Mit Physik kann ich so gar nichts anfangen. Ich habe das Fach vor dem Abitur abgewählt. Darum verstehe ich in den ersten Minuten im Fallturm in Bremen auch nur Bahnhof. Der Turm gehört zum Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation und ist von außen zunächst einmal unscheinbar. Schlank und weiß, wie ein überdimensionaler Schornstein, streckt er sich so weit in den Himmel, dass man von unten seine gläserne Spitze nicht sehen kann. Drinnen passieren jedoch Dinge, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt:
In so genannte Fallkapseln werden Experimente integriert. Diese Kapseln sind bis zu 2 Meter 50 groß. Diese ziehen die Mitarbeiter*innen 120 Meter nach oben in den Turm – und lassen sie fallen. Das ließ der Name des Turms schon erahnen. Unten landen sie in einem mit Styroporkügelchen gefüllten Abbremsbehälter. Das Besondere daran: Weil aus dem Turm die Luft gezogen wurde, ist ein Vakuum entstanden, und der Inhalt der Experimentkapseln ist in den 4,7 Sekunden auf dem Weg nach unten schwerelos. Damit hat man in diesem in Europa einzigartigen Turm beste Voraussetzungen für die Forschung. Leider darf man in den Laboren und im Turm selbst nicht fotografieren.
Was im Fallturm geforscht wird
Der Fallturm ist für Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt ein Reiseziel. Dabei sind ihre Forschungsvorhaben manchmal sehr speziell: Was passiert beispielsweise an den Wurzeln von Keimlingen in Schwerlosigkeit? Oder: Wie breitet sich in Schwerelosigkeit Feuer aus? Die letzte Frage ist unter anderem für Alexander Gerst durchaus wichtig. Denn nach diesen Versuchen weiß man, dass ein Feuer in der ISS sich zwar nur langsam, dafür aber deutlich heißer als üblich ausbreiten würde. Aufgrund dieser Erkenntnis konnte man die ISS mit den optimalen Materialien ausstatten, um sie gegen Feuer möglichst zu sichern.
Ein Experiment dauert etwa drei Stunden, und die Wissenschaftler*innen können sofort im Anschluss mit den Daten weiterarbeiten. Gefördert werden die Experimente von der ESA oder dem DLR, der auch in Köln ein Institut hat. Im Institut arbeiten übrigens 120 Mitarbeiter*innen, knapp 30 kümmern sich um den Fallturm, die anderen sind Wissenschaftler*innen.
In der Spitze des Fallturm
Maximal fünf Leute gleichzeitig können übrigens mit dem Aufzug gute 119 Meter im Fallturm nach oben fahren. Dort steht man dann am Ende des Fallrohrs. Wer genau hinsieht, erkennt, dass der schmale Schlitz zwischen Rohr und Wand mal enger, mal weiter wird. So entsteht der Eindruck, dass das Rohr sich bewegt. Tatsächlich ist es aber der Fallturm der im Wind leicht schwankt. Von hier geht es noch einige Meter über eine Treppe weiter nach oben. Dort hat man dann einen 360-Grad-Blick über Bremen und das Umland. Denn jetzt steht man genau in der gläsernen Spitze, die man von unten eben nicht sieht.
Mein Fazit
Ich bin ja ein großer Freund von Orten, an die man nicht jeden Tag kommt. Einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, das finde ich immer toll. Darum war ich beispielsweise in Wien und Oslo schon im Parlament oder in Köln in der Leverkusener Brücke und auf der Baustelle des neuen ICE-Instandhaltungswerks. Es ist nicht immer einfach, an solche Orte zu kommen. Anders beim Bremer Fallturm: Wer ihn besichtigen möchte, kann eine Führung als Gruppe buchen, oder als Einzelbesucher an einer Führung an einem offenen Samstag teilnehmen.
Als Journalistin halte ich mich an den Pressekodex des Presserats. Ich war im Rahmen eine Pressereise der Maritim Hotels im Bremer Fallturm. Maritim Hotels hat die Kosten für die Führung übernommen.