Neue Ausstellung Grüne Moderne: Museum Ludwig schaut auf Pflanzen

Garten im Glas

Das Bunteste ist das Ausstellungsplakat: Dort wird viel Grün mit etwas Rot kombiniert. Die Ausstellung „Grüne Moderne. Die neue Sicht auf Pflanzen“ im Museum Ludwig in Köln ist dagegen eher in schwarz-weiß gehalten. Mich hat das zunächst gewundert. Denn bei diesem opulenten Thema habe ich mit großformatigen Bildern und vielen hochgewachsenen Pflanzen gerechnet. Aber: „Wir zeigen keine botanische Ausstellung“, sagt Kuratorin Miriam Szwast bei der heutigen Pressekonferenz. „Bei uns geht es um das Verhältnis der Menschen zu Pflanzen“. Und zwar auch nicht um das heutige, sondern um das Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Konkret: in den 1920er und 1930er Jahren. Das erklärt ansatzweise die Farblosigkeit der Bilder: Es werden viele Fotografien gezeigt, die damals eben noch in schwarz-weiß aufgenommen worden waren.

Kleinformatige schwarz-weiß Bilder bei Grüne Moderne
Kleinformatige schwarz-weiß Bilder bei Grüne Moderne

Wer denkt, das sei langweilig, täuscht sich. Denn tatsächlich hatten Pflanzen damals noch eine andere gesellschaftliche Bedeutung als heute. Blumen beispielsweise wurden gerne mit Weiblichkeit assoziiert. Frauen wie Marlene Dietrich, die zu dieser Zeit schon – männliche –Hosen trugen, kokettierten darum mit Blumen. Dietrich beispielsweise hatte sich beispielsweise eine übergroße weiße Nelke ans Revers des Fracks gesteckt.

Pflanzen sind keine Lebewesen. Oder doch?

Kakteen aus dem argentinischen Patagonien oder dem mexikanischen Yucatan standen dagegen für Exotik und Kolonialismus. „Es gab Kakteenjäger“, sagt Szwast, „die keine Rücksicht darauf nahmen, dass diese Pflanzen in ihren Ländern möglicherweise eine religiöse oder ökologische Bedeutung hatten“. Sie wurden stattdessen wie Wildtiere exportiert, um in Europa Wohnzimmer zu schmücken. Die Besitzer*innen gaben sich so gerne den Schein von Weltoffenheit. Blumen und Pflanzen druckte man auch gerne auf Tapeten und Karten, sie dienten ihrer Formen wegen als Fotomotiv oder sogar als Gruselobjekt: Schließlich gibt es auch fleischfressende Pflanzen. 

Besonders interessant war zu dieser Zeit jedoch die Erkenntnis, dass Pflanzen Lebewesen sind. Schließlich sind sie wie Menschen und Tiere aus Zellen. Also mit uns verwandt? Der Film „Blumenwunder“ von 1926, der im Zeitraffer das Verhalten von Pflanzen zeigt, legt dies zumindest nah. Denn als Betrachterin schreibe ich ihnen menschliche Fähigkeiten zu: Sie greifen nach Halt, drehen sich um, winden ihre Arme um Rankhilfen. Der Film ist übrigens wunderschön und fast meditativ.

Gut zu wissen

  • Schirmherrin von Grüne Moderne ist Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien.
  • Der Katalog kann online durchblättert werden. Das Inhaltsverzeichnis ist rechts oben auf der Seite und etwas leicht zu übersehen.
  • Neben anderen Partner*innen und Förder*innen hat erstmals die Karin und Uwe Hollweg Stiftung  aus Bremen eine Ausstellung im Museum Ludwig gefördert.
  • An der Ausstellung haben 198 Menschen innerhalb des Museums mitgearbeitet, das Kunst-Team genauso wie das Putz-Team. Die Namen der Beteiligten werden am Beginn der Ausstellung aufgelistet. Denn auch soziale Aspekte gehören zu Nachhaltigkeit. 
  • In der Ausstellung gibt es keine Leihgaben. So soll der unnötige Transport und der damit verbundene CO2-Ausstoss gemindert werden. Stattdessen hängen Ausdrucke der Kopien der potenziellen Leihgaben mit schwarzem Tape befestigt an den Wänden. Die Ausdrucke sind mineralölfrei ausgedruckt worden.
  • Die Architektur wurde von der Isamu Noguchi-Ausstellung übernommen.
  • Das Regal im Eingangsbereich ist aus recyceltem Holz gebaut.
  • Die Kurzinfo zur Ausstellung ist auf Papier gedruckt, das Samenkörner enthält. Wer die Blätter eingräbt und gießt, sollte im kommenden Sommer Blumen bestaunen können.

Grüne Moderne ist Auftakt für mehr Nachhaltigkeit im Museum

Mit der neuen Ausstellung zeigt das Museum Ludwig außerdem erstmals, dass ihm Nachhaltigkeit wichtig ist. Und zwar so wichtig, dass es als erstes Museum dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex  beigetreten ist. Außerdem ist das Museum das erste mit einer eigenen Kuratorin für Ökologie – Miriam Szwast. Konkret bedeutet Nachhaltigkeit für das Museum, dass es beispielsweise …

  • … nach und nach die gesamte Beleuchtung auf LED umstellt,
  • … Ökostrom nutzt,
  • … die Dachterrasse begrünt um Biodiversität zu fördern,
  • … Restmüll vermeidet,
  • … soziale Aspekte berücksichtigt, die mit Nachhaltigkeit verbunden sind. So hat zum Beispiel ein Onlinekatalog den Vorteil, inklusiver zu sein: Menschen mit Sehbehinderung können den Text und die Bilder so groß anzeigen, wie es für sie wichtig ist.

Unterstützung aus den USA für Grüne Moderne

Weil Szwast keine Ökologin ist, hat sie sich Hilfe aus den USA von Susanne Pierre geholt. Sie ist Gründerin des Critical Ecology Lab. Ihr Ziel ist es, darüber aufzuklären, wie die Gesellschaft durch ihre Lebensform in die jetzige Klimakrise geraten ist. Mit ihrem Team unterstützt sie außerdem dabei, das Verhalten der Menschen so zu ändern, dass es wieder im Einklang mit dem Planeten ist. Kunst und entsprechend Museen können nicht nur durch die vermittelten Inhalte Einfluss auf die Gesellschaft nehmen, sondern sollten auch ihre Vorbildrolle nutzen, um klimafreundlich zu handeln. Stefan Charles, Kulturdezernent der Stadt Köln, begrüßt dieses Engagement. Schließlich hilft es der Stadt dabei, ihre Klimaziele zu erreichen. 

Die Ausstellung „Grüne Moderne. Die neue Sicht auf Pflanzen“ öffnet am 17. September offiziell. Sie geht bis zum 22. Januar 2023. Am 20. September beginnt übrigens die Europäische Nachhaltigkeitswoche. In diesem Zusammenhang war ich gestern mit der französischen Tourismusbehörde im Restaurant Anthonys Kitchen in Meerbusch. Anthony hat einen grünen Michelin-Stern. Dazu lest Ihr ab Dienstag mehr auf Op Jück.

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