Wellness: Was tue ich mir Gutes?

Woolness-Wellness auf Texel
Woolness-Wellness
Woolness-Wellness

„Wellness, das bedeutet für uns genussvoll und gesund leben“, erklärt Monika Lomp vom Deutschen Wellness Verband in Düsseldorf. Ein gutes Abendessen mit dem Liebsten bei Kerzenlicht, den Schiffen nachgucken oder im Wald spazieren gehen, könne genau so dazu gehören wie ein Wochenende in einem Hotel mit Massagen und Meditation. „Jeder muss für sich individuell herausfinden, was ihm gut tut“, fährt die Expertin fort. Denn die psycho-sozialen Faktoren spielen eine wesentliche Rolle dabei, ob wir uns krank oder gesund fühlen. Auf dieser These ruht der gesamte Wellness-Ansatz, der von dem US-Amerikaner H.L. Dunn in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geprägt worden ist. Angeblich setzte er aus den Begriffen „well-being“ und „fitness“ das Kunstwort „wellness“ zusammen.

Der Begriff hat die Welt erobert. Neben Wellness-Joghurt und -Getränken gibt es gleichnamige Musik oder Urlaubsangebote. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband nennt die vier Säulen der Wellness-Hotels: Entspannung, Fitness, Ernährung und Anregung oder mentale Fitness. In diesen Hotels gibt es häufig ein Verwöhnprogramm zwischen Massage, Hydrojet, Yoga und Reiten, Golfen oder Wandern. Eben alles, was dem Gast gefallen könnte. Was zu wem passt, ist nicht immer einfach herauszufinden. Professor Wolfgang Nahrstedt, Bielefelder Hochschullehrer am Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit: “Zuerst sollten wir klären, was uns am meisten fehlt. Dann schauen wir, was die Anbieter in diesem Bereich haben“. Es gehe bei Wellness darum, seinen Lebensstil zu finden. „Das ist selten ohne die Hilfe eines speziellen Beraters möglich“. Kein Wunder, denn viele der angebotenen Aktivitäten haben fremde Namen, hinter denen sich nur wenige etwas vorstellen können – zum Beispiel Shiatsu, T’ai Chi oder Qi Gong. Monika Lomp rät darum dazu, sich im Vorfeld zu erkundigen, was sich hinter den exotischen Bezeichnungen eigentlich verbirgt.

Entspannung pur

Ein gutes Beispiel für Fehlinterpretationen ist Yoga. Während viele denken, man sitze dabei nur ruhig und andächtig im Schneidersitz auf dem Boden, kann Yoga körperlich recht anstrengend sein. Power Yoga zum Beispiel besteht aus kraft- und schwungvollen Übungen. „Natürlich ist Yoga trotzdem Entspannung“, weiß Andrea Schulz, Lehrerin an der mit 50.000 Gästen im Jahr europaweit größten Yoga-Schule in Bad Meinberg. „Durch spezielle Übungen entspannt der Körper, das bringt den Geist in Ruhe und beeinflusst die Gefühle“.

Geht es darum, eher den Körper als den Geist zu entspannen, dann weiß Uwe Terwonne, Geschäftsführer im Staatsbad Bad Meinberg eine beispielhafte Lösung: „Wir bieten Moor-Nordic-Walking an“, sagt er. Die sehr gelenkschonenden Bewegungsabläufe beim Nordic-Walking in Kombination mit dem so genannten Moor-Treten sollen den Körper entlasten. „Jemand, der viel am Schreibtisch sitzt, tut sich damit auf jeden Fall etwas Gutes“, so Terwonne. Am Beispiel Moor zeigt sich auch der manchmal schmale Grad zwischen ärztlicher Verordnung und individueller Entspannung, zwischen einer Kompakt-Kur und Wellness: Ein Moorbad, so Terwonne, dürfe nur vom Arzt angeordnet werden. Moor-Treten stehe dagegen allen offen.

Wellness-Stress vermeiden

Für Terwonne ist Wellness mehr als nur körperliche und geistige Entspannung. „Es ist auch eine Art Prophylaxe“, so der Bäder-Chef. „Wenn ich heute vorbeuge, hilft mir das später weiter“. Soll heißen: Wer heute Wellness macht, muss später vielleicht seltener zum Arzt. Zu Wellness-Kurzurlauben rät er trotzdem nur dann, wenn mindestens einmal im Jahr zwei Wochen am Stück Ferien möglich sind. „In drei, vier Tagen bekommt keiner seine Akkus richtig voll – selbst dann nicht, wenn er statt Museumsbesuchen Wellness macht“.

Zeit ist auch für den Deutschen Wellness Verband neben der individuellen Komponente ein wesentliches Kriterium: „Auf keinen Fall sollte die Anfahrt zu lange sein. Wenn ich für ein Wochenende zweimal 400 Kilometer fahren muss, tut mir das nicht gut“, verdeutlicht Monika Lomp. „Statt Erholung habe ich dann Wellness-Stress!“. Auch steige der Erholungsgrad nicht mit der Höhe des Preises, den man zahlen muss: „Eine Aktivität sollte einen Euro pro Minute kosten. Was darüber liegt ist meistens nicht akzeptabel“, so die Expertin.


Dieser Artikel erschien zuerst im Südkurier.

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