Das ist ja alles ganz schön abgefahren, denke ich, als ich durch die neue Ausstellung Fluxus und darüber hinaus im Museum Ludwig gehe. Und ich bin etwas traurig, dass ich diese Zeit Anfang der 1960er Jahre nicht erlebt habe. Denn ich war damals noch nicht geboren.
Die 60er waren die Zeit, in der Fluxus groß wurde: Die Bewegung ließ Kunst, Musik und Performance verschmelzen. Das Museum Ludwig beleuchtet diese Zeit mit einem besonderen Fokus auf dem Künstler Benjamin Patterson und der Künstlerin Ursula Burghardt, die beide in Köln lebten.
Überhaupt hat Köln eine besondere Rolle in der Fluxus-Bewegung gespielt, und auch das ist mir komplett neu. Ein Grund dafür war das Studio für Elektronische Musik beim WDR. Auch der Name Karlheinz Stockhausen, der als Vorbild für Kraftwerk gilt, fällt in diesem Zusammenhang oft.
Mit Stockhausen eng verbunden war auch Mary Bauermeister. Ihr Atelier war ein Hotspot der Avantgarde. Kreative Köpfe trafen sich bei ihr in der Lintgasse zu Fluxus-Aktionen, die das traditionelle Kunstverständnis auf den Kopf stellten. Dort begegneten sich auch Burghardt und Patterson persönlich.
Benjamin Patterson: Mit Alltagsobjekten und Klangkunst
Patterson nannte Köln gar das „eigentliche musikalische Zentrum Deutschlands“ in einem Brief an seine Eltern. Geboren ist der Amerikaner in Pittsburgh – wie übrigens auch Andy Warhol. Patterson brachte seine Idee von „action music“ mit, bei der er Klang, Performance und Alltagsobjekte in den Mittelpunkt stellte. Pattersons Stücke, wie das in Köln aufgeführte „Paper Piece“, verdeutlichten, dass Kunst nicht abgeschlossen oder elitär sein muss. Sie war vielmehr interaktiv und konnte von jedem erlebt werden.
Ursula Burghardt: Skulpturen und die Klangwelt
Ursula Burghardt, Bildhauerin und Grafikerin, verknüpfte die experimentelle Musikszene Kölns mit der bildenden Kunst. Sie war in den 1930er Jahren vor den Nationalsozialisten mit ihren Eltern nach Argentinien geflüchtet. Ab 1958, zurück in Deutschland, widmete sie sich besonders der Metallbildhauerei. Vorher, in Südamerika, hatte sie mit Gips und Holz gearbeitet.
In der Kölner Ausstellung gibt es mehrere „Bild mit Stöpsel“, die Waschbecken sehr ähnlich sehen. Auch eine Mini-Duschkabine, eine Aktentasche oder ein Putzeimer aus Aluminium sind zu sehen. Diese Objekte sind in Bezug auf die Nachkriegszeit und die Herrschaft der Nationalsozialisten sicherlich kein Zufall.
Sehr anders sind ihre Werke aus den 1980ern. Damals hat sie „Kölner Pänz“ wie den Architekten Gottfried Böhm als Kind gezeichnet, aber auch Alfred Biolek und Alfred Neven Dumont.
Im Netzwerk von Burghardt und Patterson findet man viele große Namen: Yoko Ono, Joseph Beuys oder Christo beispielsweise. Den Fluxus reichte von Köln bis Wiesbaden und Wuppertal – und dann weiter nach Paris und New York. Christos Werk „Package“ von 1963 wird übrigens in der Fluxus-Ausstellung ebenfalls gezeigt.
Die neue Fluxus-Ausstellung im Museum Ludwig
Dazu laufen Videos, es gibt Hörstationen, Zeitungsartikel liegen unter Glas und natürlich gibt es Kunstwerke zu sehen. Junge Museumsmitarbeiter*innen nennen diese „very instagramable“, hören wir bei der Pressekonferenz. Und fast keine Aussage könnte besser belegen, wie modern Fluxus heute noch ist.
Die Ausstellung läuft bis zum 9. Februar. Es gibt Konzerte, Führungen und Lesungen.