Tallinn, die Stadt der Kirchen und der Türme

Schmaler Weg, weite Aussicht
Tallinn
Tallinn

Kein Zweifel, Tallinn ist die Stadt mit den meisten Treppen in meinem Reiseleben. Die App auf meinem Smartphone behauptet, ich sei in der estnischen Hauptstadt 66 Stockwerke gestiegen, und so fühlen sich auch meine Oberschenkel an. Ein Stockwerk bestehe aus 16 Treppenstufen, heißt es ihn der App weiter, das wären dann für Tallinn 1056.

Tallinns Treppen gehören zum Besuchsprogramm

Das Treppensteigen beginnt in Tallinn spätestens dann, wenn man in die Oberstadt will. Dort hinauf kommt man im Prinzip nur über Treppen. Der Weg hinauf lohnt sich, denn hier gibt es einen weiten Blick über die Stadt. Hier oben ist außerdem die Domkirche, in der speziell die reichen Deutschen früher Gottesdienst feierten. Und natürlich gibt es einen Turm, den man besteigen kann. Von oben hat man durch die hohen Flügeltüren einen schönen Blick übers Wasser.

Tallinn, deine Türme

Auf dem Weg nach unten kommt man am Jungfrauenturm vorbei. Im Keller zeigt eine kleine Ausstellung die Geschichte der estnischen Schokolade. Im zweiten Stock ist ein Café untergebracht, in dem wir leckeren Kuchen gegessen haben. Die Wände sind mit metallenen Ritterhelmen dekoriert, die Besucher*innen sitzen auf angedeuteten Thronen.

Im Kern der Altstadt, die man bei einem Aufenthalt in Tallinn einfach gesehen haben muss, ging es weiter treppauf, treppab: Sehr viele Stufen führen auf den Turm der Olavskirche. Dort geht man auf einem sehr schmalen Holzrost einmal um die Turmspitze. Das ist nichts für schwache Nerven, aber der Blick lohnt den Aufstieg. Die Heilig Geist Kirche hat ausnahmsweise keinen Turm zum Besteigen, aber tolle Holzarbeiten im Inneren. Der Hellermann Turm gehört zur Stadtmauer und ist ein Muss bei der Tallinnbesichtigung, und auch die Stadtmauer in der Väike-Kloostri ist einen Besuch wert.

Weiter mit dem Bus

Nach allen diesen Besichtigungen hatte sich unsere 24 Stunden-Tallinn-Karte, die wir im Internet mit zehn Prozent Rabatt gekauft hatten, knapp gerechnet. Wir haben außerdem den Hop on, hop off Bus genutzt. Fünf Minuten, bevor der letzte Bus des Tages bis zum Fernsehturm fuhr, erwischten wir ihn an der Haltestelle: Sie liegt am Übergang von Parnu Mnt und Mere Pst an einem kleinen Markt mit Wollkleidung. Die Fahrt war für uns ideal: Wir sahen mehr als nur die Altstadt, erfuhren einiges über die Geschichte der Holzhausviertel, die olympischen Spiele und die russische Besatzungszeit. Außerdem konnten wir unsere müden Füße etwas ruhen lassen – und im Bus war es warm. In Tallinn lag die Höchsttemperatur bei unserem Besuch im Oktober nämlich bei fünf Grad. Man ist eben in Nordosteuropa unterwegs. Auch die beiden anderen Hop on, hop off Strecken sind wir gefahren – am nächsten Morgen.

Restauranttipp: Im Restaurant Kaerajann am Rathausplatz wird moderne, estnische Küche serviert. Und obwohl es mitten im Zentrum des Tourist*innenviertels liegt, war das Essen sehr empfehlenswert.

Spezialitäten in Tallinn kaufen

Übrigens kommt man in Tallinn kaum an Marzipan vorbei, denn die süßen Stückchen werden in der estnischen Hauptstadt nahezu überall verkauft. Die wahrscheinlich bekannteste Marke ist Kalev. Im Maiasmokk Café in der Altstadt kann man zusehen, wie eine Frau Marzipanfiguren mit Lebensmittelfarbe anmalt: ein Hufeisen als Glücksbringer, ein Herz mit einem Liebesgruß. Speziell am Wochenende ist es in dem Raum aber so voll, dass man schon ein bisschen kämpfen muss, um etwas zu sehen.

Lecker Marzipan von Kalev

Im gleichen Raum steht außerdem eine Vitrine mit Marzipan-Pralinen. Sie kosten etwa einen Euro das Stück. Allerdings waren wir an einem Samstag mehrmals dort, bis wir etwas kaufen konnten: Es stand immer eine lange Schlange an der Theke.

Kalev hat an verschiedenen Orten in der Stadt aber auch kleine Läden, in denen abgepackte Marzipanriegel verkauft werden. Im Rothermann Quartier beispielsweise fanden wir welche mit Orangengeschmack oder dem Geschmack des Tallinner Likörs Vana. Wer nach dem Besuch der Kalev-Läden noch nicht genug Süßes hatte, der geht in den Jungfrauentum, der auf dem Weg von der Ober- in die Unterstadt liegt. Dort gibt es oben ein Café mit schöner Aussicht und leckerem Kuchen, und im Keller eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Schokolade in Estland.

Spezialität des Landes: Vana

Vana, so finde ich schnell heraus, ist ein starker estnischer Likör. An der Bar des Tallink Spa & Conference Hotels und an der Bar des Tallink City Hotels, wo wir während unserer Bloggerreisen untergebracht sind, gibt’s das traditionelle Getränk klar und als Crème-Variante. Ich bestelle von beiden Sorten ein Glas. Vana trinkt man pur, ohne Eis. Er kann aber auch in Cocktails gemischt werden.

Mit Crème erinnert er an Baileys, ohne schmeckt man Kaffee, Kräuter aber auch Zitrusfrüchte heraus. Im Laufe des Tages lerne ich, dass Vana eigentlich überall drin ist: im Eis, in Pralinen und sogar im Kalev-Marzipan. Auf der Rückfahrt mit der Fähre stelle ich fest, dass es viele verschiedene Vanas gibt, beispielsweise einen mit Schokolade, eine Glühweinvariante oder einen Vana mit Weihnachtsgewürzen. Da ich mit Handgepäck nach Stockholm geflogen bin, kann ich leider keinen mit nach Hause nehmen. Zurück in Deutschland ergibt meine Recherche, dass Vana hier doppelt so teuer ist wie in Tallinn, und dass es längst nicht alle Sorten hier gibt.

Überhaupt spielt Alkohol bei einer Fährreise von Stockholm nach Tallinn eine große Rolle – nicht speziell für uns, aber für viele andere Passagiere. Denn in Schweden ist Alkohol sehr teuer, in Estland liegen die Preise ungefähr auf dem Niveau von Deutschland. Kein Wunder also, dass im zollfreien Laden an Bord der TallinkSilja Fähren gleich nach ihrer Öffnung viel los ist. Kartonweise kaufen hier einige Fährgäste ein: Dosenbier, Wein aber auch harten Alkohol wie Rum oder Whiskey. Auch in den Bars auf der Fähre wird direkt nach der Abfahrt ausgeschenkt.

Tipps für Tallinn:

  • Sonntagmorgens gegen neun ist die Altstadt noch ziemlich menschenleer. Dann kann man in Ruhe die schönen Häuser genießen und Fotos machen.
  • Die Hop on, hop off Fahrten bringen einem das Umland, die Geschichte und Kultur Tallins näher.
  • Kalamaja ist ein Wohnviertel mit bunten Holzhäuschen. Am Bahnhof ist außerdem eine Flohmarkthalle, die Sonntagvormittags gut besucht ist. Und in der ehemaligen Fabrik in der Telliskivi gibt es nette Cafés und Restaurants. Die Läden sind sonntags aber überwiegend geschlossen. Wir waren im F-hoone, in dem es sehr leckeren Kuchen und einen guten Kaffee gab.
  • Im Rothermanviertel steht zwar spannende, moderne Architektur.

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Kurz gefragt, schnell geantwortet

Wie viele Tage braucht man für Tallinn?

Eine Nacht sollte man schon in Tallinn bleiben. dann kann man die Altstadt erkunden und gut essen gehen. Wer zwei Nächte dort ist, hat auch noch Zeit fürs Freilichtmuseum, den TV-Turm und die spannenden Stadtteile außerhalb der Altstadt. Tallinn ist also für ein verlängertes Wochenende super.

Wo liegt Tallinn?

Tallinn ist die Hauptstadt von Estland und liegt direkt an der Ostsee. Darum ist die Stadt auch gut mit Fähren von Helsinki oder Stockholm zu erreichen. Tallinn liegt also im Baltikum. Wer die Fährstrecken miteinander kombiniert, kann eine Mini-Cruise über die Ostsee aus seinem Wochenendtrip machen. In Tallinn wird übrigens estnisch gesprochen. Speziell die Jüngeren sprechen aber auch Englisch.

Was muss man in Tallinn gesehen haben?

Wer nur kurz in Tallinn ist, wird sich auf die Altstadt konzentrieren. Es gibt aber auch Sehenswürdigkeiten im Viertel Noblesser. Außerdem sind der Fernsehturm und das Freilichtmuseum sehenswert. Die Altstadt kann man gut zu Fuß erkunden. Wer in die äußeren Stadtviertel möchte, sollte sich ein Busticket kaufen. Der ÖPNV ist in der TallinCard enthalten.

Dieser Artikel ist ursprünglich von 2015 und wurde im April 2023 aktualisiert.

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