karibik
Viele Urlauber bevorzugen in Yucatán die großen Schwestern Playa del Carmen und Cancún, Städte mit guter Infrastruktur und allen Bequemlichkeiten wie Restaurants oder Internet-Cafés. Ruinen, die direkt am karibischen Strand unter Palmen stehen – das hat aber nur Tulúm. Hier ist das karibische Meer türkis wie in Agua Azul, der Strand so weiß und fein wie Puderzucker, der Himmel blau, die Sonne scheint, es ist schöner als auf jeder Postkarte und dazwischen tummeln sich Iguanas wie bei uns die Katzen.
Über Chichén Itza, der wohl bekanntesten Ruinenanlage in ganz Mexiko, und über die ständig wachsende Stadt Merida, komme ich nach Oaxaca. Oaxaca ist ruhiger, nobler als Merida. Die einst dunkelgrünen Steinhäuser säumen die Straßen im Zentrum. Zwischen riesigen Bougainvillaen auf dem Marktplatz lässt sich gut durchschnaufen. Rund eine Stunde fahren die Busse von Oaxaca zum Baum von Tule. Älter als 2000 Jahre solle er sein, sagt man und 42 Meter hoch, 58 Meter im Umfang. Ein Riese.
Auf dem Weg nach Hause
Über Pueblo fahre ich weiter nach Acapulco, zurück an die Pazifikküste. Der Zócalo, das Zentrum des legendären Ortes ist noch immer voll Charme und von einer bezaubernden Schönheit ist auch die Bucht von Acapulco, der Strand, die Palmen. Die Touristen- und Hotelviertel sind aber leider so, wie in jedem anderen Ur-laubsort. Von hier will ich zurück nach Guadalajara, muss ich zurück, den mein Flieger soll mich bald wider nach Deutschland bringen. Morgens fahre ich darum mit einem Taxi zum Busterminal um über Manzanillo nach Guadalajara zu reisen. Ach, sagt der Aufseher dort, Sie sind am falschen Terminal. Ihr Bus fährt nicht hier, sondern am anderen Busbahnhof. OK, sage ich und nehme ein Taxi. Im anderen Terminal setze ich mich in den Wartessaal, der mir genannt wird. Ich sitze und warte und es kommt kein Bus. Ich frage einen Mitarbeiter, wann denn mein Bus fahren soll? Oh, sagt er, der fällt heute aus. Erst morgen vielleicht wieder. Ich gehe zur Information. Ach, der Bus fährt jetzt gar nicht? fragt die Frau dort erstaunt. Hm, es fährt noch einer später, aber nur vielleicht, das ist nicht sicher. Möglicherweise fährt morgen wieder ein Bus nach Manzanillo. Gut, sage ich, dann muss ich jetzt nach Guadalajara, weil mein Flugzeug sonst ohne mich geht. Guadalajara – hm, sagt sie, da fährt einer um 5, aber nicht von hier, sondern von dem anderen Busterminal. Ich atme tief durch, nehme ein Taxi, fahre zu dem anderen Busterminal zurück, erkundige mich, ja um 5 soll der Bus fahren. Um 5 kommt kein Bus. Heute und nur heute fällt er aus, um 7 fährt aber einer, versichert der Fahrkartenverkäufer. Und tatsächlich, dieser Bus fuhr!
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