Karneval, CSD, Jeck im Sunnesching – Köln ist eine Party-Stadt. Was Geld in die Wirtshäuser, Büdchen und Hotels in der Domstadt bringt, hat auch eine dunkle Seite: „An den Wochenenden zum Beispiel haben wir bestimmt ein gutes Drittel Drogenkonsumenten aus der Region in der Stadt“, sagt Thomas Hambüchen, Geschäftsführer der Drogenhilfe Köln bei einem Hintergrundgespräch mit der Kölner Journalistenvereinigung. Einige von ihnen fallen als Komasäufer*innen auf, das sind häufig jugendliche Männer und Frauen, die nach einigen Gläsern erst wieder im Krankenhaus zu Besinnung kommen. „Wir würden in diesen Fällen gerne mit den Betreffenden reden“, sagt Hambüchen. Darum gibt es seit 2014 das Projekt HaLt (Hart am Limit), eine Kooperation der Drogenhilfe mit drei Kölner Fachkliniken, finanziert von der Stadt Köln und den Krankenkassen.
Party-Stadt Köln: Alkohol gibt’s an jedem Büdchen
„Gerade für ein junges Mädchen, das 12 oder 13 Jahre alt ist und vielleicht 40 Kilogramm wiegt, kann eine übergroße Menge Alkohol nämlich tödlich sein“, so Hambüchen. Wegschauen hilft in diesen Fällen also keinem, doch die Eltern versuchten lieber diese Dinge in der Familie zu regeln. Das geht nicht immer gut, besonders dann nicht, wenn auch die Erziehungsberechtigten von Alkohol abhängig sind. Selten gehe es beim Komasaufen übrigens um Kölsch, viel häufiger würden harte Sorten wie Wodka konsumiert.
Die Arbeitsgruppe Alkohol und Verantwortung des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure hat das Projekt „Klartext reden“ initiiert. Schulen, die einen Aufklärungsabend für Eltern veranstalten wollen, können sich bei den Mitarbeitenden von „Klartext reden“ melden. Die Arbeitsgruppe schickt dann Diplom-Sozialpädagog*innen in die Schulen. So soll für das Thema sensibilisiert werden.
Doch es ist längst nicht nur Alkohol, der bei Jugendlichen ein Suchtthema ist: Auch Cannabis– und vor allem Onlinesucht seien weit verbreitet. „Wir sehen darum auch die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis mit Sorge“, so Thomas Hambüchen. „Zwar kann die Pflanze ein gutes Schmerzmittel für ältere Menschen sein, die an Krebs erkrankt sind.“ Bei 12- bis 16-Jährigen könne Cannabis jedoch massive psychische Störungen auslösen, da sich das Gehirn nicht weiterentwickelt, wenn man regelmäßig in diesem Alter einen Joint raucht.
„Egal, um welche Droge es geht: In unserer Jugendsuchtberatungsstelle ist die Nachfrage riesig“, sagt Anne Kreft. Sie leitet die Fachstelle für Suchtprävention und Jugendsuchtberatung. Wer sich dort helfen lassen möchte, muss einen Termin vereinbaren. Alternativ gibt es jede Woche am frühen Montagabend eine anonyme Chatberatung.
Pillen oder Heroin: in der Party-Stadt Köln gibt es alles
Neben Alkohol wird in der Party-Stadt Köln auch sonst alles verkauft, was sich die Einwohner*innen und die Gäste wünschen. Das ist kein Wunder, denn wer von harten Drogen wie Heroin abhängig ist, braucht am Tag knapp 100 Euro, um seine Sucht zu finanzieren. „An diese Summe kommt man eigentlich nur, wenn man auch selbst dealt“, sagt Hambüchen. Und so kommen auf geschätzt 4.000 bis 6.000 Junkies in Köln, von denen übrigens etwa ein Drittel Frauen sind, auch ganz viele Kleindealer.
„Frauen prostituieren sich am Anfang ihrer Sucht noch ab und zu“, sagt Thomas Hambüchen. Sie finanzieren so also den Drogenkauf. Später wird es für sie jedoch immer schwieriger Freier zu finden. Davon abgesehen ist diese Art der Geldbeschaffung besonders hart. „20 Euro bekommen drogensüchtige Prostituierte in der Regel pro Freier“, weiß Hambüchen (Stand 2018). Für den nächsten Schuss ist ein Freier also viel zu wenig. Und der Konkurrenzkampf mit anderen Frauen, die gegen Geld Sex in der Domstadt verkaufen, ist groß.
Konsumraum am Neumarkt
Um die Drogenszene in Köln zu entschärfen, gibt es am Neumarkt einen Konsumraum für Suchtkranke . Der Neumarkt liegt bekanntlich mitten in der Party-Stadt Köln. Er ist ein Brennpunkt der Kölner Drogenszene. Dort kaufen und verkaufen mehrere Dutzend Personen Opiate. Wer Heroin gekauft hat, wartet nicht lange, sondern setzt sich den nächsten Schuss beispielsweise auf den Steintreppen, die in die U-Bahn beziehungsweise nach oben führen.
Ein Konsumraum holt zumindest zeitweise diese Drücker und ihre Spritzen vom Neumarkt. Das wachsende Drogenproblem in der Party-Stadt Köln ist durch jedoch noch nicht gelöst. „Am Neumarkt in Köln ist die Alkohol-Szene größer als die Opiat-Szene “, sagt Thomas Hambüchen. So ist es auch kein Wunder, dass sich zusätzlichen zu den Heroinabhängigen Alkoholsüchtige am Neumarkt auf einen Plausch treffen.
Der läuft jedoch – der Droge ist es geschuldet – nicht immer friedlich ab. Es kommt also nach dem Drogenkauf ab und zu zu Prügeleien, Raub und offener Gewalt. „Diese Gruppe hat mit den Opiatsüchtigen allerdings nichts zu tun“, sagt Hambüchen. Der Konsumraum, der zeitweise die Kölner Fixer*innen von der Straße holt, erreicht diese Konsumentengruppe also gar nicht. Und auch die dritte Gruppe am Neumarkt verschwindet nicht wegen eines Konsumraums: Denn am Neumarkt trifft man auch die Käufer*innen von Kokain, Ecstasy, Crystal Meth und Aufputschmitteln. Sie gehen von dort beispielsweise besonders gerne auf die Ringe, um dort zu feiern.
Die Drogenhilfe Köln finden Betroffene auch im Internet.
Der Artikel ist von 2018 und wurde 2023 aktualisiert.