Bayern: Spaziergang durch eine fast heile Welt in Elfershausen

Osterdeko
Altes Schloss
Elfershausen hat viel alte Bausubstanz.

Alle zwei Stunden hält ein Regionalzug in Elfershausen. Der Ort liegt in Bayern genauer gesagt in Unterfranken. Eigentlich ist es gar nicht so weit von hier nach Frankfurt mit seinem internationalen Flughafen und den Hochhäusern. Doch Elfershausen ist davon weit entfernt. Knapp 3000 Leute leben hier, und vor vielen Häusern sieht man im April die Osterdekoration: eine Hasenfamilie in einer Kiste, Ostereier an Sträuchen, kleine Porzellanvögelchen scheinen aus einem Becken zu trinken.

Auf einigen Fensterbänken im Erdgeschoss und gut von der Straße erreichbar stehen Blumenkübel aus Metall oder Ton, sie sind bunt bepflanzt. Niemand scheint sich hier darüber Gedanken zu machen, ob sie am nächsten Morgen wohl noch da sein werden, auch Vanadalismus scheint hier kaum vorstellbar. An vielen Häusern hängen Tafeln mit Sinnsprüchen: Die Heimat und die Familie werden über alles gelobt. Auffallend ist für mich als Großstädterin auch, wie sauber die Straßen sind: Keine Kippen liegen hier, kein Kaugummi klebt auf dem Asphalt. Bunte Kreidezeichnungen weisen darauf hin, dass hier Kinder wohnen. Doch sie erzählen auch die Geschichte unbesorgter Eltern, die ihren Nachwuchs dort spielen lassen. Autos scheinen also eher selten durch die engen Sträßchen im Dorf, jenseits der Hauptstraße zu fahren.

Kaum Menschen auf der Straße in Elfershausen

Dort hängen an den Wänden Schaukästen mit Informationen des Schützenvereins und der Sportfischer, die Bushaltestelle heißt nach der hiesigen Bank. Sonst gibt es einige Geschäfte: Friseur, Bäcker, Metzger – aber am Sonntag hat alles zu. Lediglich vor der Heckenwirtschaft am Bach sitzen einige Besucher bei einem Glas Wein.

Mir kommt es vor, als ob sich die Bewohner in ihren Häusern eingeigelt hätten. Denn obwohl die Sonne scheint, ist es draußen ruhig. Niemand ist im Garten, niemand flaniert durchs Dorf. Lediglich auf dem Friedhof begegne ich gleich drei Menschen: Eine Frau spaziert durch die Gräberreihen, ein Mann, der Blumen gießt, beäugt mich misstrauisch, als ich ein Foto mache, eine dritte Person sitzt in der Sonne auf der Bank. Eigentlich ist dieser Friedhof mit seinen steinernen Kreuzen und einigen modernen Grabskulpturen ein äußerst friedlicher Ort. Aber das Zwitschern der Vögel wird übertönt vom ständigen Rauschen der Schnellstraße, die in kurzer Entfernung hier vorbeiführt.

Gelb? Rot? Schwarz-rot-gold?

Während ich hinter der Kirche zurück Richtung Hotel gehe, fällt mir auf, dass man in Elfershausen eine Vorliebe für Fahnen zu haben scheint: Hier weht die gelb-schwarze Flagge des BVB, dort eine überwiegend rote Fahne von einem FC Bayern München Fan. Dazwischen gibt es auch einige Deutschland-Fahnen, eine ist an den Rändern schon ziemlich ausgefranst. Lachen muss ich, als ich an einem Fahnenmast auf rotem Hintergrund das Gesicht des kubanischen Revolutionsführers Che Guevara sehe.

Davon abgesehen wirkt das Dorf wie aus einem Bilderbuch, hier die Kirche, dort das Rathaus, Gartenparzellen und Bilderstöckchen, Heiligenfigürchen an den Häusern. Doch dann, plötzlich, ein Hauch des Widerstands: In Elfershausen gibt es eine Bürgerinitiative, lese ich auf einem Plakat. Und die ist gegen die geplante Stromtrasse durchs Saaletal. Auf der zugehörigen Internetseite erfährt man, dass der Ort doch schon gebeutelt genug sei: die Autobahn, die Erdfunkstelle, die Kreismülldeponie, das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld – also nicht auch noch eine Stromtrasse.

Von diesen Sorgen werden die meisten Besucher des Ortes nicht viel mitbekommen. Nach Elfershausen kommt man um zu wandern, oder um Fahrrad zu fahren – Rhön-Rundwege führen durch den Ort. Leider habe ich dafür keine Zeit. Ich bin aus beruflichen Gründen hier: Am nächsten Tag wird früh am Morgen meine Fortbildung in Hammelburg beginnen. Bis dahin verbringe ich den restlichen Abend im Hotel Ullrich bei Fisch, Gemüse und einem Glas Wein.

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