Besuch beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Irgendwie spacig
Irgendwie spacig
Irgendwie spacig

Ignorant war ich. Ich bin einfach so an dem schwarzen Brocken im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln vorbeigegangen, nicht einmal eines Blickes habe ich ihn gewürdigt. Dabei, so lerne ich ganz schnell, ist er ziemlich wichtig. Er ist nämlich das Modell von 67 P, liebevoll „die Ente“, ganz offiziell Tschurjumow-Gerassimenko genannt. Maßstab: 1 zu 5470. 67 P ist ein Komet. Auf ihm landete die Raumsonde Rosetta, und zwar 2014. Das war weltweit eine große Sache, denn dies war die erste geplante Landung auf einem Kometen. Um ihr Ziel zu erreichen, holte sie Schwung, indem sie dreimal um die Erde kreiste und dann am Mars vorbeiflog. Zehn Jahre war sie auf Reise, bis sie 67 P erreichte.

Die Ente
Die Ente

Natürlich, Raumsonde Rosetta hatte ich schon einmal gehört. Aber mit der Organisation, die hinter einem solchen Projekt steckt, hatte ich mich noch nie auseinandergesetzt. Bis ich mit der Kölner Journalistenvereinigung bei einem #KJVvorOrt Termin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln war. Dort steht das Modell von 67 P neben einem Modell des Columbus Modul der ISS. Und wenn man sich umdreht, sieht man dessen Kontrollraum durch eine große Scheibe: Viele blaue Bildschirme, wenig Menschen, auf der Monitorwand Bilder aus dem All.

Sport- und Ernährungsprogramme für Astronauten

Der Kölner Standort des DLR ist nur einer von 16. Hier arbeiten 3000 Mitarbeiter. 8000 sind es insgesamt beim DLR. Entsprechend groß ist das Kölner Gelände: Auf dem Weg zu unserer zweiten Station gehen wir etwa fünf Minuten zu Fuß, vorbei am flugmedizinischen Zentrum. Schon zu Beginn waren wir von der Pforte aus knapp zehn Minuten gegangen.

Dann sind wir im Envihab, das steht für environment und habitat, wie uns ein Mediziner erklärt. Hier geht es um das Leben im All. Schließlich will man die Astronauten ja nicht nur irgendwann in der Zukunft gesund zum Mars bringen, sondern auch wieder zurück. Damit sie die lange Reise und die Zeit vor Ort ohne Schaden überstehen, wird hier geforscht. Denn es ist schon eine besondere Belastung, so isoliert auf begrenztem Raum zu leben – ganz abgesehen davon, welche Folgen diese Reise für den Körper hat: Das Herz wird schwach, die Knochen und Muskeln bauen ab.

Darum werden im Envihab beispielsweise spezielle Sport- und Ernährungsprogramme entwickelt. Doch das ist schwieriger als ich angenommen hatte: Weil die Schwerkraft fehlt, trainiert man nur mit knapp 60 Prozent des Körpergewichts im All. Täglich müsste man darum bis zu zweieinhalb Stunden Sport machen, um fit zu bleiben. Dabei haben Astronauten doch ganz andere Aufgaben. Deswegen überlegen sich die Wissenschaftler, ob es beispielsweise möglich ist, die Schwerkraft künstlich mit ins All zu nehmen. Zum beispiel durch eine sich drehende Raumstation? Oder eine Zentrifuge, auf der man liegend Fahrrad fährt? Dazu wird es ab 2018 mit der NASA eine Untersuchung geben.

Besondere Herausforderungen

Das ist jedoch gar nicht so einfach, denn im All waren bisher vielleicht rund 600 Menschen. Wie soll man als Wissenschaftler da aussagefähige Studien erstellen? Die Antwort lautet: Mit Hilfe von Simulationen. Und darum suchen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, aber auch die europäischen Pendants oder die NASA immer wieder Probanden. Gut 1000 Bewerbungen gehen dann ein, am Ende werden zwölf genommen. Sie dürfen keine Vorerkrankungen haben und müssen die psychologische Begutachtung bestehen. Arbeitslose sind übrigens nicht geeignet: Sie müssen sich regelmäßig beim Amt melden und bewerben. Wer in Köln genommen wird, muss beispielsweise zwei Monate bewegungslos im Bett liegen, den Kopf um minus sechs Grad gesenkt. So mussten die Probanden übrigens auch essen und duschen.

Auch das Verlassen der Raumstation wird eine Herausforderung für die Astronauten sein: Auf dem Mars gibt es kaum Sauerstoff. Die Astronauten müssten darum einen Anzug mit Überdruck tragen, doch damit kann man sich kaum bewegen. Würde man außerdem die Station zu schnell verlassen, drohte durch den Druckunterschied die Taucherkrankheit. Darum müssten sich Astronauten die ganze Nacht auf ihren Ausflug vorbereiten, in dem in einer Luftschleuse der Druck langsam verändert wird, bis er schließlich so ist wie auf dem Mount Everest. Damit das in der Zukunft schneller gehen wird, forscht ein Team aus Medizinern, Biologen und Ernährungswissenschaftlern in einer speziellen Druckkammer an der Lösung. Und bis zur Marsexpedition ist ja auch noch lange Zeit.

Was man im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt schon geschafft hat

Zurück zu Rosetta: Ihre Energie reichte damals, vor sechs Jahren, nicht aus, um direkt 67 P zu erreichen. Darum musste sie ab 2011 drei Jahre lang über ihre Sonnenkollektoren Energie sammeln, bis sie zum Endspurt aufbrach. Schließlich war es geschafft, der Lander Philae trennte sich ab und hätte optimalerweise seine drei Beine so auf 67 P positioniert, dass er gut mit Sonnenlicht versorgt worden wäre, und gleichzeitig seine Aufgaben erfüllen hätte können. Doch hier hat die Realität zugeschlagen: Der Lander landete eben nicht optimal. Erstens stand er im Schatten, zweitens erreichte der Bohrer nicht den Boden. Und so war einige Tage nach der Landung die Batterie alle. Es dauerte sieben Monate, bis Philae wieder so viel Energie hatte, dass man von Köln aus Funkkontakt zu ihm aufnehmen konnte.

Übrigens läuft das nächste Projekt schon: Diesmal fliegt man zum Asteroiden Ryugu, einem Gesteinsbrocken hinter dem Mars. Dabei ist ein Lander des DLR, Muscot, ungefähr so groß wie ein Schuhkarton. 2014 begann seine Reise, 2018 soll er den Asteroiden erreichen.

Wer sich selbst ein Bild von der Arbeit des DLR machen möchte, kann zum Beispiel eine Besucherführung mit Freunden organisieren.

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